1. Startseite
  2. Politik

Sanktionen im Krieg in der Ukraine: Russland verliert Zugang zu Swift

Erstellt:

Von: Felix Busjaeger

Kommentare

Wegen des Kriegs in der Ukraine hat die EU Sanktionen verhängt – nun soll Russland auch von Swift ausgeschlossen werden. Putin ist selbst von Sanktionen betroffen.

Update vom 27. Februar 2022 um 10:35 Uhr: Nun also doch – nach anfänglichem Zögern kommt jetzt der Ausschluss Russlands aus dem Banken-Kommunikationsnetzwerk Swift. Für russische Banken könnte die neue Sanktionsmaßnahme enorm negative Auswirkungen entwickeln. Regierungssprecher Steffen Hebestreit bestätigte am Samstagabend, dass die Entscheidung von den Vereinigten Staaten, Frankreich, Kanada, Italien, Großbritannien, der EU-Kommission und Deutschland getroffen wurde. Die russische Zentralbank sowie die Oligarchen aus dem Umfeld von Russlands Präsident Wladimir Putin sollen zudem mit weiteren Sanktionen belegt werden.

Betroffen vom Ausschluss aus dem Kommunikationsnetzwerk Swift sind alle russischen Banken. Sie verlieren dadurch den direkten Anschluss an internationale Währungsströme. „Höchstwahrscheinlich werden die meisten Banken der Welt ihre Transaktionen mit den russischen Banken, die aus Swift ausgeschlossen werden, ganz einstellen“, sagte ein hoher Beamter des Weißen Hauses in Washington. Vor diesem Hintergrund der gegenwärtigen russischen Angriffe in der Ukraine sei man entschlossener denn je, „Russland einen hohen Preis für diese Aggression aufzuerlegen und das Land weiter vom internationalen Finanzsystem und wirtschaftlich zu isolieren“, begründete EU-Kommissionspräsidentin Ursula von der Leyen die Entscheidung.

Westliche Staaten beschließen Swift-Ausschluss von Russland – auch Oligarchen im Visier

Durch den Ausschluss Russlands aus Swift könnte der internationale Handel zwischen dem Land und westlichen Ländern weitreichend zum Erliegen kommen. Durch die Sanktionen gegen Russland könnte die Wirtschaft des Landes einen empfindlichen Schlag erleiden und zur Instabilität des Rubels führen. Die Sanktionen gegen die russische Zentralbank zielen nach Angaben der Bundesregierung darauf, deren Möglichkeit, mit internationalen Finanzgeschäften den Kurs des Rubels zu stützen, einzuschränken. Dadurch soll es der Regierung von Wladimir Putin erschwert werden, staatliche Rücklagen für die Finanzierung des Krieges zu nutzen.

Eigenen Angaben zufolge hatte die russische Zentralbank Ende Januar massive Reserven von etwa 630 Milliarden US-Dollar aufgebaut, darunter Fremdwährungen wie Dollar, Euro und Yuan im Wert von 470 Milliarden US-Dollar und 132 Milliarden US-Dollar in Gold. „Wir arbeiten intensiv daran, dass sie über ihr Geldvermögen nicht mehr unbeschränkt verfügen können“, sagte von der Leyen in Bezug auf russische Oligarchen, die unter anderem mit finanziellen Hilfen den Krieg in der Ukraine unterstützen sollen.

Erstmeldung vom 25. Februar 2022 um 11:05 Uhr: Brüssel – Russland hat die Ukraine angegriffen und im ganzen Land gezielte Manöver gegen militärische Einrichtungen durchgeführt. Nach der Besetzung Tschernobyls fanden auch Kämpfe in der ukrainischen Hauptstadt Kiew statt. Als Reaktion auf die russische Invasion haben die Staats- und Regierungschefs der 27 EU-Staaten während eines Krisengipfels ein umfangreiches Sanktionspaket gegen Russland verabschiedet. Unter anderem betreffen die Maßnahmen die Bereiche Energie, Finanzen und Transport. Auch der Export ist betroffen sowie die Visavergabe an russische Staatsbürger.

