Abzappeln für das Klima: Nachtclub heizt mit Körperwärme
Ein schottischer Nachtclub „erntet“ die Körperwärme seiner zappelnden Gäste – und generiert damit die gesamte Energie für Heizung und Klimaanlage des Lokals.
Glasgow – Der Ukraine-Krieg lässt die Lebenshaltungskosten in ungeahnte Höhe schnellen. Das bekommt jeder täglich im Portemonnaie zu spüren. Und auch die Gastronomen leiden unter den explodierenden Energiekosten immens. Inzwischen verlangen einige Restaurants wegen steigender Kosten sogar Eintritt. Was sich nun ein schottischer Club einfallen ließ, ist nicht nur deutlich origineller als Gäste zur Kasse zu bitten, sondern obendrauf extrem nachhaltig. Das „SWG3“ wandelt die Hitze seiner zappelnden und schwitzenden Gästen in Energie um.
Abzappeln für das Klima: Schottischer Nachtclub heizt mit Körperwärme
Ach, würde Klimaschutz bloß immer so viel Spaß machen. Auch wenn die Idee der Post, jetzt klimaneutral per Straßenbahn zu versenden, heiter ist: Das „Bodyheat“-System im Glasgower „SWG3“ ist heiterer. Es fängt die in rhythmische, Wärme erzeugenden Bewegungen umgesetzte Lebensfreude seines Publikums ein – und leitet diese Energie 200 Meter unter der Erde in eine Gesteinsschicht, die wie eine Wärmebatterie wirkt. Das Wärmepumpensystem kann die abgegebene Körperwärme speichern, um dann auf Abruf die Veranstaltungsräume heizen oder kühlen zu können. In Deutschland warnen Experten inzwischen, Wärmepumpen könnten zum Problem fürs Stromnetz werden.
Wie The Guardian berichtet, kam Besitzer Andrew Fleming-Brown im Jahr 2019 die Idee zu dem genialen Konzept. Er stellte fest, dass die von ihm geführte Location in Glasgow, das „SWG3“ – diverse Industriehallen, die „für die Lagerung von Tabak und nicht für die Unterbringung von Menschen konzipiert wurden“ – in Sachen Nachhaltigkeit dringenden Nachholbedarf hat: „Wir erkannten, dass unser Publikum unsere Energiequelle sein könnte.“
„Bodyheat“ ermöglicht die komplett CO₂-freie Klimatisierung des Clubs
Flugs beauftragte der Clubbesitzer den Tüftler David Townsend und sein Unternehmen „TownRock Energy“ mit der Ökologisierung des Veranstaltungskomplexes – und in etwas mehr als einem Jahr entstand „Bodyheat“. Ein Kreislauf, der eine komplett CO₂-freie Klimatisierung ermöglicht, indem er die Energie der Besucher nutzt. Eine extrem sinnvolle Maßnahme, denn die globalen CO₂-Emissionen bewegen sich weiter auf Rekordniveau.
Bodyheat ist ein verrückter Traum, der aus dem Besuch vieler heißer Clubs und der Arbeit im Bereich Geothermie entstanden ist, und wir haben beides zusammengebracht.
Das System ist in zwei der größten Veranstaltungsräume des „SWG3“-Komplexes, im „Galvanizers“ und im „TV Studio“ sowie in der Lobby, installiert. Allein bei einem ausverkauften Konzert im „Galvanizers“, das bis zu 1.250 Personen fasst, werden etwa 800 Kilowattstunden Wärme erzappelt.
Heiße Moves: Ausgetüfteltes „Bodyheat“-System erntet die Wärme von Tänzern
Dafür leiten die in der Decke montierte Einheiten die Wärme aus der Luft in eine spezielle Flüssigkeit um. Über Rohre wird diese Flüssigkeit dann in einen Technikraum geführt, der sich in einem Schiffscontainer hinter dem Club befindet. Hier wird Strom aus erneuerbaren Energien genutzt, um die Wärme in ein weiteres Rohrsystem zu leiten, das mit zwölf geothermischen Bohrlöchern verbunden ist.

Die Bohrungen leiten die Wärme schließlich 200 Meter unter dem Garten in eine Gesteinsschicht, die wie eine Wärmebatterie wirkt und die Wärme speichert, bis sie zur Beheizung – oder Kühlung – benötigt wird.
„Verrückter Traum“ entstand aus dem Besuch vieler heißer Clubs
„Bodyheat ist ein verrückter Traum, der aus dem Besuch vieler heißer Clubs und der Arbeit im Bereich Geothermie entstanden ist, und wir haben beides zusammengebracht“, so Townsend. „Dieser Traum ist zum funktionierenden, komplexen Energiesystem geworden, das hoffentlich viele andere Unternehmen und Veranstaltungsorte dazu inspiriert, Netto-Null zu erreichen.“
Körperwärme der Tanzenden „spart“ 70 Tonnen CO₂ pro Jahr
Der Club im schottischen Glasgow hat es so geschafft, seinen CO₂-Ausstoß um stolze 70 Tonnen im Jahr zu reduzieren – allein dadurch, dass die Betreiber die komplett „erneuerbare“ Energie ihrer Besucherinnen und Besucher nutzen. Die Initiative wurde sogar im Rahmen der UN-Klimakonferenz COP26 vorgestellt, die letztes Jahr in Schottland stattfand.
Glasgower Clubbesitzer plant weitere Klimaretter-Maßnahmen
Und für den Clubbesitzer und den grünen Tüftler von „TownRock Energy“ stehen noch ehrgeizigere Vorhaben auf dem Zettel: „Wir überlegen, ob wir die dritte Etage als Raum für Unternehmen mit umweltfreundlichen Zielen nutzen können“, sagte Townsend The Guardian.
„Wir wollen herausfinden, wie Bodyheat auf andere Einrichtungen übertragen werden kann. Deshalb ist es wichtig, in den nächsten sechs Monaten Daten im SWG3 zu sammeln“, ergänzt Fleming-Brown. Und spinnt weiter: „Es könnte zum Beispiel in Fitnessstudios eingesetzt werden.“