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Klimawandel: Fachleute sehen „Alarmstufe Rot“ für die Erde

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Von: Tanja Banner

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Hitzewellen, ausgetrocknete Flussbetten, Überschwemmungen und Fluten, Waldbrände – das Jahr 2022 hielt weltweit einige Klimakatastrophen bereit.
Hitzewellen, ausgetrocknete Flussbetten, Überschwemmungen und Fluten, Waldbrände – das Jahr 2022 hielt weltweit einige Klimakatastrophen bereit. © Jerome Gilles/imago

Ein internationales Forschungsteam will mit einer neuen Studie vor der UN-Klimakonferenz auf die Lage des Weltklimas aufmerksam machen.

Corvallis – In weniger als zwei Wochen treffen sich Vertreterinnen und Vertreter von mehr als 190 Staaten der Erde zur UN-Klimakonferenz (COP27) im ägyptischen Scharm asch-Schaich. Rechtzeitig vorher hat nun ein internationales Forschungsteam im Fachjournal BioScience einen aktuellen Statusbericht zur Lage des Weltklimas veröffentlicht. Angesichts von Dürren, Überschwemmungen und anderen Klimakatastrophen im laufenden Jahr, warnen die Forschenden: „Auf dem Planeten Erde herrscht jetzt ‚Alarmstufe Rot‘. Die Menschheit befindet sich eindeutig in einer Klimakrise.“

Das Team um William Ripple und Christopher Wolf von der Oregon State University in Corvallis hat bereits 2020 ein Modell von 35 Indikatoren – die sogenannten „planetaren Vitalzeichen“ veröffentlicht, die für den Zustand der Erde stehen. Darin werden beispielsweise der Pro-Kopf-Energieverbrauch, das Wirtschaftswachstum oder Flug-Passagierzahlen als Indikatoren für das Ausmaß menschlicher Aktivität genutzt, die das Klima beeinflussen. Andere Werte – unter anderem Messwerte zur Ozeanerwärmung oder die Konzentration von Treibhausgasen in der Atmosphäre – zeigen die Folgen dieser Aktivitäten auf das Klima. „Insgesamt befinden sich 16 der 35 Variablen, die wir beobachten, auf einem Rekordhoch“, heißt es in der Studie.

Forschende warnen vor Klimawandel: „Alarmstufe Rot“

Drei der wichtigsten Treibhausgase – CO₂, Methan und Lachgas – erreichten demnach im Jahr 2022 neue Rekorde, was ihre Konzentration in der Atmosphäre angeht. Im März 2022 erreichte die CO₂-Konzentration 418 ppm (Teile pro Million) – die höchste jemals aufgezeichnete monatliche globale Durchschnittskonzentration. Weiterhin ist das Jahr 2022 auf dem Weg, eines der wärmsten Jahre seit Beginn der Aufzeichnungen zu werden. Die Wärme der Ozeane befindet sich ebenfalls auf einem Rekordhoch.

Die Studie wirft auch einen Blick auf Katastrophen, die „zumindest teilweise mit dem Klimawandel zusammenhängen“. Ihre Zahl tendiere „steil nach oben“. Die Forschenden schreiben, die Zahl der extrem heißen Tage habe sich seit 1980 fast verdoppelt. Weltweit gingen etwa 500.000 Todesfälle zwischen 2000 und 2019 auf das Konto der Hitze. Steigende Temperaturen würden außerdem das Risiko erhöhen, dass Klima-Kipppunkte ausgelöst werden – beispielsweise könnte Permafrost auftauen, das Amazonas-Waldsterben weitergehen oder Krankheiten und Konflikte auftreten. Zuvor hatten Forschende bereits gezeigt, dass eine Folge des Klimawandels neue Pandemien sein könnten. Auch gefährliche Bakterien könnten so aus dem Permafrost aufgetaut werden.

Liste der Klimakatastrophen im Jahr 2022 ist lang

In einer Tabelle führen die Forschenden „Klimakatastrophen im Jahr 2022“ auf – die Liste ist lang. Sie erwähnt zahlreiche europäische Flüsse, die wegen großer Hitze im Sommer 2022 kaum noch oder gar kein Wasser mehr führten, Rekordfluten in Australien, Dürre in Kenia, Somalia und Äthiopien, eine Hitzewelle im östlichen Südafrika, tödliche Fluten in Pakistan, Hitzewellen in zahlreichen Ländern und auch heftige Hurrikans wie Ian in Florida. „Sehen Sie sich all diese Hitzewellen, Brände, Überschwemmungen und massiven Stürme an“, betont Ripple. „Das Schreckgespenst des Klimawandels steht vor der Tür und hämmert kräftig.“

Klimakrise: Forschende warnen bereits seit vielen Jahren

Die Klimakrise, vor der die Forschenden warnen, ist nichts Neues: In den vergangenen Jahren haben zahlreiche Wissenschaftlerinnen und Wissenschaftler dazu geäußert und gewarnt. „Wie die Zunahme der jährlichen Klimakatastrophen zeigt, befinden wir uns jetzt in einer großen Klimakrise und einer globalen Katastrophe, die noch viel schlimmer werden könnte, wenn wir so weitermachen wie bisher“, schreiben die Forschenden und betonen: „Anstatt die Hoffnung zu verlieren, müssen wir die ökologische Überschreitung in gerechter Weise abbauen und unverzüglich massive Maßnahmen zur Eindämmung des Klimawandels und zur Anpassung daran ergreifen.“ Nur so könne man die kurzfristigen Schäden begrenzen, die Natur erhalten, unsägliches menschliches Leid vermeiden und künftigen Generationen die Chance geben, die sie verdienen.

Mitautor Saleemul Huq sieht es so: „Der Klimawandel ist kein alleinstehendes Problem. Um weiteres unsägliches menschliches Leid zu vermeiden, müssen wir die Natur schützen, die meisten Emissionen fossiler Brennstoffe eliminieren und sozial gerechte Klimaanpassungen unterstützen, wobei der Schwerpunkt auf einkommensschwachen Gebieten liegt, die am meisten gefährdet sind.“ (tab)

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