Drei Typen von Long Covid entdeckt: Andere Symptome bei verschiedenen Corona-Varianten
Viele Menschen entwickeln nach einer überstandenen Corona-Infektion Langzeitfolgen. Long Covid gibt der Medizinwelt noch immer viele Rätsel auf. Forschende haben jetzt drei Haupttypen der Krankheit gefunden – mit je nach Virusvariante unterschiedlichen Symptomen.
London/Bremen – Schätzungsweise eine Million Menschen in Deutschland sind bereits von der Krankheit Long Covid betroffen. Angesichts der aktuell weiter hohen Fallzahlen dürften es bald noch mehr werden. Bei Long Covid handelt es sich um Langzeitfolgen einer Corona-Infektion, die auch nach milden Infektionen auftreten können. Offenbar ist man auch durch eine Corona-Impfung nicht davor geschützt, Spätfolgen zu entwickeln, wie eine Studie zeigte.
Long Covid: Corona-Langzeitfolgen können Erkrankte noch Wochen oder Monate nach der Infektion verfolgen
Noch Wochen oder sogar Monate können Menschen durch die Nachwirkungen einer Corona-Erkrankung durch Long Covid stark beeinträchtigt sein. Auch bei Omikron ist das Risiko von Spätfolgen erhöht – selbst wenn die eigentliche Erkrankung bei dieser Variante oft milder verläuft. Experten wie Jördis Frommhold, die schwerpunktmäßig Patienten mit Corona-Langzeitfolgen behandelt, warnen daher zu Recht bereits vor Long Covid als neuer Volkskrankheit.
Auch Bundesgesundheitsminister Karl Lauterbach (SPD) hatte immer wieder deutlich auf das Risiko von Langzeitfolgen hingewiesen. Er wird angesichts der Sommerwelle und der Aussicht auf einen schweren Herbst nicht müde zu betonen: Je mehr Menschen erkranken, desto mehr von ihnen entwickeln anschließend auch Spätfolgen. Auch Kinder bleiben trotz oft milder Erkrankung nicht von Langzeitfolgen verschont.
Long Covid und Post-Covid-Symptom sind laut Lauterbach großes Risiko und müssen erforscht werden
Medizinisch ist noch vieles unklar, was die Krankheit Long Covid und ihr größeres Pendant, das Post-Covid-Syndrom, betrifft. Auch der Bundesgesundheitsminister hatte zuletzt kritisiert, dass an den Ursachen der Krankheit zu wenig geforscht würde und deshalb wertvolle Erkenntnisse fehlten, die Long-Covid-Betroffenen helfen könnten.
Was ist der Unterschied zwischen Long Covid und Post-Covid-Syndrom?
Long Covid = Symptome dauern länger als 28 Tage an
Post-Covid-Syndrom (PCS) = Symptome sind auch nach zwölf Wochen und mehr nach der Infektion noch vorhanden
Long Covid: Drei verschiedene Typen von Corona-Langzeitfolgen entdeckt
Forschende des Londoner King‘s College haben sich in einer Studie der Thematik angenommen und drei verschiedene Typen der Krankheit herausgearbeitet – mit jeweils unterschiedlichen Symptomen, je nachdem, mit welcher Virusvariante die Betroffenen infiziert waren. Die Studie wurde als Preprint veröffentlicht – sie muss also noch durch die Fachwelt evaluiert werden.
Forschende untersuchten Daten von Long-Covid-Patienten und finden drei Typen
Dazu haben sie die Daten von 336.652 Personen aus der britischen Gesundheitsapp Zoe analysiert, die sich in den Jahren 2020 bis 2021 mit dem Corona-Virus infiziert hatten. Das Ergebnis:
- 9323 Personen entwickelten Long-Covid; (länger als 28 Tage mit Symptomen)
- 1459 Personen hatten ein sogenanntes Post-Covid-Syndrom; (zwölf Wochen und länger mit Symptomen)
In den Jahren 2020 und 2021 war zunächst der Urtyp des Virus vorherrschend, später traten dann verstärkt Infektionen mit den Varianten Alpha und Delta auf. Die Variante spielt bei den auftretenden Symptomen eine wichtige Rolle, wie die Forscher herausfinden konnten. Viele Anzeichen deuten auf die Krankheit Long Covid hin, die Liste mit Symptomen ist lang und vielfältig, was eine Diagnose erschwert.
