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Steuersenkungen statt Lösungen im öffentlichen Sektor? Sunak droht erneut Ungemach

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Von: Alexander Eser-Ruperti

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Großbritanniens Premierminister Rishi Sunak steht unter Druck, aus dem öffentlichen Dienst und aus seiner Partei. Wessen Forderungen gibt er nach?

London – Erneut kommt es in Großbritannien in dieser Woche zu massiven Streiks im öffentlichen Dienst, vor allem im Gesundheitswesen. Während Rishi Sunak und sein Kabinett für die Streikenden immer noch keine gangbaren Lösungen bieten, drängen Teile der Konservativen auf Steuererleichterungen. Dem britischen Premier droht Ungemach, sollte er nicht schnell Fortschritte in der Auseinandersetzung mit dem öffentlichen Dienst erzielen und stattdessen Steuergeschenke erwägen. Zur Ruhe findet man in Großbritannien unter den Tories wohl nicht mehr.

Großbritannien unter Sunaks Tories: Steuersenkungen statt Lösungen im öffentlichen Sektor?

Es ist der dritte Streik der Rettungskräfte in England und Wales innerhalb von nur wenigen Wochen: Am Montag, dem 23. Januar, treten in Wales und England erneut bis zu 15.000 Notärzte, Rettungswagenfahrer und Beschäftigte von Notrufzentralen in den Ausstand. Sie streiken für gerechte Löhne und bessere Arbeitsbedingungen – immer noch – denn vonseiten der Tories gibt es kaum Entgegenkommen. Auch in Liverpool legen 5000 Klinik-Beschäftigte die Arbeit nieder. Aus Richtung der Gewerkschaften kommen Warnungen: Sunak müsse dem öffentlichen Dienst Priorität einräumen, heißt es, statt Forderungen nach Steuersenkungen nachzugeben.

Neuer Premierminister Sunak
Rishi Sunak, Premierminister von Großbritannien, verlässt 10 Downing Street, um zu seiner ersten wöchentlichen Fragestunde „Prime Minister's Questions“ im britischen Unterhaus zu gehen. © Victoria Jones/PA Wire/dpa

Laut der Tageszeitung Guardian äußerte sich unter anderem der ranghöchste Gewerkschaftler des Landes, Paul Nowak. Der Generalsekretär des Gewerkschaftsbundes TUC warnt demnach vor einem öffentlichen Aufschrei, sollte Sunak den Streikenden keinen Vorrang einräumen. Von einigen konservativen Abgeordneten gibt es Druck auf die Regierung, vor der Wahl Steuersenkungen durchzuführen. Bisher hatten sich Sunak und Finanzminister Jeremy Hunt diesen Rufen jedoch widersetzt – ebenso wie Zugeständnissen bei Streiks.

Sunak sollte in Großbritannien „Lehren aus der jüngsten Geschichte seiner Partei ziehen“

Nowaks Rat an Premierminister Rishi Sunak laut Guardian: „Um ehrlich zu sein, denke ich, dass er die Lehren aus der jüngsten Geschichte seiner Partei ziehen muss, dass Steuergeschenke in einer Zeit, in der die Kluft zwischen den Löhnen in den Betrieben und den Gehältern in den Vorstandsetagen bereits wächst, ein großer Fehler wären“. Noch weigert sich der Premier, beim Thema Steuersenkungen nachzugeben, doch es ist unklar, ob er dem Druck konservativer Hinterbänkler standhält.

Daran zweifelt auch Nowak, wenn er erklärt, es bestehe die „reale Gefahr“, dass „der Premierminister unter dem Druck seiner Hinterbänkler zu Dingen wie Steuersenkungen verleitet werden könnte“. Der Gewerkschaftler mit Nachdruck: „Es wäre ein echter Fehler, Steuersenkungen zu einer Zeit vorzunehmen, in der er diese riesigen Krisen in unserem NHS und anderswo hat.“ Das sehen auch viele andere Britinnen und Briten so.

Großbritanniens Gesundheitssystem NHS: „Es ist einfach“ – klare Forderungen an Sunak und Hunt

Bei den Gewerkschaften hat man klare Vorstellungen, was Premierminister Rishi Sunak und Finanzminister Jeremy Hunt zu tun haben, ein Hexenwerk sieht man nicht. Die Generalsekretärin der Gewerkschaft Unison, Christina McAnea, erklärte mit Blick auf die NHS-Krise laut dpa: „Es ist einfach: Alles, was der Finanzminister tun muss, ist, Geld aufzutreiben, um die Beschäftigten im Gesundheitswesen fair zu bezahlen.“ Durch höhere Löhne würden neue Mitarbeiter geworben, während Fachkräfte nicht abwanderten. Mehr Personal würde wiederum Wartezeiten verkürzen und „alle wären Gewinner“, so McAnea.

Bisher stellt sich die Regierung quer: Die Gewerkschaften fordern in Anbetracht des Reallohnverlustes Lohnerhöhungen oberhalb der Inflation von zuletzt rund zehn Prozent. Die Regierung beruft sich auf den Vorschlag einer Tarifkommission, 4,5 Prozent mehr zu zahlen. Gespräche über höhere Löhne lehnen die Tories ab. Stattdessen arbeitet die Regierung an einem Angriff auf das Streikrecht. Das Gesundheitssystem NHS steckt in einer tiefen Krise, ist unterbesetzt und unterfinanziert. Rishi Sunak selbst will nicht von einer Krise sprechen – doch die ist offenkundig. Es ist auch eine Krise der Konservativen.

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