Transnistrien: Das Sowjet-Museum am Rande Europas
Transnistrien ist eine abtrünnige Region der Republik Moldau, die von keinem Staat anerkannt wird. Nur Russland hält die Treue und will eine Enklave am Rande Europas.
Chișinău/Tiraspol – Eigentlich gibt es das Land überhaupt nicht und doch gibt es hier alles: Pässe, Geld, Bürgerinnen und Bürger, auch eine eigene Universität besitzt das Land – sogar eine Regierung gibt es. Von der nimmt in der Politik aber außer Russland in der Welt eigentlich niemand Notiz. Eigentlich.
Transnistrien: Ein Staat in der Republik Moldau, den es nicht gibt
Und genau das ist das Problem von Transnistrien, einer abtrünnigen Region tief im Osten der Republik Moldau an der Grenze zur Ukraine. Denn in Wladimir Putins völkerrechtswidrigen Angriffskrieg gegen die Ukraine könnte die Region zu einem ganz entscheidenden Faktor werden.

Die ganze Welt schaut derzeit auf den kleinen Flecken Erde. Denn hier ist man auch nach Auflösung der Sowjetunion eher Moskau zugewandt als der Republik Moldau, die mit der Aufnahme in die EU liebäugelt. Schließlich ist das Gas, was hier aus der Pipeline kommt, für die Menschen fast gratis. In einem Bürgerkrieg spaltete sich die Region Anfang der 1990er-Jahre ab, als Moldau von der Sowjetunion unabhängig wurde.
Trotzdem: Erste Angriffe während des Ukraine-Konflikts gab es in Transnistrien bereits Ende April vonseiten der Russen. Was über die abtrünnige Region Transnistrien in der Republik Moldau bekannt ist.
Transnistrien: Was über die abtrünnige Region in der Republik Moldau bekannt ist
Tief im Osten des Landes steht man plötzlich vor Stacheldraht und Betonbarrieren. Man fragt sich, was der Grenzsoldat hier macht. Mitten im Landesinneren der Republik Moldau, umgangssprachlich auch Moldawien genannt. Eine Grenze im Land? Glaubt man den gängigen Karten, dann dürfte dieser Grenzsoldat hier überhaupt nicht stehen.
Doch er ist da und er ist real wie nur irgendetwas. Mitten im ältesten Konflikt seit Auflösung der Sowjetunion. Der Stacheldraht und die Betonbarrieren sind es auch. Und die politische Situation im Nachbarland von EU-Mitgliedstaat Rumänien ist nun einmal so, wie sie ist: angespannt wie die Sehne eines Bogens kurz vor dem Zerreißen und das seit 30 Jahren und das mitten im Ukraine-Konflikt.
Hat man den Grenzsoldaten, Stacheldraht und Betonbarrieren passiert, wird es so richtig surreal. Wie eine Reise zurück in die Sowjetunion, doch die gibt es eigentlich bereits seit Anfang der 1990er-Jahre nicht mehr.
Transnistrien: Separatistengebiet für Moskau Hebel, um Druck auf Ex-Sowjetrepublik Moldau auszuüben
Wer die imaginäre Grenze zwischen der Republik Moldau und Transnistrien überquert, der wird begrüßt von einem ziemlich realistischen mannshohen Wappen. Geziert wird dies von einem Ährenkranz. Ein roter Stern darf natürlich nicht fehlen, ganz zu schweigen von Hammer und Sichel. Im Gehör erklingt beim Betrachten die Internationale. In großen kyrillischen Buchstaben steht darauf geschrieben: „Willkommen in der Transnistrischen Moldawischen Republik.“ Nirgends auf der Welt soll seit dem Zerfall der Sowjetunion die Dichte an Lenin-Statuen so hoch sein wie in dieser Republik.
Wobei das Wort Republik ein bisschen übertrieben klingt. Gerade einmal rund 200 Kilometer lang ist der Landstrich und an manchen Stellen so schmal, dass man ohne es zu merken die Landesteile wechseln könnte.
Das Separatistengebiet Transnistrien ist für Moskau seit Jahrzehnten der Hebel, um Druck auf die kleine südwestliche Ex-Sowjetrepublik Moldau auszuüben. Pro-russische Separatisten beherrschen einen schmalen Landstreifen zwischen dem Fluss Dnister und der Grenze zur Ukraine, der etwas größer als Luxemburg ist. Russland hat dort nach westlichen Schätzungen 1500 Soldaten.
Transnistrien: russische und ukrainische Bevölkerung in Transnistrien spaltete sich 1990 von Moldau ab
Die mehrheitlich russische und ukrainische Bevölkerung in Transnistrien spaltete sich 1990 ab, als die Nationalbewegung der Moldau eine Vereinigung mit dem Nachbarn Rumänien anstrebte. In einem Krieg 1992 starben etwa 1000 Menschen. Seitdem ist der Konflikt eingefroren. Verhandlungen unter Beteiligung der Organisation für Sicherheit und Zusammenarbeit in Europa (OSZE) brachten noch keine endgültige Lösung.
Auf viele Besucher wirkt der nicht anerkannte Staat Transnistrien mit seiner Hauptstadt Tiraspol wie ein Museum der Sowjetunion. Und in vielen Fällen ist er das wohl auch. Das Gebiet mit einer halben Million Einwohner lebt vom Weiterverkauf russischer Energie und vom Schmuggel. Medien in Moskau berichten, dass mehr als 200.000 Menschen dort einen russischen Pass hätten.
Von den russischen Soldaten überwacht etwa ein Drittel als offizielle Friedenstruppe mit Kräften Transnistriens und Moldaus den geltenden Waffenstillstand. Die anderen Soldaten sichern ein riesiges Lager alter russischer Munition bei dem Dorf Cobasna. Transnistrien selbst hat etwa 5000 Mann unter Waffen.