„Werder hat mir sehr gutgetan“: Thomas Delaney im Interview über seine Bremer Zeit, die Rückkehr in die Bundesliga und Frust in Spanien

Anderthalb Jahre spielte Thomas Delaney für den SV Werder Bremen, inzwischen läuft er für die TSG Hoffenheim auf, mit der er am Sonntag im Weserstadion zu Gast ist. Im DeichStube-Interview spricht Delaney über seine Zeit an der Weser, seine Bundesliga-Rückkehr und Frust in Spanien.
Bremen – Dass ihn seine Zeit in Bremen geprägt hat, wird direkt bei der Begrüßung deutlich. „Moin“, sagt Thomas Delaney mit einem breiten Lächeln, als er zum verabredeten Interview mit der DeichStube auf dem Bildschirm erscheint. Am Sonntag (17.30 Uhr im DeichStube-Liveticker) kehrt der 31-jährige Däne mit der TSG Hoffenheim an den Osterdeich zurück. Zuvor hat er erklärt, warum sein Wechsel zu Werder Bremen einst noch hätte platzen können, weshalb er beim FC Sevilla zuletzt nicht mehr glücklich war – und wie sehr der Zusammenbruch von Christian Eriksen bei der EM 2021 seinen Blick auf das Fußballgeschäft verändert hat.
Herr Delaney, als Profi des SV Werder Bremen haben Sie einst 28 Spiele im Weserstadion bestritten und mussten nach einer verlorenen Wette sogar mal den Rasen in der Arena mähen. Was verbinden Sie mit diesem speziellen Ort?
Nur Positives. Ich hatte eine super Zeit in Bremen, an die ich bis heute gerne zurückdenke. Das Stadion ist einfach großartig, die Stimmung immer gut. Deshalb freut es mich auch sehr, dass Werder wieder in der Liga spielt, in die der Club aus meiner Sicht gehört. Bei uns in der Mannschaft wissen alle, dass es in Bremen nie leicht wird. Trotzdem freue ich mich unheimlich auf das Spiel am Sonntag und hoffe, dass ich danach auch noch gute Laune habe.
Thomas Delaney im Interview: „Ich hatte bei Werder Bremen einfach von Anfang an ein gutes Gefühl“
Sie haben von Januar 2017 bis Sommer 2018 für Werder gespielt und sich in der Bundesliga schnell einen Namen gemacht. Wie blicken Sie auf Ihre Zeit in Bremen zurück?
Ich hatte den Vertrag mit Werder schon im Sommer 2016 unterschrieben, hatte also ein halbes Jahr Zeit, mich auf den Wechsel vorzubereiten. Das habe ich genutzt, um mir eine Wohnung zu suchen und schon etwas deutsch zu lernen. Ich wollte unbedingt einen guten Start hinlegen. Die ersten vier Spiele, das weiß ich noch genau, waren dann gegen Dortmund, Bayern, Augsburg und Gladbach – und wir haben alle verloren. Später lief es dann deutlich besser. Der Wechsel nach Bremen hat mir auf alle Fälle sehr gutgetan.
Sie waren bei Werder Bremen vom ersten Tag an absoluter Leistungsträger. Warum hat es so gut gepasst?
Um ehrlich zu sein, hat es mich damals auch etwas überrascht, dass es so schnell geklappt hat. Ich hatte bei Werder einfach von Anfang an ein gutes Gefühl und wollte diesen Schritt unbedingt machen. Nach meiner Unterschrift in Bremen gab es im Winter 2016 eine konkrete Anfrage vom FC Everton aus England, die mich aus dem Vertrag gerne wieder rausgeholt hätten. Ich bin aber bei meiner Entscheidung geblieben, und das war auch gut so.
Über Dortmund ging es für Sie 2021 zum FC Sevilla, der Sie im Winter für die Rückrunde an die TSG Hoffenheim ausgeliehen hat. Was hat Sie zur Rückkehr nach Deutschland bewogen?
Der damalige Trainer in Sevilla (Jorge Sampaoli, Anm. d. Red.) hatte leider nicht mehr das größte Vertrauen in mich. Ich hatte im Winter verschiedene Möglichkeiten, auch in anderen Ländern, aber ich mag die Bundesliga einfach sehr gerne. Der Fußball dort macht mir Spaß. Und weil die Leihe nur ein halbes Jahr lang läuft, wollte ich in eine Liga, in der ich mich nicht großartig eingewöhnen muss.
