Wie viel SPD steckt wirklich in Kanzlerkandidat Olaf Scholz?
Die SPD will wieder mehr Wähler aus der Mitte erreichen. Dafür setzen sie auf Kanzlerkandidat Olaf Scholz. Aber wie viel SPD steckt wirklich in ihm?
Berlin – Solidarität ist spätestens seit der Coronavirus-Pandemie wieder modern. SPD-Kanzlerkandidat Olaf Scholz hat sich diesem Grundsatz bereits Zeit seines politischen Wirkens verschrieben. Es ist eine Linie, die sich durch sein Handeln zieht – und somit auch seine politische Agenda im Wahlkampf für die Bundestagswahl 2021 prägt.
Name: | Olaf Scholz |
Geboren: | 14. Juni 1958 |
Partei: | SPD |
Bundesland: | Berlin |
Amt: | Vizekanzler und Bundesminister für Finanzen |
Anders, als frühere SPD-Kandidaten wie Martin Schulz oder Altkanzler Gerhard Schröder, gilt Olaf Scholz bei vielen seiner Parteimitgliedern als der Inbegriff der SPD. Einen wichtigen Unterstützer findet Scholz etwa in Niedersachsens Ministerpräsident Stephan Weil (SPD). Sein erstes Statement zur Kandidatur von Scholz lautete etwa: „Zu Recht trauen ihm viele Menschen in Deutschland die Nachfolge von Angela Merkel zu.“
Olaf Scholz und die Kernpunkte der SPD
Aber wie viel SPD steckt wirklich im Kanzlerkandidaten der Partei? Als Bundesfinanzminister und Vizekanzler hat er bereits jetzt die Macht, einiges im Land zu bewegen. Dabei verlässt sich der ehemalige Bürgermeister von Hamburg immer wieder vor allem auf Zahlen und Fakten, statt auf sein Bauchgefühl. Scholz steht für eine pragmatische Politik, mit dem Ziel, allen Menschen Sicherheit und materiellen Wohlstand zu ermöglichen.
Im Grunde sind das auch Kernpunkte seiner Partei. Die Kernkompetenz der Sozialdemokraten war es schon immer, eine Politik für den „kleinen Mann – und die kleine Frau“ zu machen und gegen soziale Missstände zu kämpfen. Und obwohl Scholz in seinem politischen Elfenbeinschloss nicht weiß, wie viel Benzin kostet, setzt er sich mit seinem Wahlprogramm für Geringverdiener ein. So spricht er sich etwa für Steuererhöhungen für Menschen aus, die so viel Geld verdienen wie er. Das sind schätzungsweise 200.000 Euro Brutto im Jahr.
Die SPD will auch in diesem Jahr genau die Wähler erreichen, die sich Mühe geben und ihnen Anerkennung und eine bessere Bezahlung ermöglichen. Und das passt ins Parteikonzept: Auf ihrer Webseite gibt die SPD drei Grundwerte an: Erstens: Freiheit, also die Möglichkeit, selbstbestimmt zu leben. Zweitens: Gleichheit beziehungsweise Gerechtigkeit, also gleiche Lebenschancen unabhängig von Herkunft und Sozialisation. Drittens: Brüderlichkeit im Sinne von Solidarität, also die Bereitschaft, sich gegenseitig zu helfen.
Bundestagswahl 2021: Was Olaf Scholz vom linken Flügel der SPD unterscheidet
Wie das Ganze allerdings umgesetzt wird, darüber ist man sich parteiintern manchmal nicht so ganz einig, so scheint es. Es ist zumindest auf den ersten Blick auffällig, dass die SPD-Vorsitzenden Saskia Esken und Norbert-Walter-Borjans sich im Bundestagswahlkampf zurückhalten, während Scholz aktiv mit seinen Plänen in die Öffentlichkeit geht. Das mag vor allem daran liegen, dass die Parteichefs beide zum linken Flügel der Partei gehören, während der Vizekanzler einen eher konservativen Stil pflegt.

Parteienforscher Jürgen Falter von der Universität Mainz sagte in einem Interview kürzlich dazu: „Olaf Scholz so in den Vordergrund zu stellen hat ja auch etwas mit der Absicht zu tun, bürgerliche Wähler beziehungsweise Wähler der Mitte zu gewinnen.“ Scholz ist zwar wahrlich keiner, der durch Emotionen und Leidenschaft überzeugt, aber er punktet immer wieder mit pragmatischen Argumenten.
SPD: Warum nicht alle Punkte im Wahlprogramm zum Kandidaten passen
Wer die politische Laufbahn des Wahl-Hamburgers verfolgt, dem fällt dabei allerdings schnell auf, dass so mancher Punkt im aktuellen Wahlprogramm der SPD eigentlich nicht zu der Vergangenheit des 63-Jährigen passt. So war er zum Beispiel jahrelang einer der beharrlichsten Verfechter der schwarzen Null im Bundeshaushalt, während die SPD nun einen ausgeglichenen Haushalt ohne neue Kredite ablehnt.
Als Generalsekretär von Altkanzler Gerhard Schröder hat er zudem Hartz IV mit auf den Weg gebracht und es die darauffolgenden Jahre als Bundesarbeitsminister stets verteidigt. Jetzt setzt Scholz plötzlich auf ein alternatives Bürgergeld. Als Bundesfinanzminister hat Scholz zudem steigende Verteidigungsausgaben lange mitgetragen – jetzt setzt er sich für eine Abkehr von der Zwei-Prozent-Regel der Nato ein.
In welchen Bereichen Olaf Scholz authentisch bleibt
Klar, Menschen verändern sich, Parteien strukturieren sich neu und Wahlprogramme richten sich danach, was die Gesellschaft gerade braucht. Wer Bundeskanzler werden möchte, der braucht dafür zwar nicht unbedingt mitreißendes Charisma – aber zumindest eine ausgeprägte Glaubwürdigkeit. Die hat Olaf Scholz vielleicht nicht in jedem Bereich bewiesen.
Aber in manchen Themen kann man sich trotzdem auf den Vizekanzler verlassen: Er setzt sich bereits seit seiner Zeit als Hamburgs Bürgermeister für den Ausbau von Sozialwohnungen ein, für einen großflächigen und barrierearmen Zugang zu Bildung und Pflege sowie für eine sichere Rente in Deutschland. Und das ist schonmal typisch SPD. *kreiszeitung.de und 24hamburg.de sind ein Angebot von IPPEN.MEDIA.