Ein Spiel sieht rot

Um Fußball geht es beim 1:1 zwischen Rehden und Werder II in der Regionalliga nur am Rande. Nach einer Roten Karte geht es eine Stunde lang ziemlich wild zu. Rehden fühlt sich verpfiffen.
Rehden – Ab der 85. Minute prägte Andreas Golombek einen neuen Begriff. „Rückzug!“, hallte es dauernd durch die Waldsportstätten. Diesen militärischen Terminus wählte Rehdens Trainer sicher unbewusst, passte aber perfekt. Um Fußball ging es schon lange nicht mehr in dieser Regionalliga-Partie zwischen dem BSV Rehden und dem SV Werder Bremen II. Es war ein Hauen und Stechen, Gemecker hier, Beschimpfungen dort.
Und Rehden, längst zu zehnt, wollte mit aller Macht das 1:0 ins Ziel retten. Deshalb: Rückzug! Das Bollwerk hielt. Bis zur sechsten Minute der Nachspielzeit, als Rehdens Daniel Haritonov am linken Strafraumeck zu ungeschickt in einen Zweikampf mit Malik Memisevic ging. Der Bremer fiel, Schiedsrichter Jannik Weinkauf zeigte auf den Punkt, Justin Njinmah verwandelte den Elfmeter, Weinkauf pfiff gar nicht mehr an – 1:1.
Mit der Roten Karte gegen Popovic beginnt das Theater
Nach Schlusspfiff belagerten Rehdens Spieler und Trainerteam das Schiedsrichtergespann, schimpften – und haderten mit den vorherigen 102 Minuten (inklusive Nachspielzeiten). „Wenn ich als Trainer Fehler mache, verliere ich irgendwann meinen Job“, sagte Golombek und wetterte Richtung Referees: „Und die kommen immer mit allem durch, was sie veranstalten.“
Das Theater hatte in der 36. Minute seinen ersten Akt: Für sein hartes Einsteigen gegen Jascha Brandt 25 Meter vor dem eigenen Tor bekam Julijan Popovic die Rote Karte. Eine durchaus harte Entscheidung. „Natürlich war es ein Foul“, sagte Golombek: „Aber es war sein erstes – und auch kein brutales. Er kommt in der Szene einfach etwas zu spät gegen Brand.“ Direkt nach dem Foul war es zu Rudelbildungen mit Schubsereien gekommen – und die Gemüter sollten sich fortan nicht mehr beruhigen. „Die Rote Karte war auch für uns ein Knackpunkt“, analysierte Werder-Trainer Konrad Fünfstück, dessen Mannschaft in der dritten Minute durch ein Kopfballtor von Jan Roschlaub nach einem Eckball in Rückstand geraten war. Nach dem Platzverweis sei nur noch „Leidenschaft und Herzblut“ im Spiel gewesen: „Und Rehden hat das Tor vernagelt.“
„Man fühlt sich schon verarscht“
Der nächste Aufreger folgte sogleich: Abseits des Spielgeschehens bekam Rehdens Alexander Nandzik einen heftigen Check eines Bremers mit, blieb zunächst liegen, kämpfte sich dann irgendwie in die Halbzeitpause. Der benommene Nandzik verließ den Rasen von zwei Rehdenern gestützt, dann ging es ins Krankenhaus nach Damme – erste Diagnose: Gehirnerschütterung. „Den Bodycheck sieht er nicht. Aber wenn ich mal einen Zentimeter die Coaching-Zone verlasse, gibt es direkt Ärger“, sagte Golombek in Richtung des Schiedsrichters.
Die zehn Rehdener warfen sich in Halbzeit zwei weiter in jeden Zweikampf, bei Ballgewinn versuchten sie, vereinzelte Konter zu setzen. Und einer davon hätte die Entscheidung bringen können. Nach Doppelpass mit Kamer Krasniqi stand Bocar Djumo frei vor Werder-Keeper Luca Plogmann, schoss aber rechts vorbei. Werder hatte zwar deutlich mehr vom Spiel, absolute Hochkaräter blieben aber aus, ehe es in der sechsten Minute der Nachspielzeit zur besagten Elfmeterszene kam. Wohlgemerkt in der sechsten Minute. Angezeigt waren fünf Minuten gewesen. „Man fühlt sich gerade schon verarscht“, gab der mal wieder starke Krasniqi zu Protokoll: „Wir haben gekämpft bis zum Umfallen. Und jetzt sind wir einfach nur tot.“
Spieler des Spiels: Kamer Krasniqi
Immer anspielbar, immer präsent. Extrem ballsicher, mit geschickten Balleroberungen im Mittelfeld. Allein, wie er sich nach Anspielen aufdreht und das ganze Spielgeschehen vor sich hat, ist eine Augenweide.