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„Wie soll ich ruhig bleiben“: Miese Töne begleiten Scholz auf Kiew-Reise

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Von: Jens Kiffmeier

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Zu wenig Waffen und ewiges Herumlavieren: Präsident Selenskyj fordert von Kanzler Scholz eine klare Position im Ukraine-Krieg – und trübt damit die Kiew-Reise.

Berlin/Kiew – Mangelnde Geduld: Wenige Tage vor einer geplanten Kiew-Reise hat die Ukraine dem deutschen Bundeskanzler eine deutliche Botschaft mit ins Reisegepäck gepackt. Deutschland bleibe im europäischen Vergleich weiterhin hinter den Erwartungen zurück und hinke bei den zugesagten Waffenlieferungen hinterher, kritisierte der ukrainische Präsident Wolodymyr Selenskyj in einem Interview mit der Wochenzeitung Die Zeit. „Also sagt, was ihr wollt und wie ihr es wollt, aber helft uns“, sagte der Staatschef.

Ukraine-Krieg: Die Reise von Olaf Scholz nach Kiew steht unter keinen guten Stern – Selenskyj übt Kritik

Seit Wochen sorgt die Zurückhaltung Deutschland im Ukraine-Krieg für diplomatische Verstimmungen zwischen Berlin und Kiew. Zwar hat die Bundesregierung von Olaf Scholz (SPD) bereits die Lieferung von Panzern und schwerer Artillerie zugesagt. Doch aus Sicht der Ukraine ist der Umfang der Waffenlieferung noch viel zu niedrig, um in dem Kampf gegen Russland und dessen Präsidenten Wladimir Putin zu bestehen.

Zwei Politiker, zwei Meinungen: Bundeskanzler Olaf Scholz (SPD) streitet sich mit dem ukrainischen Präsidenten Wolodomyr Selenskyj über den Kurs gegenüber Russland.
Zwei Politiker, zwei Meinungen: Bundeskanzler Olaf Scholz (SPD) streitet sich mit dem ukrainischen Präsidenten Wolodomyr Selenskyj über den Kurs gegenüber Russland. © Kay Nietfeld/dpa

„Die Lieferungen sind immer noch geringer als sie sein könnten“, sagte Selenskyj. Sein Land brauche wesentlich mehr moderne Artilleriegeschütze sowie moderne Raketenwerfer mit großer Reichweite. Im Vergleich würden kleinere Mitgliedsländer wie Estland, Lettland oder Litauen ein viel größeres Engagement an den Tag legen. „Wir müssen noch viel mehr gemeinsam tun, um diesen Krieg zu gewinnen“, stellte Selenskyj klar.

Am Donnerstag will Scholz angeblich nach Kiew reisen und die Wogen glätten. Die Reise wurde offiziell nicht bestätigt – unter anderem auch aus Sicherheitsgründen. Doch laut übereinstimmenden Medienberichten fährt Scholz zusammen mit Frankreichs Präsident Emmanuel Macron und Italiens Ministerpräsidenten Mario Drahgi. Neben der Frage nach Waffenlieferungen könnte es in den Gesprächen unter anderem auch um einen möglichen EU-Beitritt der Ukraine gehen.

Olaf Scholz (SPD): Kanzler ist in der Ukraine wegen Zögern bei Lieferung von Panzern und Artillerie in Ungnade gefallen

Scholz, der auch von CDU-Chef Friedrich Merz angegriffen wurde, steht selber in der ukrainischen Regierung nicht hoch im Kurs. Zum einen stellte er sich lange gegen die Lieferung von schweren Waffen – aus Sorge davor, dass Deutschland von Putin als Kriegspartei wahrgenommen und weitere Länder in den Konflikt hineingezogen werden könnte. Zum anderen hält er einen Gesprächskanal zum Kreml offen und verweigert ein klares Statement dazu, in dem er eine Niederlage Russlands in dem Krieg fordert. Experten vermuten, dass Deutschland darauf setzen könnte, dass der Krieg vielleicht dadurch beendet werden könnte, indem die Ukraine auf die von Putin beanspruchten östlichen Landesteile freiwillig verzichtet. In Polen rief dieses Vorgehen bereits einen gewagten Hitler-Vergleich hervor.

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Für Selenskyj ist das alles am Ende aber auch nur Wortklauberei. „Wie auch immer der Wortlaut ist“, sagte er auf die Frage nach Sieg oder Niederlage. „Jeden Tag sterben hier dutzende Menschen hier in der Ukraine. Jeden Tag. Wie soll ich da ruhig bleiben?“, wetterte der Regierungschef. Putin hasse die Idee eines freien und vereinten Lebens in Europa. Da müsse man dagegen halten.

Ukraine-Krieg: Herumscholzen und Macronen – westliche Politiker werden zur Lachnummer in Russland

Ganz allein steht Scholz aber nicht. Auch Macron verfolgt eine ähnliche Strategie und telefonierte in den vergangenen Wochen mehrfach mit Putin. Doch wirklich nützen scheint diese Art der Diplomatie nicht. Denn in Russland machen sich staatliche Medien bereits lustig über die beiden Staatschefs. Für das Herumlavieren in dem Ukraine-Russland-Konflikt haben sich bereits zwei neue Wörter in die russische Sprache eingeschlichen: „Herumscholzen“ und „Macronen“.

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