So könnte die Startelf-Aufstellung des SV Werder Bremen gegen die TSG Hoffenheim aussehen!
TSG Hoffenheim-Profi Thomas Delaey über eine Rückkehr zu Werder Bremen: „Solche Überlegungen gab es nicht“
War eine Rückkehr zu Werder Bremen vor diesem Hintergrund auch eine Option für Sie?
Nein, solche Überlegungen gab es nicht.
Mit Hoffenheim kämpfen Sie gegen den Abstieg. Wie bewerten Sie ihre bisherige Zeit in Sinsheim?
Auch wenn die Tabelle gerade leider etwas anderes sagt, haben wir eine super Mannschaft mit sehr guten Spielern. Wenn du aber fünf Monate lang keinen Sieg holst, wird es von Woche zu Woche nicht gerade leichter, ein Spiel zu gewinnen. Ich hoffe, dass uns der Sieg gegen Hertha vor der Länderspielpause endlich befreit hat. Jetzt sind wir auf einem guten Weg.
In Bremen weiß man nur zu gut, wie sich der Abstiegskampf anfühlt. 2021 musste das Team runter in die 2. Liga. Haben Sie aus der Ferne mit den alten Kollegen gelitten?
Ganz ehrlich: Der Abstieg hat mir richtig wehgetan, weil ich mich mit den Menschen im Verein und in der Stadt sehr verbunden fühle.
Welchen Eindruck haben Sie von der aktuellen Bremer Mannschaft?
Werder ist ein starkes Team. Natürlich schwebt Niclas Füllkrug gerade gefühlt über allen anderen, weil er jetzt auch für Deutschland trifft. Aber insgesamt ist Werder eine Mannschaft, die ohne die großen Individualisten auskommt. Gerade in den Heimspielen treten die Bremer wieder sehr geschlossen und mutig auf. Ich weiß von damals noch, was für ein geiles Gefühl es ist, wenn nach Toren das Nebelhorn ertönt. Bei Treffern der Gast-Mannschaft wird es aber weiterhin nicht eingespielt, oder?
Nein, nur bei Werder-Toren.
Schade. Dann möchte ich das Nebelhorn am Sonntag lieber nicht hören (lacht).
Thomas Delaney über Werder Bremens Fans: „Die Menschen in Bremen haben es mir damals schon leicht gemacht“
Immerhin ein warmer Empfang der Bremer Fans dürfte Ihnen gewiss sein. Ihr Name genießt am Osterdeich nach wie vor großes Ansehen. . .
Das freut mich. Die Menschen in Bremen haben es mir damals schon leicht gemacht. Ich rede manchmal mit Jannik Vestergaard (ebenfalls ein Ex-Werder-Profi, den Delaney aus der dänischen Nationalmannschaft kennt, Anm. d. Red.) über unsere Zeiten in Bremen. Er sagt auch immer wieder, wie toll er es bei Werder fand.
In Spanien lief es für Sie zuletzt nicht mehr nach Plan. Im Winter haben Sie ihre Reservistenrolle mit dem Satz „Ich bin nicht nach Sevilla gegangen, um Rioja zu trinken und Tapas zu essen“ kommentiert. . .
Damit wollte ich zum Ausdruck bringen, dass ich als Fußballer nie damit zufrieden bin, wenn ich auf der Bank sitze. Sevilla ist eine unglaubliche Stadt, auch der Verein ist beeindruckend, aber ich liebe den Fußball. Und der wird auf dem Platz gespielt. Eine schöne Stadt, tolles Wetter und nette Leute machen das Leben zwar sehr, sehr schön, aber am Ende geht es für mich darum, dass ich spielen kann.
Ihr Vertrag in Sevilla läuft noch bis 2025. Wollen Sie überhaupt zurück?
Am 30. Juni endet die Leihe nach Hoffenheim, und danach bin ich wieder Spieler des FC Sevilla. Ein neuer Trainer hat die Mannschaft gerade erst übernommen (José Luis Mendilíbar folgte vor einer guten Woche auf Sampaoli, Anm. d. Red.). Wir werden sehen, was kommt. Vielleicht sagt er ja: „Thomas, du bist mein neuer Lieblingsspieler“, und es geht nochmal von vorne los. Darüber zerbreche ich mir jetzt aber noch nicht den Kopf.
