Sparen mit Cash Stuffing: Bargeld-Comeback – TikTok Trend geht viral
Bargeld ist tot? Von wegen. Auf TikTok geht ein neuer Finanzhack viral: Cash Stuffing. Die analoge Finanz-Planung soll helfen, richtig Geld zu sparen. So funktioniert es.
Berlin – Die Liebe der Verbraucher zu Geldschein und Münze schwindet, ergaben gerade erst Studien der Europäischen Zentralbank EZB. Auch die Corona-Pandemie hat die Abkehr vom Bargeld beschleunigt, erklärte Michael Mewes, Vorstandsvorsitzender der Bundesvereinigung Deutscher Geld- und Wertdienste (BDGW). Ein erster großer Technikhändler schaffte die Bargeld-Zahlung bereits ab. Doch ausgerechnet junge Leute entdecken plötzlich „physisches“ Geld wieder – und nutzen sogenanntes Cash Stuffing, um bei explodierenden Energiekosten und wachsender Inflation ihre Finanzen im Blick zu behalten – und richtig Geld zu sparen.

Cash Stuffing: Comeback des Bargelds – TikTok-Spartrick geht viral
Nachdem der internationale Währungsverband ICA und die BDGW zuletzt gewarnt hatten, dass die Bargeldversorgung bald zu teuer für Handel und Geldhäuser werden könnte, und viele Banken bereits ohne Geldautomaten sind, scheint ein viral gehender Trend das Comeback der Cashzahlung einzuläuten. Statt dem kontaktlosen Geldtransfer via Smartphone oder Karte horten immer mehr Verbraucher gezielt am Monatsbeginn Bargeld – und geben die Scheine plötzlich wohlüberlegt aus, statt mit Impulskäufen virtuelle Kreditrahmen bis zum Anschlag auszureizen.
Vor allem jüngere Menschen scheinen das Bargeld für sich zu entdecken. Der Hashtag Cash Stuffing hat auf TikTok inzwischen mehr als 866 Millionen Aufrufe, auch die deutsche Bezeichnung #Umschlagmethode zählt bereits 210 Millionen Aufrufe (Stand 1. 02. 2023).
TikTok-Trend Cash Stuffing: Neue, alte Lösung für übersichtliche Finanzen
Übersetzt bedeutet Cash Stuffing „Bargeld stopfen“ – gemeint ist damit die bewusste Budgetplanung über das physische Verteilen des verfügbaren Geldes auf die entsprechenden Ausgaben, sprich: die Verteilung von Geldscheinen in dementsprechende Umschläge. Und TikTok ist derzeit ebenso gestopft mit jungen Leuten, die ebendieses demonstrieren. Dabei ist die Strategie der Finanzplanung nicht wirklich neu. Schon zu Zeiten von Lohntüten, in denen alle ihr Gehalt noch wöchentlich oder monatlich bar ausgezahlt bekamen, war es verbreitet, mit Briefumschlägen die Ausgaben zu verteilen und zu planen.
Neuer Spartrend: In der Generation Z hat jede/r Fünfte Schulden
Doch wie kommt es zum Trend der neuen Sparsamkeit? Es dürfte sicher auch an der zu Zeiten von Krieg und Inflation wachsenden Angst vor der Zukunft liegen: Nach Zahlen der neuen Studie „Jugend in Deutschland“ der Jugendforscher Simon Schnetzer und Klaus Hurrelmann macht sich die Mehrheit der 14- bis 29-Jährigen Sorgen über Kaufkraftverlust, den Krieg in der Ukraine und Klima. Gleichzeitig habe jeder und jede fünfte dieser Generation Z, Alpha und Y in Deutschland schon Schulden. Kein Wunder also, dass gemäß dem Motto „Die fetten Jahre sind vorbei“ immer mehr den Druck spüren, finanziell die Reißleine zu ziehen.