Russland führt Krieg in der Ukraine: Kreml und Putin bleiben vorerst Teil von Swift

Während Russland bereits Vergeltungsmaßnahmen wegen der Sanktionen ankündigte und EU-Kommissionspräsidentin Ursula von der Leyen beschwor in der Nacht zu Freitag den Einheitsgedanken der Europäischen Union beschwor, fällt allerdings auf, dass die EU-Regierungschefs bei den Sanktionen gegen Russland wegen des Kriegs in der Ukraine nicht den vollen Instrumentenkasten ausgeschöpft haben. Einige Länder fordert zwar ein noch härteres Vorgehen gegen Wladimir Putin, allerdings sprachen sich mehrere auch gegen weitreichendere Maßnahmen aus. Unter anderem bleibt Russland vorerst Teil des Banken-Kommunikationsnetzwerkes Swift.

Demonstration in Berlin
Solidaritäts-Demonstration für die Ukraine in Berlin mit der Forderung: „Cut Swift Cut Russia Off“. © Paul Zinken/dpa

Sollte Russland von Swift ausgeschlossen werden, könnten die russischen Finanzinstitute quasi nicht mehr am globalen Finanzsystem teilnehmen. Zwar verfügt Russlands Präsident Wladimir Putin nach den Sanktionen von 2014 wegen der Krim-Annexion mit dem Netzwerk SFPS über ein eigenes Bezahlsystem, allerdings wären die Folgen schwerwiegend. „Ein Abkoppeln vom Swift-System würde Russland praktisch vollständig von weiten Teilen der Weltwirtschaft isolieren“, erklärte Stefan Kooths, Vizepräsident und Konjunkturchef des Kiel Instituts für Weltwirtschaft (IfW Kiel), im Vorfeld der Eskalation des Ukraine-Konflikts in einer Institutsmitteilung.

Ausschluss Russlands aus Swift: Bundeskanzler Scholz ist im Ukraine-Krieg bisher dagegen

Kooths kam zu dem Schluss, dass der Ausschluss Russlands aus dem Swift-System wirtschaftlich das schärfste Schwert des Westens wäre. Er warnte zugleich allerdings vor einer möglichen Gefahr: „Käme es darüber zu einem Konflikt mit der VR China, wäre eine Weltwirtschaftskrise nicht zu vermeiden.“ Zum derzeitigen Stand hat sich auch Deutschland gegen den Ausschluss Russlands aus Swift ausgesprochen. Bundeskanzler Olaf Scholz (SPD) begründete diese Entscheidung im Krieg in der Ukraine mit strategischen Erwägungen. Der SPD-Politiker vertrat die Auffassung, dass Swift für eine Situation aufbehalten werden müsste, „wo das notwendig ist, auch noch andere Dinge zu tun“.

Das ist das internationale Banken-Kommunikationsnetzwerk Swift

Society for Worldwide Interbank Financial Telecommunication – das ist der vollständige Name des internationalen Netzwerks Swift. Es ist die technische Infrastruktur, damit Finanzinstitute bei Geldtransfers über Landesgrenzen hinweg sicher miteinander kommunizieren können. Damit ist Swift kein Zahlungsverkehrssystem, sondern ein internationales Netzwerk zum Austausch elektronischer Informationen. Außerdem ermöglicht Swift Verrechnung oder Abwicklung von Zahlungen. Dem Netzwerk, das 1973 gegründet wurde, gehören nach eigenen Angaben etwa 11.000 Teilnehmer in über 200 Ländern an, vor allem Banken, aber auch Wertpapierfirmen und große Konzerne.

Für den täglichen Geldverkehr im Swift-System nutzen die Teilnehmer eine eigene Swift-Adresse. Anhand dieses Bank Identifier Code, kurz BIC, sind bestimmte Kreditinstitute eindeutig identifizierbar. (dpa/fbu)

Auch Karl Nehammer, Kanzler von Österreich, sprach sich gegen einen Swift-Ausschluss von Russland aus. „Hintergrund des Ganzen ist, dass die Aussetzung von Swift weniger die Russische Föderation treffen würde als die Europäische Union“, sagte er und verwies darauf, dass Russland neben dem eigenen Zahlungssystem SFPS auch sofort auf das chinesische Zahlungssystem wechseln könnte. Einem EU-Diplomaten zufolge stimmten Italien, Zypern und Ungarn mit Deutschland darüber ein, dass für den Swift-Ausschluss nicht der richtige Zeitpunkt sei.

