Christian Greve: „Das Team ist näher zusammengerückt“

Nach einem verunglückten Start sieht Christian Greve einen deutlichen Entwicklungsschritt seiner Basketballerinnen, weshalb er die Top Vier anpeilt.
Scheeßel – Die Hinrunde ist absolviert. In der Liga läuft es mittlerweile bei den Avides Hurricanes. Platz vier – damit belegen die Zweitliga-Basketballerinnen einen der Play-off-Ränge. Danach sah es nach den ersten Wochen noch nicht aus. Trainer Christian Greve spricht über genau diese Phase, ordnet die ersten elf Partien ein und lobt die Entwicklung seiner Spielerinnen.
Im letzten Spiel des Jahres sind Sie im DBBL-Pokal gegen Erstligist Keltern ausgeschieden. Trauern Sie dem Wettbewerb hinterher oder war die Niederlage schnell abgehakt?
Das war schon in der Kabine danach abgehakt. Die Ambitionen, die wir da hatten, waren gering. Da hätte alles zusammen laufen müssen, positiv für uns gesehen, dass wir da hätten bestehen können. Es ist mit das Top-Team der ersten Liga. Da wäre es vermessen gewesen zu sagen, da gehen wir mit einer realistischen Chance rein. Schon bei der Auslosung war uns klar, wie es um uns bestellt ist. Wir haben uns achtbar geschlagen, weil wir ein Viertel gewonnen haben und Keltern zu einer Auszeit gezwungen haben.
Gab es vor der Saison eine Zielsetzung für diesen Wettbewerb?
Nein. Die gibt es schon seit Jahren nicht mehr. Wir sind Zweitligist und es kann immer genau das passieren, was jetzt passiert ist: Man trifft auf einen Erstligisten, die deutlich ambitionierter in dem Wettbewerb sind als wir. Durch die Terminierung der ersten Pokalrunde am Saisonstart nutzen wir die Spiele immer, um reinzukommen. Oft haben wir auch dort schon einen Erstligisten und dann haben wir ein zusätzliches Testspiel gegen einen sehr guten Gegner unter Wettkampfbedingungen.
In der Liga belegen Sie den vierten Platz. Sind Sie damit voll im Soll?
Ja, ich denke schon. Nach den anfänglichen Schwierigkeiten, wo wir auch nicht gut gespielt haben und Punkte liegenlassen haben, sind wir besser reingekommen. Bedingt dadurch, dass wir einige Ausfälle hatten, ist das Team noch mal etwas näher zusammengerückt und so konnten wir noch ein paar positive Ergebnisse einfahren.
Mit zwei Niederlagen sind Sie in die Saison gestartet. Dann gab es den deutlichen Sieg gegen Braunschweig. Hat das Spiel bereits die Wende gebracht?
Nein. Ich weiß gar nicht, ob es ein Spiel gab, das die Wende gebracht hat. Das Spiel gegen Braunschweig kam uns zu Gute, weil die auch personell stark geschwächt gegen uns angetreten sind und wir durch die beiden Niederlagen zuvor ein positives Ergebnis erzielen wollten. Entsprechend sind wir motiviert ins Spiel gegangen. Es gibt auch das Spiel gegen Bochum, was wir in der Verlängerung gewonnen haben mit einer sehr dünnen Besetzung. Das hat uns gezeigt, dass wir in der Lage sind, alle zu schlagen. Aber das müssen wir jetzt auch erst mal noch bestätigen. Dann haben wir noch ein Spiel gegen Opladen am grünen Tisch gewonnen. Die ersten beiden Niederlagen sind auch verschieden zu betrachten. Chemnitz ist aktuell Zweiter und macht das beständig gut. In Neuss war es eine der Niederlagen, die man nicht haben muss. Herne hat uns später mit allen, die da auch erste Liga spielen können, den Schneid abgekauft und wir waren nicht ready dafür. Bad Homburg war sicherlich eines unserer schwächeren Spiele – zu verkopft. Danach haben wir in Marburg besser reingefunden. Unabhängig davon, dass sich Pia (Mankertz, Anm. d. Red.) früh verletzt hat, hat man da schon gemerkt, dass wir uns ein bisschen mehr so zusammengefunden haben, dass klarer wurde, wer was und wie zu tun hat, damit alles besser ineinandergreift. Da sind wir jetzt auf einem guten Weg. Das ist alles ein Prozess. Die, die jetzt zurückkehren, müssen wir natürlich integrieren. Es gab also nicht das Spiel, das der Turning-Point war.
