Mickelat macht‘s möglich - Rotenburger SV feiert ersten Oberliga-Sieg

Rotenburg – Tim Ebersbach hatte keine Premiere vergessen und zählte sie alle auf: Den ersten Saisontreffer des 39-jährigen Björn Mickelat, das erste Oberliga-Tor von Arthur Bossert, genauso wie das von Jan Friesen – vor allem aber den ersten Dreier seiner Fußballer des Rotenburger SV seit dem Aufstieg. Nach zuletzt drei Punktspielen ohne eigenen Treffer gelang dieser am siebten Spieltag vor 130 Zuschauern im Ahe-Stadion mit einem 3:1 (3:1) gegen den ambitionierten TuS Bersenbrück. Damit setzten sich die Wümmestädter mit ihren nunmehr sechs Zählern auch etwas vom Tabellenkeller ab.
Die Nachspielzeit lief bereits. Arthur Bossert, kurz zuvor ausgewechselt, lehnte an der Bande direkt neben der Auswechselbank und dachte immer noch an den verschossenen Strafstoß aus der 53. Minute: „Wer hat Marcello erlaubt, Elfmeter zu schießen? Das möchte ich mal gerne wissen“, bemerkte er. Auch Tim Ebersbach vermochte die Frage nicht umfänglich zu beantworten. „Unsere Schützen sind eigentlich Björn Mickelat und Stefan Denker.“ Doch während Mickelat zum Zeitpunkt des Fouls von Keeper Nils Böhmann an Bossert bereits angeschlagen auf der Bank saß, hatte der Kapitän zuletzt im Pokalspiel gegen den FC Hagen/Uthlede verschossen. „Die Jungs sollten es deshalb selbst entscheiden.“ So schnappte sich der Brasilianer Marcello Muniz den Ball, scheiterte mit seinem schwachen Schuss aber an Böhmann und verpasste die Vorentscheidung. „Halbhoch ist ein No-go – aber geal“, wusste auch der Coach, dass es am Ende nur eine Randnotiz war, weil Bersenbrück nicht mehr die Durchschlagskraft entwickelte, um es noch wirklich spannend zu machen.
So blieb nach dem Spiel vor allem der Eindruck einer ganz starken Offensivleistung des RSV in der ersten Halbzeit hängen. „Endlich haben wir die Durchschlagskraft, die uns zuletzt gefehlt hat. Wir haben aber auch brutal gut gegen den Ball gearbeitet“, stellte Ebersbach fest. Der überragende Mickelat spielte immer wieder gefährliche Pässe in die Schnittstelle und erzielte selbst nach einem Ballgewinn von Muniz gegen Mark Flottemesch das frühe 1:0 (9.).
Über die rechte Seite stürzte Jan Friesen wiederum mit seinem Tempo die Gäste aus dem Landkreis Osnabrück von einer Verlegenheit in die nächste und bereitete so auch das 2:0 von Bossert – sehenswert mit der rechten Hacke erzielt! – vor (18.). Zudem traf der Youngster noch vor der Pause selbst per Kopf nach einer perfekten Flanke von Denker (39.).

Apropos Denker. „Er war über das ganze Spiel gesehen unser bester Mann – er hat ganz viele Löcher gestopft“, meinte Ebersbach. Und Mickelat stimmte ihm zu: „Er führt das Team, er geht voran. Nicht mit Lautstärke, aber in der Zweikampfstärke, und im sauberen Passspiel zeigt sich seine Größe.“

Nicht so sattelfest wirkte im ersten Durchgang Rotenburgs Defensive. Vor allem über außen kam Bersenbrück immer wieder zu gefährlichen Szenen. RSV-Keeper Fabiano Curia hatte bereits in der fünften Minute den Rückstand mit einer Glanztat gegen Markus Lührmann verhindert, war aber beim 1:2 durch Patrick Greten machtlos, weil Lucas Chwolka zu weit weg stand (19.).
In der zweiten Hälfte nahmen beide Trainer diverse Umstellungen vor. Ebersbach stellte vom 4-4-2-System auf die 4-5-1-Variante um, zog Lucas Chwolka als Sechser vor und dafür Muniz auf dessen rechte Abwehrseite zurück. „Ich wollte das Zentrum stark machen, mir war das Risiko zu groß“, begründete er den Schritt. Auch sein Gegenüber Björn Joppe rotierte fleißig und brachte den offensiv ausgerichteten und höherklassig erfahrenen argentinischen Weltenbummler Santiago Aloi (unter anderem Chemnitzer FC, FC Watford, River Plate) als Abwehrspieler.
Der RSV hielt derweil an seinem „Freiburger Modell“ fest, wie Ebersbach die Spielweise mit der hohen „Laufbereitschaft“ umschreibt. „Und jetzt haben sich die Jungs auch für den Aufwand in den letzten Wochen belohnt.“ Gleichzeitig warnte der Coach aber: „Wir müssen demütig bleiben.“ Zumal die Aufgabe am nächsten Sonntag ungleich schwerer wird – es geht zum Tabellenführer SC Spelle-Venhaus.
Von Matthias Freese