Kampf um Bodenschätze: „Dutzende Milliarden Dollar“ stehen für die Ukraine auf dem Spiel
Im Ukraine-Krieg hat es Russland auch auf die wertvollen Bodenschätze im Donbass abgesehen. Doch die Rohstoffe sind essenziell für den Wiederaufbau.
Moskau/Kiew – Im Ukraine-Krieg stehen nicht nur Menschenleben auf dem Spiel, sondern auch Ressourcen in Milliardenhöhe. Angesichts der Erdschätze ist es wenig verwunderlich, dass Russland ausgerechnet den Donbass – die zwei Oblaste Donezk und Luhansk – im vergangenen September annektierte. Heftige Gefechte toben jedoch bis heute in der Region, besonders rund um die Kleinstadt Bachmut.
Russische Truppen sollen bereits die Kontrolle über wichtige Kernkraftwerke, wie etwa das Atomkraftwerk Saporischschja bei Enerhodar, sowie Werke für fossile Brennstoffe, Häfen, Erdgasknotenpunkte und Mineralvorkommen übernommen haben. Oleksandr Hyrban, stellvertretender ukrainischer Wirtschaftsminister, sagte im Gespräch mit Newsweek, dass die natürlichen Ressourcen ein erheblicher Grund für den russischen Überfall auf die Ukraine seien.
Zu den ukrainischen Rohstoffreserven zählen unter anderem Kohle, Eisenerz, Salz, Öl, Titan, Lithium, Nickel, Quecksilber und Erdgas. Doch solange der Krieg tobt, scheinen Abbau und Bohrungen nahezu unmöglich. Dabei ist der Gewinn aus den Rohstoffen überlebenswichtig für die Zukunft der Ukraine.

Rohstoffe und ihre Bedeutung im Ukraine-Krieg: „Dutzende Milliarden Dollar“
„Die Ostukraine beherbergt die größten Erdgasvorkommen, sowohl konventionelle als auch nicht-konventionelle, die viel einfacher zu fördern sind als ein anderes großes Vorkommen in den westlichen ukrainischen Karpaten“, sagte Hryban mit Blick auf die russischen Besatzungsversuche. „Wir sprechen hier von Dutzenden Milliarden Dollar, die in der Ostukraine lagern.“
Die Gebiete, in denen derzeit die schwersten Kämpfe stattfinden, sind sinnbildlich für den Kampf um die Ressourcen. In den Siedlungen Bachmut, Soledar oder auch Kreminna liefern sich ukrainische und russische Streitkräfte heftige Gefechte um Kohlegruben und Salzminen. In letzterem Fall geht es sogar um eine unterirdische Mine, die von Wagner-Chef Jewgeni Prigoschin als „Sahnehäubchen“ bezeichnet wurde.
„Die Stadt Soledar, die derzeit auf dem Radar ist, verfügt über riesige Vorkommen an Bodenschätzen, Salzen und anderen wertvollen Ressourcen“, sagte Hryban. „Ich könnte mir vorstellen, dass dies auch einer der Gründe ist, warum die Russen beschlossen haben, die Stadt zu übernehmen und ihren Fußabdruck dort zu hinterlassen.“
Ukraine-Krieg: Rohstoffe sind essenziell für einen ukrainischen Wiederaufbau
Der Rohstoffreichtum der Ukraine bot westlichen Nationen und Privatunternehmen die verlockende Möglichkeit, in das Land zu investieren und dabei wirtschaftlich zu profitieren. Eine Tatsache, die auch dem ukrainischen Präsidenten Wolodymyr Selenskyj schnell klar wurde. Mit seinem Projekt „Advantage Ukraine“ bemühte er sich vor dem Krieg aktiv um ausländische Investitionen. Hryban sagte, die Initiative habe bisher „mehr als 50 realisierbare, reale Investitionsprojekte in verschiedenen Bereichen“ zusammengetragen. Bisher seien Investitionen in Höhe von fast neun Milliarden Dollar vereinbart worden.
Für eine Zeit nach dem Krieg – wie auch immer diese aussehen sollte – wären die Metalle, Erze und Gasvorräte eine Säule in Kiews Plänen für den Wiederaufbau. Auch um sich dem wirtschaftlichen Block des Westens zu nähern oder gar darin zu integrieren, wären die Erdschätze von essenzieller Bedeutung.
Doch der Konflikt könnte noch Jahre andauern. Bislang zeigt sich keine Seiten zu Verhandlungen bereit: Moskau besteht auf Bedingungen, die den ukrainischen Staat praktisch zerstören würden, und die Ukraine würde bislang nichts Geringeres als einen kompletten Rückzug Russlands akzeptieren. Offizielle in Kiew glauben indes, dass sie es sich nicht leisten können, das Ende der Kämpfe abzuwarten, um den Wiederaufbau zu beginnen. (nak)