Selenskyj verkündet „gute Nachrichten“ – während Putin unter Sanktionen leidet
Im Ukraine-Krieg gibt es erste Hoffnungsschimmer: Selenskyj spricht von Rückeroberungen ukrainischer Gebiete und Putin gerät zunehmend unter Druck.
Kiew/Moskau – Der Ukraine-Krieg beeinflusst seit über sieben Monaten das wirtschaftliche, politische und soziale Geschehen auf der ganzen Welt – und derzeit ist noch kein realistisches Ende in Sicht. Trotzdem schenkt der aktuelle Kriegsverlauf immerhin einen Funken Hoffnung. Denn der ukrainische Präsident Wolodymyr Selenskyj spricht derzeit von Rückeroberungen ukrainischer Gebiete, während der russische Präsident Wladimir Putin zunehmend unter den Russland auferlegten Sanktionen leidet. Zudem hat das russische Druckmittel der Gaslieferungen in Europa deutlich an Wirkung verloren.
News im Ukraine-Krieg: Selenskyj verkündet Rückeroberungen ukrainischer Gebiete
Schon am Sonntag, 4. September 2022, sprach Wolodymyr Selenskyj von Rückeroberungen ukrainischer Gebiete, die zuvor bei russischen Angriffen eingenommen wurden. „Die ukrainischen Flaggen kehren dorthin zurück, wo sie rechtmäßig sein sollten. Und es gibt keinen Platz für die Besatzer in unserem Land“, statuierte der Präsident laut dem Handelsblatt in Kiew. Angaben des Präsidentenbüros zufolge befreiten die ukrainischen Streitkräfte wohl die Ortschaft Wyssokopillja im nördlichen Teil des Gebiets Cherson von den Russen.
Darüber hinaus sollen die ukrainischen Truppen auch die Ortschaft Oserne im Gebiet Donezk zurückerobert haben. Das berichteten mehrere Medien, doch lassen sich diese Informationen von unabhängiger Seite nicht überprüfen. In einer Videoansprache von Mittwoch, 7. September 2022, sagte Selenskyj zudem, dass es nun auch „gute Nachrichten aus der Region Charkiw“ gebe. Bei einem weiteren Gegenangriff gegen die russischen Invasoren scheint die Ukraine also auch im Osten des Landes Erfolg zu haben. Wie t-online.de berichtet, soll die ukrainische Armee seit Dienstag bei der Stadt Balaklija erfolgreich vorrücken und mehrere Ortschaften zurückerobert haben.
Ich glaube daran, dass die ukrainische Flagge und das freie Leben auf die Krim zurückkehren. Wir befreien unsere gesamte Erde, alle unsere Menschen.
Ukraine-News: Russischer Präsident Putin gerät wegen Sanktionen unter Druck
Auf der anderen Seite dieses Kriegs steht Russlands Präsident Wladimir Putin, der langsam unter Druck gerät. Denn nicht nur aufgrund der Rückeroberungen in der Ukraine rutscht der Kreml-Chef in die Defensive – auch die gegen sein Land verhängten Sanktionen zeigen ihre Wirkung. Das gibt der Präsident aber nur sehr ungern zu.
Auf einem Wirtschaftsforum im russischen Wladiwostok am Mittwoch, 7. September 2022, sagte Putin, dass es trotz der Sanktionen nicht gelingen werde, Russland zu isolieren. Dabei sprach er über „aggressive Versuche, anderen Ländern ein Verhaltensmodell aufzuzwingen, sie ihrer Souveränität zu berauben“ und versicherte, dass sein Land durch den Krieg „nichts verlieren“ werde.

Sanktionen zeigen Wirkung – Ukraine verhängt gegen 606 Mitglieder russischer Führung Sanktionen
Dennoch musste der Kreml-Herrscher die Auswirkungen der westlichen Sanktionen auf bestimmte Branchen und Regionen einräumen. Unternehmen, die auf Zulieferungen aus Europa angewiesen seien, hätten zu kämpfen, sagte Putin laut der Zeit beim Wirtschaftsforum in Wladiwostok. Dass unter anderem die Tech-Sanktionen ihre Wirkung zeigen, unterstreichen auch die Gerüchte, dass russische Airlines wohl neue Flugzeuge für Ersatzteile ausschlachten müssen.
Außerdem wurden zahlreiche Fabriken in Russland stillgelegt und auch die Autoproduktion ist eingebrochen. „Russlands Wirtschaft leidet massiv unter den Sanktionen“, bestätigte Janis Kluge, Experte der Berliner Stiftung für Wissenschaft und Politik, laut dem Handelsblatt.
Darüber hinaus verhängte kürzlich auch die Ukraine Sanktionen gegen 606 Mitglieder der russischen Führung. Wie t-online.de berichtet, ist dies als politische Drohgebärde in Richtung Moskau zu verstehen. „Sie tragen Verantwortung für den Krieg Russlands gegen die Ukraine“, begründete Selenskyj das Vorhaben. Details zu den Sanktionen wurden noch nicht genannt, doch werden Strafen wohl bereits juristisch, politisch und diplomatisch durchgesetzt.
Ukraine-Krieg: Gas-Drohungen von Putin ziehen in Deutschland kaum mehr
Abgesehen von den Sanktionen, die Russland langsam in den Abgrund treiben, zieht nun auch Putins Gas-Entzug nicht mehr als erschütternde Drohung in Europa. Denn die erneute Ankündigung, über die Pipeline Nord Stream 1 zukünftig gar kein Gas mehr zu schicken, ließ die Gaspreise nur sehr kurzweilig extrem in die Höhe schießen.
Ein Grund dafür ist, dass der Speicherstand in Deutschlands Gasspeichern bereits bei über 85 Prozent liegt – ein Ziel, das eigentlich erst für den 1. Oktober anvisiert war. Anhand von Gaseinsparungen und dem Beziehen anderer Erdgas-Quellen ist es Deutschland also gelungen, sich deutlich unabhängiger von Russlands Gas zu machen. „Zu Beginn des Krieges betrug der Anteil des russischen Pipeline-Gases an den gesamten Gaseinfuhren noch 40 Prozent. Heute macht er nur noch neun Prozent der Gaseinfuhren in die EU aus“, bestätigt EU-Kommissionschefin Ursula von der Leyen laut dem Handelsblatt. Diese Menge eignet sich kaum mehr als Wirtschaftswaffe.
Stimmen aus der Politik fordern Ende von russischen Sanktionen
All dem zum Trotz werden derzeit zunehmend Stimmen laut, die ein Ende der Sanktionen gegen Russland fordern. Der Linkenpolitiker Gregor Gysi kritisierte beispielsweise, dass die westlichen Sanktionen gegen Russland auch die dortige Bevölkerung treffen würden. „Es kann doch nicht unser Ziel sein, dass es der russischen Bevölkerung schlecht geht“, so der außenpolitische Sprecher der Bundestags-Linksfraktion im Gespräch mit dem Spiegel.
Deswegen forderte er, einige Bereiche von den Sanktionen auszunehmen. „Bestimmte Maschinen würde ich weiterhin liefern, wenn die wichtig sind für einen riesigen Industriebetrieb, der ansonsten zehntausend Leute entlassen muss“, führte Gysi aus – und zeigte sich zudem skeptisch, dass die Ukraine den Angriff Russlands vollständig zurückschlagen könne. Auch die Linkspolitikerin Sahra Wagenknecht schimpfte mit drastischen Worten gegen die Sanktionen und im Zuge dessen die Bundesregierung. Doch bislang scheinen die europäischen Regierungen entschlossen, die Ukraine weiterhin zu unterstützen.