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„Jack-in-the-Box“-Effekt: Darum verliert Putin im Ukraine-Krieg so viele Panzer

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Von: Hannes Niemeyer

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Ein typisches Bild im Ukraine-Krieg: Ein „kopfloser“ Panzer aus Putins Armee.
Ein typisches Bild im Ukraine-Krieg: Ein „kopfloser“ Panzer aus Putins Armee. © Efrem Lukatsky / dpa

Im Ukraine-Krieg verliert die russische Armee etliche schwere Waffen. Schuld ist der „Jack-in-the-Box“-Effekt, der dem Westen seit Jahren bekannt ist.

Kiew - Der Ukraine-Krieg tobt unerbittlich weiter, auch wenn die Angriffe der Armee von Wladimir Putin sich mittlerweile auf den Osten des Landes, speziell den Donbass, konzentrieren. Mittelpunkt im Geschehen rund um das schreckliche Leid in Europa sind die Waffen, die auf beiden Seiten eingesetzt werden. Die einheits- und rüstungsmäßig den Russen eigentlich klar unterlegenen ukrainischen Truppen erhalten allerdings massive Unterstützung aus dem Ausland.

Ukraine-Krieg: Bundestag stimmt Lieferung von schweren Waffen an die Ukraine zu

Unter anderem auch aus Deutschland. Nach langem Zögern gab die Bundesregierung nun doch die Lieferungen von schweren Waffen an die Ukraine frei, der Bundestag stimmte bereits zu. Konkret geht es dabei um Panzer vom Typ „Gepard“, die vorrangig für die Luftabwehr vorgesehen sind. Als besonders effizient gelten sie bei der Abwehr von niedrig fliegenden feindlichen Objekten wie Kampfhubschraubern oder Kampfjets. Dazu sind derartig schwere Waffen mit großer Feuerkraft aber auch effektiv gegen andere Ziele, können auch etwa feindliche Panzer schwer beschädigen. Und genau in diesem Bereich scheinen die Russen arge Verluste zu verzeichnen.

Panzer im Ukraine-Krieg: Der „Jack-in-the-Box“-Effekt wird den Russen zum Verhängnis

Laut dem US-Verteidigungsministerium verfügt die Ukraine mittlerweile angeblich über mehr schwere Waffen im Krieg, als die Truppen von Kreml-Despot Putin. Zum einen liegt das an den Waffenlieferungen der westlichen Länder. Zum anderen aber auch daran, dass es die Armee von Wolodymyr Selenskyj immer wieder schafft, etliche russische Panzer völlig zu zerstören. Laut US-Infos sollen die Russen bereits mehr als 300 Panzer verloren haben, mehr als 250 sollen stark beschädigt worden sein. Andere Berichte sprechen bereits von knapp 1000 zerstörten schweren Kriegsmaschinen. Gelingen kann das auch durch den sogenannten „Jack-in-the-Box“-Effekt, der dem Westen bereits seit etlichen Jahren bekannt ist.

Die Bilder sind aus dem Krieg durchaus geläufig: Ein zerstörter Panzer, neben dem der obere Teil des Gefährts samt abgesprengtem Kanonenrohr liegt. Dass die vermeintlich gut gerüsteten Gefährte so anfällig für eine derartig drastische Zerstörung sind, liegt vor allem an ihrem Aufbau. Problematisch ist besonders die Aufbewahrung der Munition in den Kampfmaschinen. Anders als moderne, westliche Panzer tragen die russischen Modelle nämlich auch Granaten in ihren Türmen. Und diese können zur zerstörerischen Gefahr werden.

Zerstörte russische Panzer im Ukraine-Krieg: „Wenn du nicht in einer Sekunde rauskommst, wirst du getoasted“

Denn bereits ein indirekter Einschlag kann reichen, um eine tödliche Kettenreaktion auszulösen. Kleine Erschütterungen können theoretisch bereits dafür sorgen, dass bis zu 40 Granaten im Inneren des Panzers explodieren. Laut US-Informationen soll eine derartige Druckwelle so stark sein, dass der obere Aufsatz der Panzer in eine Höhe vergleichbar mit einem zweistöckigen Gebäude geschleudert wird. Bekannt ist dieses Vorkommen als „Jack-in-the-Box“-Effekt, benannt nach einem bekannten Kinderspielzeug, bei dem einem beim Öffnen einer Kiste eine Puppe entgegenspringt.

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Als klaren „Konstruktionsfehler“ bezeichnet daher Sam Bendett, Berater für Russian Studies am Center for a New American Security in Washington D.C, diese Aufmachung gegenüber CNN. Für die meist dreiköpfige Besatzung des Panzers gibt es bei derartigen Treffern kaum Überlebenschancen. Nicholas Drummond, ehemaliger Offizier der britischen Armee, findet bei CNN drastischere Worte: „Wenn du nicht in der ersten Sekunde da rauskommst, wirst du getoasted“.

Russland-Panzer durch „Jack-in-the-Box“-Effekt zerstört - das Problem ist eigentlich längst bekannt

Ungewöhnlich daran: Das unverkennbar große Problem ist den Russen eigentlich lange bekannt. Westliche Militäreinheiten stellten die Konstruktionsschwäche bereits 1991 und 2003 in den Golf-Kriegen fest, in denen die irakische Armee etliche in Russland produzierte Panzer auf ähnliche Weise verlor. Damals wurde noch der T-72-Panzer eingesetzt. Die Probleme tauchen allerdings auch bei den Nachfolger-Modellen, wie beispielsweise dem T-80 oder dem BMD-4, auf – beide werden auch im Ukraine-Krieg eingesetzt.

Laut Ex-Offizier Drummond hätte Russland offensichtlich nichts aus den Erfahrungen des Golf-Krieges gelernt – ganz im Gegensatz zum Westen. Und die angekündigten Lieferungen schwerer Waffen im Krieg in der Ukraine aus dem Westen, unter anderem ja auch aus Deutschland, dürften der Armee vor Ort im Kampf gegen die russischen Panzer nur neue Vorteile dabei bringen, den „Jack-in-the-Box“-Effekt weiter auszunutzen. Derweil rückt eine weitere Region in den Fokus des Krieges: Transnistrien, eine abtrünnige Region der Republik Moldau.

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