Strompreis rutscht 2023 ins Minus – für Verbraucher bleibt er aber teuer
Anbieter haben die Strompreise für Millionen Deutsche zum Jahreswechsel erhöht, an der Börse ist er nun gefallen. Vor allem das Ausland profitierte.
Das zuletzt stürmische Wetter sorgte hierzulande für fallende Strompreise, gleichzeitig ließ sich durch die milden Temperaturen Energie einsparen. An der Strompreis-Börse in Leipzig rutschte der Strompreis in den vergangenen Tagen sogar ins Minus, wie Focus Online berichtet. Verbraucher würden davon allerdings nicht profitieren.

Das Gegenteil ist der Fall: Über sieben Millionen Deutsche sind von den Erhöhungen der Strompreise zum Jahresbeginn betroffen. Anbieter zogen ihre Preise teils drastisch an. So muss ein Zwei-Personen-Haushalt in München bei einem Verbrauch von 2500 Kilowattstunden mit einem Ausgabeplus von etwa 923 Euro rechnen.
Strompreis fällt 2023 ins Minus – für Verbraucher bleibt er aber teuer
Experten führen den Preisabfall beim Strom auf Windkraftanlagen zurück. „Die Börsenstrompreise unterliegen erheblichen Schwankungen. Am 1. Januar 2023 war der Stromverbrauch gering und die Erzeugung aus Erneuerbaren Energien groß“, sagte Energieexperte Bruno Burger vom Fraunhofer-Institut für solare Energiesysteme gegenüber Focus Online. So sei es möglich gewesen, dass der Strompreis fast bei Null lag und sogar manchmal auch leicht ins Minus rutschte.
Die etwa 30.000 Windkraftanlagen in Deutschland liefen durch das stürmische Wetter in den vergangenen Tagen auf Hochtouren und produzierten so mehr Strom als benötigt. Als Resultat daraus drückte der sehr hohe Anteil an produzierter Windenergie den Preis. Beim Einkauf von Strom war es sogar möglich, bis zu 5 Cent je Kilowattstunde dazuzuverdienen.
Zeitweise waren die Preise am Spotmarkt bis zu 15-mal billiger als die Verkaufspreise der Stromversorger in Deutschland. „Ein Phänomen, das häufiger mit dem Ausbau von Sonne und Wind auftreten wird“, schrieb die Präsidentin des Bundesverbandes Erneuerbare Energien, Simone Peter, auf Twitter.
Deutscher Billig-Strom ging vor allem ins Ausland
Für den Strompreis-Abfall war auch der gesunkene Gaspreis verantwortlich: Kurz vor Silvester lagen sie bei etwa 7,0 Cent pro Kilowattstunde – eine Halbierung des Preises seit Mitte Dezember. Zudem sorgte die geringe Nachfrage seitens der Industrie über den Jahreswechsel dafür, dass der Strompreis fiel.
Ein Großteil des in Deutschland produzierten Billig-Stroms ging dabei ins Ausland: Versorger und Industrien in Nachbarländern wie Dänemark, Belgien oder Österreich deckten sich mit dem Strom ein. Experte Burger erklärte dabei gegenüber Focus Online: „Die Preisfindung an der Börse geschieht durch die Merit-Order.“
Zuerst zum Einsatz kommen dabei die günstigen Erneuerbaren Energien. Es brauche keine teuren Gaskraftwerke, „wenn sie viel produzieren und gleichzeitig der Verbrauch niedrig“, so Burger.
Strompreis fällt 2023 ins Minus – für Verbraucher bleibt er aber teuer
Verbraucher profitieren von den niedrigen Strompreisen vorerst nicht. Ihnen wird geraten, Geduld zu haben. Auch wenn eine Stabilisierung des Strompreises im neuen Jahr erwartet wird, wird er nach Schätzungen von Experten das Niveau von 2021 jedoch nicht erreichen.
Hinzu kommt, dass der billige Einkaufspreis für Strom erst nach und nach bei den Verbrauchern ankommt. Die Börse würde hierbei jedoch anzeigen, wohin sich der Strompreis künftig entwickelt.
Die Verzögerung bei der Preis-Weitergabe an die Verbraucher entsteht, weil die Stromanbieter ihr Angebot nicht permanent an die Preise des Spotmarkts anpasst. Erst bei Vertragsabschluss gilt auch die Preisbindung. Ein Mal pro Jahr passt sich dann auch der Preis an. Heißt: Verbraucher profitieren erst bei den Berechnungen der Strompreise fürs kommende Jahr, wenn die Anbieter beim Einkauf eines Kontigents an Strom sparen.
Burger: „Von den niedrigen Preisen an der Strombörse profitieren erstmal die Firmen oder auch Stadtwerke, die direkt an der Börse den Strom kaufen.“ Das geschehe in der Regel in einem Mix aus unterschiedlichen Quellen (OTC, Day-Ahead, Futures) – auch, da die Strompreise an der Börse starken Schwankungen unterliegen.
„Die Preise an der Börse waren auch schon bei 600 €/MWh bzw. 60 Cent/kWh. Wer nur an der Börse Strom kauft, geht ein hohes Risiko ein“, warnt Burger.