Anwalt warnt: Autofahrer sollten niemals ihren Führerschein dabei haben
Die Empfehlung eines Anwalts sorgt für Erstaunen – und Debatten: Trotz Pflicht sollen Autofahrer ihren Führerschein lieber nicht dabei haben.
Köln – Für Autofahrerinnen und Autofahrer spricht Anwalt Christian Klages auf TikTok eine klare Empfehlung aus: Der Führerschein solle lieber zu Hause bleiben – Pflicht hin oder her. Im Zweifel solle man es eben auf ein Bußgeld ankommen lassen. Denn das sei lange nicht so schlimm, wie die Konsequenzen, die einem angeblich unverschuldet blühen könnten. Der Rat, der so unglaublich klingt, wie die Tatsache, dass beim Freikratzen der Autoscheibe Bußgeld bis zu 5.000 Euro fällig werden kann*, bleibt auch dann überraschend, wenn ihn der Anwalt ausführt. Wirklich legal ist das ganze nämlich nicht – und stützt sich auf hauptsächlich auf Behauptungen.
Videoportal: | TikTok |
Erscheinungsjahr: | September 2016 |
Entwickler: | TikTok Pte. Ltd. |
Betriebssystem: | Android, iOS und plattformübergreifende Webanwendung |
Laut Anwalt: Autofahrer sollten nie ihren Führerschein bei sich haben
Auch wenn der Clip nicht so populär ist, wie die TikTok-Videos der „heißesten Aldi-Kassiererin aller Zeiten“* oder der Warnung, morgens direkt das Bett zu machen, schade der Gesundheit*, löst er große Resonanz im Netz aus: Anwalt Christian Klages ruft dazu auf, den Führerschein, bei dem sich 2022 einiges ändert, einfach zu Hause zu lassen. Dabei ist man als Autofahrer doch verpflichtet, einen Führerschein vorzeigen zu können, sobald man den Wagen besteigt. Was steckt also hinter dem kuriosen Rat?
Führerschein beim Fahren nicht dabei haben: Dann könne er auch nicht beschlagnahmt werden
Für Anwalt Klages ist alles ganz einfach: Wenn man keinen Führerschein dabei habe, könne er auch nicht beschlagnahmt werden. Das würde nämlich angeblich weit öfter passieren, als man denkt. Und: Wie der Anwalt anmerkt, geschehe eine Beschlagnahmung des Führerscheins nicht selten willkürlich – so die Grundthese des neuesten TikTok-Hits von Anwalt Christian Klages.
Zu Beginn des Videos heißt es gleich: „Warum sollte die Polizei deinen Führerschein beschlagnahmen, wenn du gar nichts gemacht hast?“ Die Antwort liefert er dann in seiner Ausführung selbst: Angeblich geschähe das häufig willkürlich oder aus einem unbegründeten Verdacht heraus.
Seiner Meinung nach könnten bereits „müde Augen“ die Polizei häufig darauf schließen lassen, man stünde unter Alkohol- und Drogenkonsum. Für die Polizei würde dieser Anfangsverdacht genügen – und der Führerschein könne demnach erstmal weg sein, obwohl man nicht rechtswidrig gehandelt habe.
Führerschein nie im Auto dabeihaben: Beschlagnahmung häufig schon bei Anfangsverdacht?
Für viele Autofahrerinnen und Autofahrer sei eine solche misstrauische Polizeikontrolle kein unbekanntes Szenario. Die Polizei könne sich mit der Aussage, dass man nur müde sei, nicht zufriedengeben – schon gar nicht, wenn man vorher „auffällig“ gefahren sei. Ein falsches Blinken oder ein zu schneller Spurwechsel könnte dann schon weitreichende Folgen haben: Die Polizei könnte einen Bluttest einfordern und wenig später den Führerschein einkassieren. So der medienstarke Anwalt.
Wie es im TikTok-Video heißt, müsse die Unschuld dann erst einmal bewiesen werden und so könne die Polizei problemlos auf die Anordnung des Labor-Bluttests bestehen. Wie Anwalt Klages darstellt, könne es bis zu drei Monaten dauern, ehe ein Ergebnis des Bluttesttests vorläge. Der beschlagnahmte Führerschein würde in dem Fall so lange in den Händen der Polizei bleiben. Besonders bitter, wenn man auf das Auto angewiesen ist. Urplötzlich könnten einem dann eine Vielzahl von Problemen und Hindernissen bevorstehen – obwohl man sich doch nichts zuschulden habe kommen lassen.
Lieber zehn Euro Bußgeld zahlen, als ständig die Gefahr zu haben, dass gleich dein Führerschein beschlagnahmt wird.

Lieber Bußgeld zahlen, als Führerschein beim Autofahren dabei zu haben: kurioser Rat von Anwalt
Die Schlussfolgerung des Anwalts: Lieber lebt man in der Gefahr, zehn Euro Bußgeld zahlen zu müssen, „als ständig die Gefahr zu haben, dass gleich dein Führerschein beschlagnahmt wird“. Das sorgt für Debatten und Widerspruch. Kann eine Beschlagnahmung des Führerscheins wirklich so willkürlich und einfach erfolgen? Und kann man sich als Autofahrer dann nicht mit legalen Rechtsmitteln dagegen wehren, wenn man sich tatsächlich nichts zuschulden hat kommen lassen. Das impliziert Anwalt Klages ja zumindest indirekt.
Wann darf der Führerschein tatsächlich beschlagnahmt werden? Das sagt das Gesetz
Um die Frage beantworten zu können, genügt bereits ein flüchtiger Blick ins Strafgesetzbuch. Wie juraforum.de unter Berufung des Paragrafen 69, Absatz 1 schreibt, könne die Fahrerlaubnis nur dann entzogen werden, „wenn sich aus der Tat ergibt“, dass die beschuldigte Person „zum Führen von Kraftfahrzeugen ungeeignet ist“. Wie Absatz 2 des Paragrafen offenlegt, könnte hier eine „Gefährdung des Straßenverkehrs“ oder „Trunkenheit im Verkehr“ vorliegen. Ein bloßer Anfangsverdacht genügt hier also sicher nicht, um den Führerschein einzuziehen.
Was Christian Klages Empfehlung außerdem vernachlässigt, ergibt sich aus § 98 (2) StPO: Die angeklagte Person kann problemlos Widerspruch einlegen. Liegt tatsächlich keine Straftat vor, so gibts den Führerschein wenig später wieder zurück. Auch wenn der Rat des Anwalts wohl viele erstmal begeistert: Einen Führerschein sollte man bei der Autofahrt dann doch dabei haben. *kreiszeitung.de und 24hamburg.de sind Angebote von IPPEN.MEDIA.
(Transparenzhinweis: In einer früheren Version dieses Artikels ist möglicherweise nicht ausreichend deutlich geworden, dass sich Empfehlung und Ausführungen des zitierten Anwaltes auf nicht belegte Behauptungen beziehen. Der Text ist daher am 25. Januar 2022 kritisch überarbeitet worden, ein kurzer Einblick auf die Gesetzeslage wurde hinzugefügt.)