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„Haben keinen Mangel“ – Energie-Experte warnt vor zu vielen Ladesäulen für E-Autos

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Von: Ulrike Hagen

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Es gibt zu wenige Ladesäulen für E-Autos? Nein, zu viele, wettert der Chef von Deutschlands größtem Ladesäulen-Betreiber, EnBW. Er warnt vor einer Überversorgung.

Karlsruhe – Gerade erst sorgte der Kurztrip einer Familie mit dem E-Auto für Aufsehen, da er die Beteiligten auf der Suche nach Ladesäulen an den Rand eines Nervenzusammenbruchs brachte. Ähnliche Erfahrungen machen viele Menschen, die sich ein E-Auto gekauft haben – und weit und breit keine Lademöglichkeit finden. Doch all diesen Meldungen zum Trotz warnt nun der Chef der Energie Baden-Württemberg AG, Frank Mastiaux, paradoxerweise vor einer Überversorgung von Ladesäulen in Deutschland.

Unternehmen:EnBW (Energie Baden-Württemberg)
Hauptsitz:Karlsruhe
CEO:Frank Mastiaux
Umsatz:19,7 Milliarden Euro
Anzahl der Beschäftigten:24.655

E-Auto: EnBW-Chef warnt vor zu vielen Ladesäulen in Deutschland

Der Zugang zu den hierzulande rund 50.000 öffentlichen Stromtankstellen gestaltet sich nicht selten kompliziert – und stundenlanges Warten an den Ladesäulen stellt für E-Autos nicht wirklich ein attraktives Mobilitätsangebot dar. Dennoch ist der Hype ungebrochen und wie in Niedersachsen gibt es trotz mieser Infrastruktur immer mehr E-Fahrzeuge. Eine Tatsache, die die Bundesregierung dazu bewegte, ein neues Gesetz auf den Weg zu bringen, das unter anderem eine Ladeinfrastruktur für E-Autos zur Pflicht macht, etwa auch in Gebäude mit größeren Parkplätzen.

Erklärtes Ziel der Ampel-Koalition aus SPD, Grünen und FDP: Ein deutschlandweites Netz für E-Autos mit insgesamt einer Million Ladepunkte. Viel zu viele, erklärt EnBW-Boss Mastiaux nun in einem Interview mit der „Frankfurter Allgemeinen Zeitung“.

Zwei EnBW-Ladesäulen.
EnBW-Chef Mastiaux warnt vor zu vielen Stromtankstellen für E-Autos in Deutschland. © Endre Dulic/EnBW

„Haben keinen Mangel an Ladesäulen“ – Energiekonzern-Chef kritisiert geplanten Ausbau des Netzes

Zur Kritik an der teils miserablen Infrastruktur der Lademöglichkeiten erklärt der CEO des größten Ladesäulen-Anbieters in Deutschland gegenüber der Tageszeitung: „Wir haben heute insgesamt keinen Mangel an Ladesäulen. Früher galt mal als Faustregel, dass man für zehn Fahrzeuge eine Ladesäule braucht. Heute haben wir sehr viel leistungsfähigere Hochgeschwindigkeits-Ladesäulen mit Gleichstromtechnik“, äußert Mastiaux und ergänzt: „Im Schnitt genügt deshalb inzwischen eine Ladesäule für 100 Autos, denn das Laden geht ungefähr zehnmal so schnell wie früher.“

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EnBW Chef kritisiert: Zu viele steuerlich geförderte Ladesäulen, die unrentabel laufen

Die Befürchtung des Energiekonzern-Bosses: dass zukünftig – subventioniert durch staatliche Fördergelder – zu viele Ladestationen eingerichtet werden, die am Ende unrentabel betrieben werden. „Wir müssen in der Tat im Blick behalten, dass nicht unnötigerweise zu viele Stromtankstellen gebaut werden, weil das die Amortisierung erschweren und am Ende den Markt bremsen würde“, so Mastiaux gegenüber der „FAZ“.