Die letzten vier Ligaspiele haben Sie alle gewonnen – unter anderem gegen die Spitzenteams aus Bochum und Göttingen. Kann das jetzt Auftrieb für die Restsaison geben?
Wir nehmen die Ergebnisse mit. Das zeigt, dass wir in der Lage sind, diese Teams zu spielen. Mein Eindruck von der Saison bisher ist, dass es sicherlich Teams gibt, die uns vom Personal und der Spielweise eher liegen, aber auch welche, die für uns unangenehm zu spielen sind. Gerade Bochum ist eins, das uns liegt, weil es personell so aufgestellt ist wie wir. Im Spiel danach gegen Göttingen haben wir es mit etwas mehr Erfahrung regeln können. Unser Vorteil ist, dass wir das jetzt im neuen Jahr im Rückspiel gleich bestätigen können, ob das gerechtfertigt war.
Sind das auch die Punkte, die Ihr Team im Vergleich zum Start besser macht?
Das ist genau der Hauptpunkt, die Art und Weise sich zusammenzufinden. Ich ändere jedes Jahr so ein bisschen die Art des Spiels. Das hängt immer vom Personal ab. Es geht darum, neue Impulse und Reize zu setzen und etwas anders zu machen, damit man nicht in einen Routinetrott kommt. So bin ich auch als Trainer nicht ausrechenbar. Das führt am Anfang der Saison etwas dazu, dass sich alle erst mal finden müssen, auch in den Optionen, die sie haben, in der Offense und der Defense. Da war es schon so, dass nach links und rechts geschaut wurde, was musst du jetzt machen und was musst du jetzt machen. Mittlerweile ist es mehr ein Miteinander. Das Team hat das Große und Ganze verstanden. Und es sind natürlich auch Entwicklungsschritte zu erkennen bei den Spielerinnen.
Wo hapert es noch?
Defensiv ist es manchmal noch nicht klar. Es ist auch das, was am Ende diesen Sport ausmacht, dass man gerade defensiv immer neue Probleme gestellt bekommt, je nachdem, was der Gegner offensiv kann. Es ist eine Sportart, die nie 0:0 ausgeht. Von daher muss man immer darauf gefasst sein, dass der Gegner in der Lage ist, Punkte zu erzielen. Und in der Verteidigung geht es dann darum, es dem Gegenüber schwer zu machen, Fehlwürfe zu forcieren, um dann die Bälle einzusammeln. Da sind wir auch entsprechend stark, weil wir gute Rebounder haben. In dieser Abstimmung wird es aber immer noch wieder Probleme geben, bis wir auch jedes Team gespielt haben und dann gewisse Muster erkennen.
Ihr Team hatte viel mit Verletzungen zu kämpfen. In der Abwesenheit von Spielerinnen wie Pia Mankertz sind andere in die Verantwortung gerutscht. Eine davon ist Anna Suckstorff. Wie füllt sie diese Position bisher aus?
Hervorragend! Mir war das klar, dadurch, dass ich sie schon ein Jahr kannte, bevor sie wieder ein Jahr in Wedel gespielt hat. Damals war unser Vorteil, dass sie durch die Pandemie und den Lockdown mehr bei uns gespielt hat als in Wedel. Daher weiß ich um ihre Qualitäten. Sie ist sehr gut coachbar, führt den Dialog und spricht Probleme direkt an. Sie hat es jetzt in der Zeit, in der sie ohne ihre Wechselpartner Pia und Melda (Tölle, Anm. d. Red.) war, hervorragend gemacht. Die Spiele waren alle erfolgreich. Das zeigt dann auch, dass das Team das gut mitgetragen hat, aber sie hat natürlich auch eine hohe Verantwortung gehabt.