Innerhalb der Gruppe mit Menschen, die unter dem Post-Covid-Syndrom, also der längeren Variante der Spätfolgen, leiden, konnten die britischen Forscher nun hinsichtlich der Symptome drei Überkategorien, sogenannte Symptom-Cluster, festmachen:
- Neurologische Symptome: Geruchs- und Geschmacksverlust, „Brain Fog“ – also starke Konzentrationsprobleme, Kopfschmerzen, Delirium, Depression und Müdigkeit
- Atemwegssymptome: Schädigungen der Lunge, schwere Kurzatmigkeit, Herzrasen, Müdigkeit und Brustschmerzen
- Systemische bzw. entzündliche und abdominale Symptome: Muskel- und Knochenschmerzen, Blutarmut, Muskelschmerzen, Magen-Darm-Beschwerden, Unwohlsein, Müdigkeit
Auffällig war dabei, dass sich die Symptome in ihrem Auftreten je nach Virusvariante unterschiedlich häuften. Die Forschenden vermuten daher einen Zusammenhang zwischen der jeweiligen Virusvariante, die zur Erkrankung geführt hat, und den Spätfolgen. Diese verteilten sich wie folgt auf die Varianten:
- neurologische Beschwerden traten am häufigsten im Zusammenhang mit der Alpha- und der Delta-Variante auf; beim Urtyp des Virus waren es die zweithäufigsten Symptome
- Atemwegssymptome verursachte am häufigsten der Urtyp des Coronavirus aus dem Jahr 2020, als es auch noch keine Impfungen gab
- Symptome aus der Gruppe der systemischen bzw. entzündlichen und abdominalen Beschwerden traten bei allen Virusvarianten, die Teil der Studie waren, auf
Wie lange dauern die Long-Covid-Symptome bei den verschiedenen Varianten an?
Eine der Autorinnen der besagten Studie, Dr. Liane S. Canas, sagte gegenüber Medical News Today, dass die jeweilige Variante auch einen Einfluss auf die Dauer der Symptome hat. Beim Urtyp dauern die Beschwerden länger an, durchschnittlich bis zu 30 Wochen. Bei der Alpha- und der Delta-Variante war die Zeit mit Symptomen etwas kürzer: durchschnittlich 24 bis 25 Wochen.

Welche Long-Covid-Symptome verursacht die Omikron-Variante?
Die Daten, die sich auf Infektionen mit der Virusvariante Omikron beziehen, sind von den Autoren der Studie noch nicht abschließend ausgewertet. Doch es zeichnet sich bereits eine erste Tendenz ab: Das Risiko von Long Covid ist bei Omikron geringer. Laut den Forschern ist die Wahrscheinlichkeit von Long Covid bei Omikron etwa 20 bis 50 Prozent geringer als bei den vorherigen Varianten.
Die häufigsten Long-Covid-Symptome bei Omikron:
- starke Erschöpfung und Müdigkeit, sog. „Fatigue“
- Kurzatmigkeit
- Stimmungsschwankungen
- „Brain Fog“, also Konzentrationsprobleme und Verwirrtheit
Auch wenn sich abzeichnet, dass das Risiko von Spätfolgen nach einer Omikron-Infektion insgesamt sinkt, ist das noch keine Entwarnung. Da Omikron um ein Vielfaches ansteckender ist als die vorherigen Varianten, erkranken auch mehr Menschen. Das führt in absoluten Zahlen wiederum zu mehr Long-Covid-Fällen.
Welchen Einfluss hat die Impfung auf die Stärke der Long-Covid-Symptome?
Im Rahmen der vorgelegten Studie zeichnete sich keine Tendenz ab, dass sich die Symptome bei Geimpfte oder Ungeimpften unterschiedlich häuften. Die Autoren wiesen jedoch darauf hin, dass in anderen Studien bereits gezeigt werden konnte, dass eine Impfung dass Risiko von Long Covid herabsenken kann. In der vorliegenden Studie lag aber kein Schwerpunkt auf der Impfung, das heißt, der Impfstatus wurde zwar erfasst, aber nicht in einen zeitlichen Zusammenhang zum Zeipunkt der Impfung und dem Auftreten der Long-Covid-Symptomatik gestellt, weshalb darüber keine abschließende Aussage gemacht werden kann.
Mehr Forschung nötig, um die Symptome von Long Covid besser verstehen und behandeln zu können
Dies ist auch ein Ansatzpunkt, an dem weitere Studien anknüpfen könnten. Vor allem auch im Hinblick auf die voraussichtlich bald kommenden Vakzine gegen die Omikron-Variante würden sicherlich viele Seiten Ergebnisse zu dieser Fragestellung begrüßen. Der Bundesgesundheitsminister hatte auf Twitter auf eine weitere Studie von einem Forscher-Team der Yale University in den USA hingewiesen, welche die These stützt, dass nach einer Corona-Infektion möglicherweise Virusreste im Körper verbleiben. Diese Rückstände könnte nach Ansicht der Forschenden für die Beschwerden rund um Long Covid verantwortlich sein.