Das ist eine sehr entspannte Sicht auf das Geschäft. Inwiefern hat der Zusammenbruch von Christian Eriksen während der EM 2021, den Sie auf dem Platz hautnah miterlebt haben, Ihren Blickwinkel auf den Sport oder vielleicht sogar auf das Leben verändert?
Die Situation war außergewöhnlich, für uns alle. Zwei, drei Tage nach dem Spiel gegen Finnland hat mich Pierre-Emile Höjbjerg (Delaneys Teamkollege im dänischen Nationalteam, Anm. d. Red.) auf eine Szene angesprochen, in der wir keinen Elfmeter bekommen haben, aber ich hatte keinerlei sportliche Erinnerungen mehr an das Spiel. Ich habe durch die Ereignisse gelernt, dass es wichtig ist, offen über Gefühle zu sprechen. Fußballprofis sind immer stark, lassen vieles an sich abprallen, so glaubt man. Aber nach Christians Zusammenbruch gab es gar keine Möglichkeit mehr, stark zu sein. Wir haben als Team und auch öffentlich viel über den Vorfall geredet. Das hat uns sehr geholfen.
Eriksen hat auf dem Platz einen Herzstillstand erlitten, von dem er sich später zum Glück wieder erholt hat. Sie gehörten damals zu den Spielern, die sofort einen Sichtschutz für ihn organisiert und die anderen Teamkollegen um ihn herum versammelt haben. . .
Ja, da haben wir gar nicht lange überlegt, es war sofort klar. Ich war 2017 leider auch dabei, als der Ajax-Spieler Abdelhak Nouri während unseres Testspiels mit Werder zusammengebrochen ist (Nouri trug nach einem Herzstillstand schwere Hirnschäden davon, Anm. d. Red.). Auch damals konnten wir nicht viel machen. Als es dann mit Christian passiert ist, haben wir uns vor ihn gestellt, um ihn und seine Familie zu schützen.
TSG Hoffenheim-Profi Thomas Delaney hat noch Kontakt zu ehemaligen Werder Bremen-Weggefährten
Haben Sie eigentlich noch Kontakt zu ehemaligen Bremer Weggefährten?
Ja, zu Ludwig Augustinsson zum Beispiel. Auch mit Niklas Moisander tausche ich mich hin und wieder aus. Von der aktuellen Werder-Mannschaft habe ich den engsten Draht zu Jens Stage, den ich aus der Nationalmannschaft kenne.
Stage ist Ihr Landsmann, spielt auf einer ähnlichen Position wie Sie und ist ebenfalls Linksfuß. Ein würdiger Nachfolger für Sie bei Werder?
Er hat auf jeden Fall dieselbe Mentalität wie ich. Er will bei allen Aktionen dabei sein, offensiv und defensiv und spielt das, was er kann. Ein ehrlicher Arbeiter. So sehe ich mich auch. Trotzdem ist Jens ein eigener Typ, den man nicht zu sehr mit mir vergleichen sollte.
Herr Delaney, zum Abschluss: Am Samstag jährt sich ein ganz besonderer Tag in Ihrer Karriere. Wie oft denken Sie noch an den 1. April 2017 zurück?
(überlegt lange) Gute Frage. Da brauche ich etwas Hilfe.
Wie wäre es mit dem Stichwort „Freiburg“?
Ah! Der Hattrick! Also wenn jemand frech wird, sage ich schon gerne mal: „Hey, nicht vergessen, ich habe einen Hattrick in der Bundesliga geschossen!“ (lacht)
Nach dem Bremer 5:2-Erfolg in Freiburg haben Sie gesagt: „Nein, den Ball habe ich nicht mitgenommen. Ich muss jetzt erstmal schauen, ob mein Wikipedia-Eintrag auf dem neuesten Stand ist.“ Zu Ihrer Beruhigung: Ist er. Der Hattrick ist vermerkt.
Dann habe ich wirklich alles erreicht. Was soll da noch kommen? (schmunzelt) (dco)