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„Man will meine Stimme ausschalten“: Ex-Papst Benedikt klagt an

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Von: Florian Naumann

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Ex-Papst Benedikt erhebt in einer neuen Biografie schwere Vorwürfe. Er mische sich nicht in öffentliche Debatten ein, betont er - und äußert zugleich neue höchst brisante Ansichten.

München/Vatikanstadt - Es sind heftige Vorwürfe, zudem in dramatischem Tonfall, die aus der Vatikanstadt zu vernehmen sind: Joseph Ratzinger, der emeritierte Papst Benedikt XVI., hat eine neue Biografie über seine Person genutzt, um seine Kritiker zurechtzuweisen - er äußerte den Eindruck, es werde „Stimmungsmache“ gegen ihn betrieben.

Zugleich prangert Ratzinger eine seiner Ansicht nach sehr generelle gesellschaftliche Fehlentwicklung an - und spricht gar von einer angesichts dessen „nur allzu natürlichen Furcht vor der geistigen Macht des Anti-Christen“. Brisanter Weise tätigte er diese Aussage offenbar mit Blick auf einen gesamtgesellschaftlichen Konsens etwa in Sachen gleichgeschlechtlicher Ehen. Heftige Kritik dürfte folgen.

Ex-Papst Benedikt: „Dass man einfach meine Stimme ausschalten will ...“

Ein Ex-Papst, der zum Schweigen gebracht werden soll? In den Worten des gebürtigen Oberbayern klingt das etwa so: „Der Spektakel an Reaktionen, der hernach von der deutschen Theologie kam, ist so töricht und so bösartig, dass man lieber nicht davon spricht.“ Oder, noch drastischer: „Die eigentlichen Gründe dafür, dass man einfach meine Stimme ausschalten will, möchte ich nicht analysieren.“

Der konkrete Anlass für Ratzingers Zorn liegt bereits einige Monate zurück. Es geht um Reaktionen auf seinen Beitrag über das Verhältnis von Christentum und Judentum für die theologische Zeitschrift Communio im Jahr 2018.

Ratzinger klagt Kritiker an: Emeritierter Papst sieht „bösartige Verzerrung der Wirklichkeit“

Damals waren wiederkehrende Vorwürfe gegen den früheren Papst besonders laut geworden. Immer wieder wird Ratzinger vorgehalten, er verhalte sich wie eine Art „Schattenpapst“. Als im vergangenen Jahr ein Beitrag von ihm in einem Buch von Kardinal Robert Sarah über den Zölibat erschien, schlug die Empörung hohe Wellen. Allerdings enttäuschte auch Nachfolger Franziskus im Frühjahr mit einem Schreiben zum Thema Zölibat viele Hoffnungen.

„Die Behauptung, dass ich mich regelmäßig in öffentliche Debatten einmische, ist eine bösartige Verzerrung der Wirklichkeit“, betont der 93 Jahre alte frühere Kardinal nun in der Biografie des Autoren Peter Seewald, die am Montag (4. Mai) unter dem Titel „Benedikt XVI. - Ein Leben“ auf den Markt kommt.

Georg Ratzinger ist tot. Der ältere Bruder des emeritierten Papstes Benedikt XVI. starb am Mittwoch in Regensburg. Er wurde 96 Jahre alt.

Früherer Papst liefert neuen Zündstoff: Kritik an Homo-Ehe, Abtreibungen, „antichristlichem Credo“

Allerdings sorgt Benedikt auch in dem neuen Buch für Zündstoff - er übt darin unter anderem deutliche Kritik an gleichgeschlechtlicher Ehe und Abtreibung. „Vor hundert Jahren hätte es noch jedermann für absurd gehalten, von homosexueller Ehe zu sprechen. Heute ist gesellschaftlich exkommuniziert, wer sich dem entgegenstellt. Ähnliches gilt bei Abtreibung und für die Herstellung von Menschen im Labor“, sagte er.

„Die moderne Gesellschaft ist dabei, ein antichristliches Credo zu formulieren, dem sich zu widersetzen mit gesellschaftlicher Exkommunikation bestraft wird. Die Furcht vor dieser geistigen Macht des Antichrist ist dann nur allzu natürlich.“ Nach Ansicht Ratzingers liegt „die eigentliche Bedrohung der Kirche“ in einer „weltweiten Diktatur von scheinbar humanistischen Ideologien“. Bereits 2019 hatte er mit ähnlich gearteten Äußerungen für heftige Kritik gesorgt.

„Schattenpapst“? Benedikt weist in neuer Biografie Vorwürfe zurück

Entnommen sind die Passagen einem Gespräch mit Seewald, dem letzten Kapitel des gut 1.000 Seiten starken Buches. Klar stellt Ratzinger darin auch, er habe eine überaus gute Beziehung zu seinem Nachfolger, Franziskus I. „Wie Sie wissen, ist die persönliche Freundschaft mit Papst Franziskus nicht nur geblieben, sondern gewachsen.“ Der Subtext wohl: Mit einem unangenehmen „Schattenpapst“ könne der aktuelle Pontifex wohl kaum ein entspanntes Verhältnis pflegen. 

Für den ehemaligen Papst ging es nun überraschend nach Bayern. Papst Benedikt XVI ist zu Besuch in Regensburg.

Ende 2019 waren auch in Zusammenhang mit einem Missbrauchsskandal in der katholischen Kirche Anschuldigungen zum Verhalten Benedikts laut geworden. Auch ein Jahr später gibt es neue Vorwürfe, wonach Joseph Ratzinger und weitere Kardinäle angeblich versucht haben sollen, Missbrauchsfälle zu vertuschen.

dpa/fn

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