Kritik am Ausbau der Ladestationen für das E-Auto: „Brauchen nicht an jeder Ecke eine Stromtankstelle“

Die Berechnungen der Bundesregierung, so Mastiaux, beruhten auf „inzwischen veralteten Technologieannahmen“, wie er im Gespräch mit der Tageszeitung warnt. „Wir brauchen nicht an unbedingt jeder Ecke eine Stromtankstelle“, 130.000 bis 150.000 Schnelllade-Stationen reichten aus.

E-Mobilität: Undurchsichtige Preisgestaltung und überhöhte Preise sind „Kinderkrankheiten“

Auch der Kritik zum Tarifchaos an Ladestationen für E-Autos oder dem Einwand, dass teils völlig willkürlich der doppelte Strompreis an Ladestationen für E-Autos verlangt wird, hat Mastiaux etwas entgegenzusetzen.

„Ich wüsste nicht, wie wir es derzeit noch deutlich einfacher machen könnten“, erklärt der EnBW-Chef und fordert auf, „die Kirche im Dorf zu lassen“. An den mehr als 2000 EnBW-Schnellladepunkten gebe es nur zwei Tarife, einen für Vielfahrer und einen für wenig-Lader. Die E-Mobilität sei eine junge, innovative Branche, die Schwierigkeiten mit der Preisgestaltung seien „Kinderkrankheiten“: „Auch bei der E-Mobilität werden wir relativ schnell für den Kunden verbesserte Preismodelle sehen“, so Mastiaux.

Zu viele Ladesäulen für Elektroautos? Im Netz toben E-Auto-Fahrer: „Nur Mangel erzeugt hohe Preise!“

Die Äußerungen des Energiekonzern-Bosses stoßen im Netz auf regen Widerstand. „Nur Mangel erzeugt hohe Preise. Das weiß dieser Herr nur zu gut“, ärgert sich ein Leser auf Facebook. „Er braucht keine, weil es für ihn nicht rentabel ist. Die Leute mit Elektroautos brauchen sehr viele Ladestationen, am besten überall“, findet ein weiterer.

Andere jedoch reihen sich ein in die Vielzahl der E-Mobilität-Kritiker aus der Automobilbranche, die sich trotz des endgültig besiegelten Aus für Verbrenner mit der Absage des Verkehrsministers gegenüber E-Fuels wie BMW vehement gegen das Verbrenner-Aus stemmen, oder wie Pierer Mobility Chef wittern, E-Mobilität sei „von der Politik gepushter Schwachsinn“*: „Stimmt, die Ladestationen werden wir nicht brauchen, da E-Autos mit Akku eine Totgeburt sind, die spätestens in 10 bis 15 Jahren völlig unrentabel sein werden.“

E-Mobilität: Bis 2030 sollen bis zu 15 Millionen E-Autos auf Deutschlands Straßen fahren

Die Pläne der Bundesregierung sehen allerdings etwas anderes vor: Bis 2030 sollen 30-mal mehr, nämlich 15 Millionen Elektrofahrzeuge, auf den Straßen fahren. Doch EnBW-Chef Mastiaux gibt zu bedenken: „Niemand weiß heute, ob wir 2030 wirklich 15 Millionen E-Autos in Deutschland haben werden. Vielleicht sind es viel mehr, vielleicht weniger. Deshalb muss die Förderung dynamisch angepasst werden.“

Nicht zuletzt könnten allerdings ganz neue Technologien wie die eines deutschen Unternehmens, das den Wasserstoffmotor revolutioniert oder Wasserstoff-Motoren für Pick-Ups ab 2024 immer noch das frühzeitige Aus des E-Hypes besiegeln. Was sicher ebenso wenig im Sinne des Stromriesen EnBW wäre. * kreiszeitung.de und 24hamburg.de sind Angebote von IPPEN.MEDIA.

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