Clever planen und sparen mit Cash-Stuffing – so funktioniert es:
- 1. Kassensturz: Überblick über Ausgaben verschaffen
- Erstelle eine Übersicht über sämtliche monatlichen Einnahmen und feste Ausgaben, also Fixkosten zusammen. Fixkosten sind:
- Miete
- Energiekosten
- Versicherungen
- Mobilitätskosten (Monatskarte oder Auto)
- Verträge (Handy, Netflix etc.)
- Ziehe diese Fixkosten von den Einnahmen ab – und du erhältst den Betrag, den du monatlich zur Verfügung hast.
- 2. Kategorien erstellen: Wofür soll Geld ausgegeben werden?
- Nun überlegst du, wofür du dein Geld abgesehen von den Fixkosten ausgibst – und legst entsprechend die Kategorien fest. Zum Beispiel:
- Lebensmitteleinkäufe
- Shopping
- Restaurantbesuche
- Kultur (Konzerte/Theater)
- Geschenke
Sparziele (Reisen, größere Anschaffungen) - Geld als Puffer für unvorhergesehene Notfälle wie defekte Haushaltsgeräte oder Autoreparaturen.
- Notiere dir, wie viel du den Kategorien jeweils zuweist.
- 3. Beträge zuweisen: Schlau planen
- Weise jeder Kategorie einen bestimmten Monats-Betrag zu und rechne den Gesamtbetrag aus. Dann geht es los zur Bank, um das Monatsbudget abzuheben.
- 4. Cash-Stuffing: Geld verteilen
- Das gesamte zu Beginn des Monats abgehobene Geld wird den Kategorien entsprechend in Umschläge oder Klarsichtfolien verteilt. Nun ist Disziplin gefragt: Sämtliche Ausgaben werden nämlich nur noch vom Geld aus den Umschlägen getätigt. Geld, das auf dem Konto liegt, darf dabei nicht angerührt werden.
- 5. Analyse: Zweiter Kassensturz
- Checke am Ende des Monats, wie du mit dem „gestopften“ Geld zurechtgekommen bist. Wo kannst du mehr und wo weniger Geld sparen? Schreibe neben deinen Notizen aus Schritt eins auf, wie viel Geld in den einzelnen Kategorien übrig geblieben ist. Verteile auf dieser Grundlage das Geld im nächsten Monat.
Cash Stuffing: Hinter dem Spar-Trend steckt ein simpler Mechanismus
Selbst Experten können dem alten, neuen Trend etwas abgewinnen: „Die Methode hat den Vorteil, dass sich Personen visuell mit ihren Ausgaben auseinandersetzen müssen und dadurch sparsamer werden“, erklärt Hanna Heinrich, Professorin für Wirtschafts- und Sozialpsychologie an der Hochschule Döpfer in Regensburg gegenüber der Süddeutschen Zeitung.
Bargeld bringt „Schmerz“-Erlebnis beim Bezahlen zurück
Menschen gehen mit Bargeld anders um als mit virtuellem Geld, das zeigen diverse Untersuchungen. Konsumverhalten hängt demnach maßgeblich mit der Wahl des Zahlungsmittels und dem dabei wahrgenommenen „Schmerz beim Bezahlen“ zusammen.: Je geringer der „Schmerz“, desto höher der Konsum – und umgekehrt. Cash Stuffing macht sich ebendiesen „Schmerz“ zunutze.
Cash Stuffing: Bargeld erlebt Comeback – ausgerechnet bei jungen Leuten
Aber: Die Disziplin aufzubringen, Geld zu budgetierten und beiseitezulegen bedeute auch eine psychische Herausforderung, wird die Wirtschaftspsychologin Heinrich von der SZ zitiert: „Sparen bedeutet in erster Linie, dass ich eine Belohnung aufschieben muss. Das fällt sehr vielen Menschen schwer.“ Umso bemerkenswerter, dass sich ausgerechnet eine als hedonistisch verschriene Generation, die von ihren Eltern zu „aufgeweichten Jammergestalten“ erzogen werde, wie ein Pädagoge wetterte, auf diese Aufgabe einlässt.