Matthäi unterstützt schon seit 2016 die HSV-Stiftung „Hamburger Weg“, bei Werder engagiert sich Ihr Unternehmen seit 2019. Wie ist das bei der großen Rivalität der beiden Clubs gleichzeitig möglich?
Intern im Hause vertragen sich die wenigen HSV-Fans ganz gut mit den Werder-Fans. Im Stadion ist das sicher ein bisschen anders mit der Rivalität. Unsere Engagements bei den beiden Clubs sind allerdings auch nicht vergleichbar: Beim HSV unterstützen wir nicht direkt den Verein, sondern dessen Stiftung – und das nicht als Matthäi, sondern mit unserem Unternehmen Floating Homes. Dabei geht es ausschließlich um soziale Projekte. Bei Werder machen wir beides – und das als Matthäi in ganz anderen Dimensionen.
Sieben Millionen Euro im Jahr sollen das sein – und das mindestens bis 2026. Was ist das Hauptziel?
Wir wollen durch das Trikot-Sponsoring die Marke Matthäi manifestieren und uns bundesweit noch mehr etablieren – insbesondere aktuell im Energieanlagenbau für Großkunden. Natürlich hoffen wir auf die Akquise von Neukunden. Es geht aber auch um die Rekrutierung von Mitarbeitern. Da versprechen wir uns durch die größere Sichtbarkeit unserer Marke Vorteile. Es ist ja kein Geheimnis, dass in diesen Zeiten Fachpersonal gesucht wird. Wir bilden alle Sparten des Bauens ab, da brauchen wir die entsprechenden Experten, aber auch junge Menschen, die bei uns viel lernen können.
Eigentlich nehmen Hauptsponsoren eher Endverbraucher ins Visier.
Das stimmt, unsere Strategie ist etwas ungewöhnlich. Wir sind das erste Bauunternehmen in Deutschland, das sich in der Bundesliga traut, so ein Trikot-Sponsoring zu platzieren. Wir fühlen uns bereit dazu und freuen uns auf die nächsten drei Jahre. Und ich sag’ mal: Wenn man einmal dabei ist, wer weiß, wie lange es wird. Es ist schon eine Sympathie entstanden. Deshalb ist uns diese Entscheidung im Gesellschafter-Gremium am Ende auch leichtgefallen.
Wie würden Sie Matthäi beschreiben?
Wir sind ein Bauunternehmen, das aus 70 Einzelbetrieben besteht – mit insgesamt 3.000 Mitarbeitern. Damit sind wir im bundesweiten Ranking unter den 20 größten Unternehmen der Baubranche. Wir wachsen sehr gesund. So eine exponentielle Entwicklung, wie sie andere hinlegen, ist nichts für uns. Wir kaufen nicht mal eben Betriebe mit 500, 600 Mitarbeitern dazu. Das ist nicht unsere Strategie. Wir gewinnen lieber Firmen hinzu, die zum Beispiel in der Altersnachfolge Probleme haben und auf uns zukommen, um ihren Betrieb in sichere Hände zu geben.
Was ist das aktuell spannendste Matthäi-Projekt?
Unser Aushängeschild ist die Halle 20 für Volkswagen in Emden, die wir im letzten Jahr fertiggestellt haben. Salopp gesagt ist es das Pendant zu Tesla in Brandenburg. Mit dem Unterschied, dass wir schneller waren (lacht). Und einzigartig ist es für uns auch noch, weil wir erstmals eine Abrechnungssumme jenseits der 100 Millionen Euro hatten. Wir haben zu 60 Prozent private Auftraggeber und zu 40 Prozent öffentliche.
Könnten Sie Werder Bremen auch ein neues Nachwuchsleistungszentrum bauen?
Wir sind für Innovationen sehr offen, haben uns mit dem Thema aber noch nicht beschäftigt. Es ist ja noch alles sehr frisch.
Als Fachmann kommen Sie um eine Frage nicht herum: Das Weserstadion ist fast immer ausverkauft, wäre es möglich, es umzubauen?
Ich habe keine Baupläne in der Tasche (lacht). Stadionbauten sind nicht unser Ding, da haben wir keinerlei Erfahrung. Deswegen sind wir da raus. Aber eine Erweiterung geht meiner Meinung nach immer, denn grundsätzlich lässt sich alles bauen.
Werder sucht regionale Investoren, ist Matthäi da ein möglicher Kandidat?
Nein, das ist für uns aktuell kein Thema.
Wie sehen Sie die Zukunft Ihres neuen Partners?
