US-Zulassung für Hoffnungsträger „Lecanemab“ gegen Alzheimer
Die US-Arzneibehörde FDA gibt ihre Zulassung für ein mögliches Mittel gegen Alzheimer. Könnte das Medikament ein Lichtblick in der Forschung sein?
Update vom 08. Januar 2023 um 21:00 Uhr: Die US-Arzneibehörde FDA hat eine beschleunigte Zulassung für das Medikament „Lecanemab“ vergeben, das ein Fortschreiten von Alzheimer im frühen Stadium verlangsamen soll. Das Medikament sei in Testreihen mit 856 Alzheimer-Patienten überprüft worden, teilte die FDA laut Angaben der Deutschen Presse-Agentur (dpa) mit. Die mit Leqembi Behandelten hätten signifikant bessere Ergebnisse erzielt als eine Placebo-Gruppe. Die Unternehmen betonen in der Beschreibung des Medikaments, dass es nur für milde und frühe Fälle der Erkrankung geeignet sei. Auch in Japan und Europa ist ein Antrag auf Marktzulassung bis Ende März 2023 geplant. In den Wochen vor der Entscheidung am Freitag gab es Kritik an der Behandlung mit dem Antikörper Lecanemab, weil es in Testreihen zu Nebenwirkungen wie Hirnschwellungen und Blutungen im Gehirn gekommen war.
Erstmeldung vom 02.12.2022 um 12:32 Uhr: San Francisco – Alleine in Deutschland sind es derzeit etwa 1,8 Millionen Menschen, die an einer Form von Demenz leiden, die stärkste davon Alzheimer. Bei der Suche nach einer wirksamen Therapie für die Krankheit sieht sich die Forschung immer wieder mit Rückschlägen konfrontiert. Ein neuartiges Alzheimer-Medikament namens „Lecanemab“ sorgt jetzt in der Welt der Wissenschaft für Aufsehen – und Hoffnung. Es könnte ein wichtiger Schritt hin zu einer effektiven Therapie sein, Heilung verspricht jedoch auch das neue Präparat nicht. Experten warnen trotz allem vor überstürzten Schlüssen: Es braucht weitere Untersuchungen, denn die Arznei bringt auch Risiken mit sich.
Alzheimer-Medikament „Lecanemab“ sorgt in der Wissenschaft für Aufsehen
Sollten sich die Hoffnungen der Wissenschaft in das neue Alzheimer-Medikament „Lecanemab“ bewahrheiten, wäre das ein Durchbruch bei der Suche nach einer Therapie gegen die Krankheit. Die Hoffnung: Das Mittel könne das Fortschreiten von Alzheimer, bei früher Erkennung, verlangsamen. Ein Ansatz vieler Forscherinnen und Forscher ist, dass Eiweiß-Ablagerungen zur Zerstörung von Nervenzellen im Gehirn führen und so Demenz verursachen können. Von dieser Hypothese ausgehend wurde auch „Lecanemab“ entwickelt.

Der Gedanke: Die Arznei soll die typischen Ablagerungen von Beta-Amyloid im Gehirn abbauen und auf diese Weise den Krankheitsverlauf – wenn früh erkannt – verlangsamen. Im New England Journal of Medicine verkündete das Forscherteam laut Spiegel: „Lecanemab reduzierte Amyloid-Marker im Frühstadium einer Alzheimererkrankung“.
Die Forscherinnen und Forscher geben an, in einem Behandlungszeitraum von 18 Monaten hätten die kognitiven Fähigkeiten bei der Testgruppe, die „Lecanemab“ erhielt, um 27 Prozent weniger abgenommen, als bei der Vergleichsgruppe, die ein Placebo eingenommen hatte. Insgesamt 1795 Probandinnen und Probanden hatten entweder den Antikörper „Lecanemab“ oder ein Placebo verabreicht bekommen. Andere aktuelle Studien legen indes nahe, dass auch eine Corona-Infektion das Alzheimer-Risiko erhöhen könnte.
„Lecanemab“-Hersteller verfolgen bekannte Hypothese bei Entwicklung von Mittel gegen Alzheimer-Demenz
Der Ansatz der „Lecanemab“-Hersteller ist grundsätzlich nicht neu: bereits in der Vergangenheit waren Medikamente gegen Alzheimer-Demenz ausgehend von der besagten Hypothese mit den Eiweiß-Ablagerungen entwickelt worden. Immer wieder hatte es dabei Rückschläge gegeben, die Mittel scheiterten in klinischen Studien oft in Phase II oder III. Bei den aktuellen Erkenntnissen zu „Lecanemab“ handelt es sich hingegen um vorläufige Ergebnisse einer Phase-III-Studie, die zumindest Hoffnung machen. Durchgeführt worden waren die Untersuchungen von Forschenden im Dienste der Pharmafirmen Eisai und Biogen.
Auch in der deutschen Forschung ist man hoffnungsvoll, ob der neuen Erkenntnisse. Frank Jessen, Direktor der Klinik für Psychiatrie und Psychotherapie an der Uniklinik Köln, erklärte laut Spiegel: „Diese Studie ist ohne Zweifel ein Meilenstein“. Jessen betont, eine besondere Errungenschaft sei der Nachweis, dass eine Begrenzung der Plaque-Bildung den kognitiven Abbau entschleunigen könne. Er ist sich mit Blick auf die Studie sicher: „Sie wird in die Geschichte der Alzheimerforschung eingehen“. Dennoch: Eine Heilung verspricht auch „Lecanemab“ nicht, sollte Alzheimer früh erkannt werden, könnte es jedoch den Verfall verlangsamen. Auch für Angehörige gibt es derweil Angebote, um den richtigen Umgang mit der Krankheit zu lernen.
„Lecanemab“: Mittel zur Verlangsamung der Alzheimer-Symptome birgt auch Risiken
Klar hinsichtlich „Lecanemab“ ist: Das Mittel zur Verlangsamung der Alzheimer-Symptome verspricht weder „Heilung“, noch ist es risikofrei. Die Studie zeigt, dass „Lecanemab“ bei einigen der Patientinnen und Patienten zu Hirnschwellungen oder Hirnblutungen führt. Dr. Jason Karlawish, Co-Direktor des Penn Memory Center der Universität von Pennsylvania, der nicht an der Studie beteiligt war, erklärt der New York Times: „Der Nutzen ist real, aber die Risiken sind es auch“.
Im Rahmen der Studie waren laut der Zeitung zwei Patienten, bei denen es zu Hirnschwellungen und Hirnblutungen gekommen war, gestorben. Eine besondere Gefahr könnte vor allem für Patienten, die Blutverdünner erhalten, bestehen. Schwellungen und Blutungen sind bekannte Nebenwirkungen verschiedener Anti-Amyloid-Medikamente. Auch die Studienurheber selbst kommen zu folgendem Schluss: „Weitere Studien sind erforderlich, um die Wirksamkeit und Sicherheit von Lecanemab bei der frühen Alzheimer-Krankheit zu ermitteln.“ Die Suche nach einer Behandlung – und nach Heilungsmöglichkeiten – geht weiter.