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Zum Rücktritt von Anne Spiegel – Die Lügen-Ministerin

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Von: Jens Kiffmeier

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Urlaub statt Flutkatastrophe: Anne Spiegel (Grüne) blieb keine andere Wahl als der Rücktritt. Zum Verhängnis wurden der Ministerin ihre Lügen. Ein Kommentar.

Berlin – Tausende zerstörte Häuser. 134 Tote. Keine Frage, die Flut von Ahrweiler im Herbst 2021 war eine Jahrhundertkatastrophe. Und die Landesumweltministerin von Rheinland-Pfalz? Weilte mit ihrer Familie vier Wochen im Frankreich-Urlaub – angeblich immer zu Kabinettssitzungen dazugeschaltet. Doch das stimmte nicht. Und so holte die Affäre Anne Spiegel (Grüne) am Montag ein. Wegen des öffentlichen Drucks musste die Grüne, die inzwischen in Berlin zur Bundesfamilienministerin befördert worden war, ihren Kabinettsposten in der Scholz-Regierung räumen – und das völlig zu Recht. Denn wenn eines nicht geht, dann ist es: die Öffentlichkeit schamlos zu belügen.

Anne Spiegel (Grüne): Wegen Ehemann und Kinder? Familienministerin tritt vom Amt zurück

Anne Spiegel hat in der Affäre eine schwache Verteidigungslinie aufgebaut. Zum Schluss schob sie im Kampf um ihren Posten sogar ihre Familie ins Rampenlicht. Man habe den Urlaub dringend gebraucht, bat sie in einer fast tränenreichen Rede am Sonntag um Verständnis für ihre Entscheidung für den Frankreich-Trip. Der Mann? Geschwächt nach einem Schlaganfall. Die vier Kinder? Litten unter der Corona-Pandemie. Die Mutter? Als Ministerin immer auf Achse. Die Familie war „am Ende“, sagte Spiegel.

Familienministerin Anne Spiegel (Grüne) gibt bei einer Pressekonferenz eine Erklärung ab.
Aus nach wenigen Monaten: Familienministerin Anne Spiegel (Grüne) ist zurückgetreten. © Annette Riedl/dpa

Zugegeben, mit solchen Problemen ist die Ministerin, die zuletzt für Vätermonate in der Erziehungszeit kämpfte, nicht alleine. Tausende Familien leben in Deutschland in dem ständigen Spagat zwischen Beruf und Familie. Insbesondere die Pandemie mit Homeoffice und Homeschooling brachte dabei viele Mütter und Väter an den Rand der Überforderung. Grundsätzlich kann man da auch schon einmal das alte Bild von Politikerinnen und Politikern hinterfragen, die 60-Stunden-Wochen bolzen und immer und ständig verfügbar sein sollen – sei es am Wochenende oder eben im Urlaub, der sich wie bei Spiegel mit schulpflichtigen Kindern auch nicht einfach mal um drei Wochen verschieben lässt.

Rücktritt von Anne Spiegel: Urlaub statt Flutkatastrophe – Grüne Ministerin stolpert über Lügen

Doch selbst wenn man Spiegel zugesteht, sich trotz der Flutkatastrophe von den Staatssekretären aus nachvollziehbaren privaten Gründen vertreten zu lassen, bleibt ein Störgefühl. Warum geht man wenige Monate, nachdem die Familie „am Ende war“, als Bundesministerin nach Berlin? Die Aussicht auf weniger Wochenarbeitsstunden kann es ja nicht gewesen sein. Und so drängt sich der Eindruck auf, dass die Gründe für ihre Abwesenheit auch ein bisschen vorgeschoben sind. Der öffentliche Offenbarungseid kam in der Minute, als der öffentliche und parteiinterne Druck immer größer geworden war.

Die schonungslose Ehrlichkeit, mit der Spiegel die Flucht nach vorne suchte, kam zu spät. Da hatte sie dem Untersuchungsausschuss in Rheinland-Pfalz bereits erzählt, sie sei bei allen Kabinettssitzungen zur Flutkatastrophe dabei gewesen. Hat sie wirklich geglaubt, dass sie damit durchkommt und dass das nicht überprüft wird? Das ist schwer zu glauben. Spätestens zu diesem Zeitpunkt hätte sie die Wahrheit auf den Tisch legen müssen.

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Das wäre sie den Abgeordneten, der Öffentlichkeit und auch den Betroffenen im Ahrtal schuldig gewesen. Dann hätte man so etwas wie Verständnis aufbringen können. Doch nicht so. Vor allem, wenn das stimmt, was verschiedenste Medien kolportieren, dass Anne Spiegel nach ihrem Rücktritt ein Übergangsgeld in Höhe von über 75.000 Euro erhält. * kreiszeitung.de und merkur.de sind ein Angebot von IPPEN.MEDIA.

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