Auch Shannon Ryan und Ay‘Anna Bey stechen immer wieder heraus. Wie bewerten Sie die Leistung der beiden Profis?
Bei Shannon spiegelt es sich natürlich auch in ihren Zahlen wider. Aber auch was Offcourt und im Training mit ihr passiert: Die Mentalität, die sie mit reinbringt, ist natürlich schon ein Gewinn. Ay‘Anna ist eher die ruhige Person und für sie ist es die erste Profistation nach dem College. Sie hat auch noch ganz viel Potenzial. Das Einzige, was bei mir bei Ay‘Anna negativ hängt, ist, dass sie sich noch nicht so viel traut. Natürlich will sie auch nicht so viel falsch machen. Ich traue ihr aber wahrscheinlich mehr zu, als sie sich selbst zutraut. Das ist jetzt die Arbeit, das herauszukitzeln. Ich würde bei ihr vielleicht zwei, drei Fehler mehr in Kauf nehmen, wenn sie sich mehr traut. Aber auch auf sie, gerade in der personell eng besetzten Situation, ist 100 Prozent Verlass. Gerade defensiv ist Ay´Anna präsent und ist da sehr, sehr wertvoll.
Wie sehen Sie die Entwicklung der Jungen?
Auch sehr gut. Bei Cici (Cecilia Bötjer, Anm. d. Red.) war es jetzt ein bewusster Schritt. Sie hat letzte Saison schon mittrainiert und muss jetzt noch etwas reinwachsen, was die gesamte Mentalität angeht. Manchmal ist sie ein bisschen zu lässig im Training. Allerdings ist sie ein Wettkampftyp und im Spiel immer sofort präsent. Sie macht manchmal noch Fehler, bei denen Mitspielerinnen sagen: „Das muss jetzt nicht sein. Das war zu riskant.“ Aber bei mir ist es so, dass man nur durch solche Sachen besser werden kann und das muss man auch mal tolerieren. Bei Anna und Anna-Lena (Gerken und Skeib, Anm. d. Red.) war es am Ende auch glücklich, dass sie noch mit reingenommen wurden, weil wir sie in den Phasen, in denen wir noch mehr Verletzte hatten, sowieso brauchten. Bei Anna muss man sagen, dass sie noch sehr jung ist und sich hervorragend entwickelt. Da wird es auch mal Phasen geben, in denen es nicht so läuft. Bisher ist es ein sehr stetiger Prozess vorwärts. Rein spielerisch ist sie sehr mutig und traut sich mit 15 Jahren schon viel zu. Anna-Lena war durch ihre Ausbildung etwas eingebundener, aber auch für sie war es der richtige Schritt, jetzt in der 2. Bundesliga mitzumachen. Auch sie ist manchmal zu zurückhaltend. Aber sie macht wenig Fehler und wird ihre Entwicklung machen.
Was spricht dafür, dass Sie auch am Ende unter den ersten vier Teams sind?
Wenn wir besser als der Fünfte sind. Gut wäre immer, wenn man sagt, kein Team hat uns zweimal geschlagen. Wenn man nüchtern an eine Saison rangeht, ohne, dass man Erster werden will und aufsteigen will, dann ist das immer ein gutes Ziel. Das haben wir auf jeden Fall gut zu machen. Dann möchte man natürlich nicht gegen jemanden verlieren, gegen den man schon gewonnen hat. Die Marschroute ist im Grunde genommen klar, aber wenn wir weiter so spielen wie zuletzt, dann sieht es gut aus, dass wir auch unter den ersten Vier bleiben können.