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VW-Elektroauto braucht für 650 Kilometer 13 Stunden – ohne Heizung

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Von: Bjarne Kommnick

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Eine Reporterin macht mit ihrem neuen E-Auto von VW den Langstrecken-Wintertest. Das Ergebnis ist ernüchternd – Zeit spart sie durch konsequentes Frieren.

Wolfsburg – Selbst bei besten Bedingungen sind viele Elektroautos von Langstreckentauglichkeit noch weit entfernt. Wie ein Auto-Vergleichstest zuletzt gezeigt hatte, schafft kein Elektroauto mehr als 440 Kilometer am Stück bei Tempo 130*. Auch die Auto-Reporterin Lisa Brack und EFAHRER.com-Autorin musste das schmerzlich erfahren. Sie wagte ein Elektroauto-Langstreckenexperiment. Denn für den Kauf ihres neuen VW e-Up ist sie extra aus München in die VW-Autostadt nach Wolfsburg gefahren, um ihr Auto persönlich abzuholen.

AutoherstellerVolkswagen
HauptsitzWolfsburg
Gründung28. Mai 1937, Berlin
CEOHerbert Diess

E-Auto von VW im Winter: 13 Stunden für 650 Kilometer – bei ausgestellter Heizung

Lisa Brack wollte damit die teuren Servicekosten von Volkswagen in Höhe von 700 Euro umgehen und nebenbei von ihrer Langstrecken-Erfahrung berichten. Dafür schickt sie ihr Elektroauto direkt in den Härtetest, denn auf der Rückfahrt herrschen eisige Temperaturen. Bei 0 bis minus 5 Grad tritt sie die Heimreise nach Bayern an. Das sind ungünstige Bedingungen für Elektroautos, denn besonders im Winter legen niedrige Temperaturen die Akkus von Elektroautos lahm*.

Eine frierende junge Frau, eine Uhr und ein VW E-Up Elektroauto wird in Wolfsburg geladen
Coole Spritztour: eine Frau holt ihren neu gekauften VW E-Up in Wolfsburg ab und fährt 13 Stunden lang ohne Heizung nach Hause. (Symbolbild/kreiszeitung.de-Montage) © Susanne Hübner/Bernd Friedel/imago

Eisige Langstreckenfahrt im VW E-Auto: Kälte greift den Akku an

Für die Rückfahrt brauchte Brack von Wolfsburg nach München auf einer Strecke von 654 Kilometern ganze 12 Stunden und 45 Minuten. Üblicherweise würde man für die Strecke eine Zeit von rund sechs Stunden benötigen. Doch nicht nur die Fahrtdauer entsetzt – auch die Fahrttemperatur war alles andere als lustig: Die Heizung blieb bei eisigen Temperaturen fast die gesamte Rückfahrt aus: Denn je kälter es ist, desto mehr belastet der Betrieb von Heizanlagen den Elektroauto-Akku. Zuletzt zeigte sich das Elektroauto-Kälteproblem auch bei einem großen deutschen Unternehmen, denn im bayrischen Berchtesgadenzieht die Deutsche Post aufgrund von Schnee und Kälte ihre teuren E-Transporter wieder ab und setzt für die Wintermonate wieder auf Verbrenner-Modelle.

E-Auto VW e-Up im Winter: 216 Kilometer Reichweite nach erster Ladung

Für die Fahrt deckte sich Brack extra mit Mütze, Schal, Handschuhen und generell warmer Kleidung ein, denn nach dem ersten vollständigen Aufladen zeigt der VW e-Up gerade einmal 216 Kilometer Reichweite an. Und selbst diese Angabe ist ziemlich ohne Gewähr, deshalb entscheidet sich für Brack für den sogenannten Eco-Plus-Modus und selbstverständlich für eine ausgeschaltete Heizung. Bei Frost auf der Scheibe sorgen immerhin Heizdrähte für eine freie Sicht, auf die stromfressende Gebläse-Heizung kann die Test fahrende Reporterin deshalb komplett verzichten.

Um eine für das Modell entsprechende App zu installieren, fragt sie bei Autoübergabe einen VW-Mitarbeiter. Dieser habe jedoch sofort abgeblockt: „Fragen Sie mich das nicht. Die digitalen Services kommen in unseren Schulungen nicht dran.“ Also muss Brack alles selber in die Hand nehmen. Dann geht es auf den Heimweg, Uhrzeit 14.45 Uhr.

Mit E-Auto 650 Kilometer im Winter fahren: Drei Stopps zum Laden nötig

Insgesamt braucht Brack auf der Strecke von Wolfsburg nach München drei Pausen zum Laden. Doch bereits vor dem ersten Stopp wird es spannend: Findet die Fahrerin ausreichend funktionstüchtige und verfügbare CCS-Ladesäulen. Auf die ist Brack nämlich angewiesen, denn an anderen Ladesäulen würde das Laden bis zu viermal länger dauern. Bei drei Ladestopps und knapp 13 Stunden Fahrt- und Ladezeit inklusive niedrigen Temperaturen im Fahrzeuginnenbereich wäre das Laden ohne CCS eine deutliche Zusatzbelastung. Da hilft auch eine liebe Nachricht zwischendurch wenig: „Halte durch, Lisa“. Und das wird sie.

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Mit E-Auto i Winter Ladezeit sparen: Kleinere Etappen fahren und dazwischen öfter Laden

Am Ende der Fahrt ist es 3.30 Uhr morgen. Zeit für Brack, um Fazit zu ziehen, denn einen entscheidenden Fehler habe sie gemacht. Sie habe zu selten geladen und zu große Etappen geplant. Denn es geht deutlich schneller ein Elektroauto nur auf 80 Prozent aufzuladen – die meiste Zeit entfällt auf die letzten 20 Prozent. Schlauerwäre also gewesen: Schneller aufladen, dafür ein bisschen weniger Reichweite in Kauf nehmen und eben früher wieder laden – aber erneut schneller. Alleine bei einer Ladung mehr hätte sie bereits 1,5 Stunden gespart. So wurde die Fahrt jedoch wohl zu einem langen Winterausflug, den sie so schnell nicht mehr vergessen wird. Um Elektroautos langstreckentauglich zu machen, forschen Wissenschaftlerinnen und Wissenschaftler an einem E-Auto-Akku, bei dem Zucker für mehr Reichweite sorgen soll*. Von der Innovation hatte Lisa Brack auf ihrer langen Tour natürlich nichts – außer vielleicht wenigstens warme Gedanken. * kreiszeitung.de und 24hamburg.de sind Angebote von IPPEN.MEDIA.

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