Ukraine-Krieg: Diese Folgen hat Putins Angriff für die deutsche Wirtschaft

Der Ukraine-Krieg dauert an und wirkt sich schon zunehmend auf die deutsche Wirtschaft aus. Die Folgen des Angriffs von Russlands Präsident Wladimir Putin.
Berlin – Robert Habeck (Grüne) muss sich fast schon entschuldigen, wenn er über das Leid spricht, das der Ukraine-Krieg* verursacht und zugleich die Ängste deutscher Firmen thematisiert. Der Wirtschaftsminister und Vizekanzler kann jedoch keinen Hehl daraus machen, dass die Großoffensive von Russlands Präsident Wladimir Putin auch die deutsche Wirtschaft spürbar trifft. Was wird teurer, wo drohen Lieferengpässe? Der Überblick.
Ukraine-Krieg mit Einfluss auf deutsche Wirtschaft: Produktionsstopps bei Volkswagen (VW) – Gas-Pipeline Nord Stream 2 liegt auf Eis
In der Autoindustrie kommt es, wie zum Beispiel bei Volkswagen (VW), zu Produktionsstopps. Denn wichtige Teile aus der Ukraine fehlen. Das sei jedoch erst der Anfang, prognostizieren Wirtschaftsverbände. Die Lieferketten würden immer weiter bröckeln. Zudem steigen die Energiepreise weiter an. Ein Umstand, der nahezu alle Branchen belastet.
Die schon vor dem Ukraine-Krieg umstrittene Gas-Pipeline Nord Stream 2 liegt vorerst auf Eis. Deutschland will unabhängiger von Russland werden und setzt nicht mehr auf die Erdgas-Versorgung durch Wladimir Putin. Stattdessen soll langfristig und nachhaltig auf Flüssigerdgas (LNG) vertraut werden. Entsprechende Terminals sind in Wilhelmshaven, Stade (beide Niedersachsen) und im schleswig-holsteinischen Brunsbüttel im Gespräch. Milliardenschwere Projekte, die aber nicht vor 2024 realisiert werden können.
Deutsche Wirtschaft trägt westliche Sanktionen gegen Russland und Präsident Wladimir Putin mit
Zukunftsorientiertes Denken der neu formierten Bundesregierung rund um Kanzler Olaf Scholz (SPD), doch muss der Blick auch auf die Gegenwart gerichtet werden. Robert Habeck spricht von einer so komplexen Lage, wie sie es „vielleicht seit vielen Jahren nicht in der deutschen Wirtschaftsgeschichte“ gegeben hätte.
Und dennoch sei die Solidarität der deutschen Wirtschaft mit der Ukraine gebrochen. Alle Unternehmen würden die Sanktionen gegen Russland mittragen. Firmen, die wirtschaftlich unter dem Ukraine-Krieg leiden, könnten auf ein Kreditprogramm der Bundesregierung hoffen. Sie sollen von den guten Zinsbedingungen des Staates profitieren und sich mit dem Geld letztlich neue Geschäftsfelder aufbauen.
Finanzielle Unterstützung für deutsche Unternehmen, auf die sich der Ukraine-Krieg wirtschaftlich auswirkt
Doch damit nicht genug der finanziellen Unterstützung durch die Politik. Der Staat springt obendrein mit Bürgschaften und Investitionsgarantien in die Bresche. Die Rede ist von einem Ausfallrisiko von knapp 20 Milliarden Euro. Gelder, „die natürlich tragbar sind und getragen werden“, wie Habeck von der Deutschen Presse-Agentur (dpa) zitiert wird.
Und dennoch zeichnen sich durch den Ukraine-Krieg enorme wirtschaftliche Folgen ab. Die Exportprognose für 2022 hatte der Deutsche Industrie- und Handelskammertag (DIHK) bereits gekappt. Eine Rezession, also den massiven Rückgang der Nachfrage, das Nachlassen der Kaufkraft durch Verbraucher und eine hohe Zahl an Arbeitslosen, sehen aber weder Habeck noch der DIHK.
Deutsche Autowerke müssen Produktion unterbrechen – wichtige Teile aus von Russland angegriffene Ukraine fehlen
Erst wenn die deutsche Wirtschaft infolge des Ukraine-Kriegs nicht mehr produzieren könnte, sei eine Rezession zu befürchten. Dem muss und soll entgegengewirkt werden. Ändert aber auch nichts am Status quo. In deutschen Autowerken kommt es bereits zu Produktionsunterbrechungen, wichtige Teile von Zulieferern aus der Ukraine fehlen schlichtweg.