In der Bausprache würde ich sagen: Erst mal ein Fundament in der 1. Liga schaffen – und dann darauf aufbauen. Den Kader finde ich großartig, das ist eine tolle Mannschaft mit großer Energie und viel Ehrgeiz. Mal schauen, was die nächsten Transferphasen bringen. Dann nach vorne marschieren und irgendwann mal wieder international spielen – das wäre mein Wunsch.
Kurz nach der Bekanntgabe von Matthäi als neuer Hauptsponsor monierten Werder-Fans in den sozialen Medien, dass das Unternehmen auf seiner Internetseite die eigene NS-Vergangenheit ausspare. Wenige Stunden später gab es plötzlich einen Text auf der Internetseite mit dem Titel „Aus der Geschichte lernen“. Was ist da passiert?
Erstens: Es gibt da einen Wikipedia-Eintrag über uns, der sich mit Teilen unserer Geschichte befasst. Darauf haben sich die Kritiker bezogen. Zweitens: Natürlich haben wir die Kritik ernst genommen und deshalb auch schnell reagiert. Wir sind uns unserer Verantwortung bewusst und haben unsere Vergangenheit aufgearbeitet.
Aber warum hat sich Matthäi nicht schon vorher auf der eigenen Internetseite mit diesem Teil seiner Geschichte – also dem Bau des Sachsenhains im Auftrag der Nationalsozialisten 1933 in Verden – beschäftigt?
Intern war es ein Thema, deswegen konnten wir auch so schnell reagieren. Was jetzt auf unserer Internetseite steht, ist im Prinzip schon vor zehn Jahren zu unserem 80. Firmen-Geburtstag erarbeitet worden. Die Haltung war also unmissverständlich klar, wir haben sie nur nicht auf unserer Seite öffentlich gemacht, sondern über unsere sozialen Projekte und unsere Stiftung für Bildung erlebbar gemacht. Nun gibt es als künftiger Hauptsponsor von Werder Bremen einen ganz anderen Blick auf uns. Auch deshalb werden wir uns weiter intensiv mit diesem Teil unserer Vergangenheit beschäftigen.
Die Unternehmensfarbe von Matthäi ist Orange. Es gab da in Bremen schon mal eine erfolgreiche Verbindung mit Grün. Werder holte im Papageien-Trikot 2004 das Double. Wie viel Orange kommt künftig auf die Werder-Trikots?
Gar nicht so viel, glaube ich. Die Marke selbst ist schwarz oder weiß. Uns ist die Symbolik der beiden Streifen in unserem Kreuz-Logo sehr wichtig: Das helle Orange steht für die Werte von Matthäi – das Teamplay, die Mannschaft, das gemeinsame Anpacken. Das „Performance Red“ steht für Leistung. Wo sich das kreuzt, da ist Matthäi – und das passiert auf den Baustellen. Es ist eine Würdigung für alle Menschen, die auf der Baustelle arbeiten. Auch da brauchen wir Spitzensport – wie beim Fußball.
Herr Afflerbach, Sie sind in Siegen geboren, übrigens genauso wie Ex-Werder-Coach Florian Kohfeldt. Welche Rolle hat der Fußball in Ihrem Leben gespielt?
Als Kind habe ich natürlich Fußball gespielt – vor allem in der Schule. Und ich war immerhin nicht der Letzte, der ausgewählt wurde (lacht). Ich bin dann mehr und mehr in den Kampfsport abgedriftet, habe Judo gemacht. Später habe ich Handball gespielt – immerhin in der Landesliga, bis ich mir die Schulter demoliert habe. Danach bin ich zum Karate gekommen. Aber ich war immer ein Fußball-Begeisterter und gucke viele Spiele.
Welchem Club drücken Sie als gebürtiger Siegener die Daumen?
Den Sportfreunden Siegen natürlich (lacht). Aber ich muss zugeben: Ich bin königsblau-weiß, das ist in unserer Familie vererbt worden – über Generationen hinweg. So ist das bei Schalke-Fans. Ich habe sechs Jahre lang im Ruhrgebiet gearbeitet, ich weiß, welchen Stellenwert der Fußball für die Menschen auf Schalke hat. Viele haben nichts anderes mehr, weil die Arbeitslosigkeit dort sehr groß ist. Deswegen darf der FC Schalke nicht untergehen. In Bremen hat der Fußball auch einen sehr hohen Stellenwert. Das erlebe ich seit 2009.
Was gefällt Ihnen besonders an Werder Bremen?
Werder ist unaufgeregt, freundlich, sympathisch und über Jahrzehnte hinweg erfolgreich, wenn man die Abstiege mal ausklammert. Ich bin gerne in Bremen. Das ist einfach ein tolles Stadion. Man ist nicht so überwältigt wie von den riesigen Arenen wie zum Beispiel in Dortmund. Hier ist es viel schöner. (kni)