In der Regel fahren sie dann die Produktion runter, frieren ihre Unternehmen ein. Da ist dann nur noch der Wachschutz, der die Unternehmen beschützt.
Damit geht Alexander Markus auf die Situation der Mitarbeiter vor Ort, also in der Ukraine, ein. Er rechne mit weiteren Unterbrechungen der Lieferketten, habe aber vor allem große Angst um die Mitarbeiter. Noch in der ersten Woche, in der Russlands militärische Intervention in der Ukraine begann, hätten einige Unternehmen trotz prekärer Umstände weiter produziert. Mittlerweile seien es aber immer weniger.
Ukraine-Krieg: Sanktionen gegen Russland kommen „Handelsembargo“ gleich – und 250.000 Stellen stehen auf der Kippe
Doch ist der Blick der DIHK nicht nur in die Ukraine, sondern auch nach Russland gerichtet. Wie es von der dpa heißt, stieg das deutsche Handelsvolumen mit Russland erst 2021 um mehr als 34 Prozent auf knapp 60 Milliarden Euro an. Ein Jahr später und vor dem Hintergrund des Krieges dürfte es jedoch drastisch einbrechen. Davon geht zumindest DIHK-Außenwirtschaftschef Volker Treier aus.
Schließlich unterstütze die deutsche Wirtschaft die umfangreichen Sanktionen des Westens gegen Russland, die einem „Handelsembargo“ gleich kämen. Damit verbunden sei jedoch ein hoher Preis: Es hängen nämlich rund 250.000 Stellen bei deutschen Unternehmen von Exporten nach Russland ab.
Volkswagen (VW) zieht Russland-Reißleine: Produktion von Fahrzeugen im Land von Wladimir Putin wird eingestellt
De facto liefern immer mehr Firmen gar nicht mehr nach Russland oder stellen dortige Verkäufe ein. Am Donnerstag, 3. März 2022, hatte Volkswagen die Reißleine gezogen und bekannt gegeben, sein Russland-Geschäft auszusetzen. „Vor dem Hintergrund des russischen Angriffs hat der Konzernvorstand entschieden, die Produktion von Fahrzeugen in Russland bis auf Weiteres einzustellen“, hieß es aus der VW-Zentrale in Wolfsburg.
Zudem würden Exporte der größten europäischen Autogruppe nach Russland „mit sofortiger Wirkung gestoppt“. Ein Vorgehen, das auch Mercedes-Benz praktiziert: Exporte nach Russland sowie die Fertigung im vom Wladimir Putin regierten Land wurden eingestellt.
Verband der Automobilindustrie rechnet mit Knappheit von wichtigen Rohmaterialien – Lufthansa stimmt Kunden auf steigende Preise ein
Da die Produktion in Zulieferbetrieben in der Ukraine ausgefallen ist, fehlen in Autofabriken wie von VW oder BMW Kabelbäume. Darüber hinaus rechnet der Verband der Automobilindustrie (VDA) mit einer Knappheit von beziehungsweise einem Preisanstieg bei Rohmaterialien. Davon seien vor allem Neongas, Palladium und Nickel betroffen.
Wir erwarten Auswirkungen auf die europäische Halbleiterproduktion, da Chips bereits jetzt Mangelware sind.
Derweil hat der Lufthansa-Konzern seine Kunden am Donnerstag, 3. März, auf steigende Ticketpreise eingestimmt. Hierfür wichtige Treiber seien der Ölpreis sowie steigende Gebühren an Flughäfen und bei den Flugsicherungen. Das sagte Lufthansa-Finanzvorstand Remco Steenbergen. Doch rechne man damit, dass die Konkurrenz stärker getroffen würde als Lufthansa selbst.
Ukraine-Krieg wirkt sich auch auf Niedersachsens Landwirte aus: Futtermittel-Bestandteile aus der Ukraine fehlen
Doch auch die Landwirtschaft in Niedersachsen bekommt die Folgen des Ukraine-Kriegs zu spüren. Hiervon sind vor allem Landwirte betroffen, die sich auf Tierhaltung spezialisiert haben. Wichtige Futtermittel-Bestandteile, die für gewöhnlich aus der Ukraine importiert werden, fehlen schon jetzt.
Allein wirtschaftlich betrachtet gibt es durch den Ukraine-Krieg also zahlreiche Verlierer, allein in Deutschland. Und doch darf nicht vergessen werden, dass unzählige Zivilisten bereits ihr Leben durch den Angriffskrieg von Wladimir Putin verloren haben. Sie sind die unmittelbaren Opfer einer militärischen Intervention, welche die Welt erschüttert. Nicht nur finanziell. (mit Material der dpa) * kreiszeitung.de ist ein Angebot von IPPEN.MEDIA.