Wegen Krieg in der Ukraine: EU verhängt Sanktionen gegen Wladimir Putin und Sergej Lawrow

Auf die Sanktionsliste wegen der Krise in der Ukraine wird die EU nach Informationen der Deutschen Presse-Agentur nun auch den russischen Präsidenten Wladimir Putin, der sich gern mit Oligarchen umgibt, und Außenminister Sergej Lawrow setzen. Das könnte zur Folge haben, dass in der EU vorhandene Vermögenswerte der beiden Russen eingefroren werden. Über Putins Vermögen gibt es derweil unterschiedliche Einschätzungen. Inwieweit Putin und Lawrow wegen der Sanktionen der EU noch in Staaten der Europäischen Union einreisen dürfen, gab es am späten Mittag unterschiedliche Angaben. Normalerweise umfassen Sanktionslisten auch Einreiseverbote.

Ausnahmen vom Einreiseverbot in die EU könnte demnach gemacht werden, wenn es zu Friedensgesprächen kommen sollte. Auf die Listung von Putin, der im Vorfeld zum Ukraine-Konflikt gezielt Propaganda einsetzte, und Lawrow hatten sich nach Angaben von Diplomaten am Donnerstagabend die Staats- und Regierungschefs der EU-Staaten verständigt.

Ukraine-Krieg löst Sanktionen gegen Russland aus – Swift-Ausschluss noch keine Maßnahme

Anders als unter anderem die Regierungschefs von Deutschland und Österreich erklärte der slowenische Ministerpräsident Janez Jansa, dass Russland mit einem möglichst schärfen Sanktionspaket im Ukraine-Krieg Einhalt geboten werden müsste – inklusive Swift-Ausschluss. „Wir müssen uns für massive Sanktionen einsetzen, für strenge Sanktionen gegen Putin, gegen Russland. Wir können nicht zulassen, dass ein weiterer Rubikon von Putin überschritten wird“, sagte der polnische Regierungschef Mateusz Morawiecki angesichts der Entwicklungen im Krieg in der Ukraine mit Russland – Wladimir Putin will unter anderem eine Nato-Osterweiterung verhindern. Nicht ausgeschlossen ist, dass es zu einem späteren Zeitpunkt noch zu einem Swift-Ausschluss von Russland kommt.

Während die EU uneins über den möglichen Swift-Ausschluss Russlands ist, forderte die Ukraine nach dem russischen Angriff ebendies. In der Ukraine befinden sich derweil Tausende Menschen auf der Flucht vor dem Krieg. Wer gegen einen solchen Schritt sei, habe ebenfalls das „Blut unschuldiger ukrainischer Männer, Frauen und Kinder an den Händen“, twitterte der ukrainische Außenminister Dmytro Kuleba.

Russland ohne Swift: Auswirkungen spürbar, allerdings gibt es Alternativen

Sollte Russland den Zugang zu Swift verlieren, könnte die Regierung um Wladimir Putin zwar auf Alternativen zurückgreifen, allerdings wären die Auswirkungen in Russland auf jeden Fall spürbar. Ohne Swift-Zugang würden grenzüberschreitende Abrechnungen mehr Zeit beanspruchen. Außerdem würde das Überprüfen und Abgleichen von Transaktionen aufwendiger – das würde zu einer Verteuerung des Ablaufs führen. Um Nachrichten zu Zahlungen auszutauschen, müssen Bankmitarbeiter dann möglicherweise zum Telefon greifen, Faxe verschicken oder per Video miteinander kommunizieren, schreibt die Deutsche Presse-Agentur.

Das Wichtigste aus der Politik: Ausgewählt von unserer Politikredaktion und um 7:30 Uhr verschickt – jetzt kostenlos anmelden.

Wie effektiv ein Swift-Ausschluss ist, zeigte sich 2012 im Streit mit dem Iran. Im Januar 2016 wurden diese Iran-Sanktionen aufgehoben, europäische Banken hielten sich bei der Zusammenarbeit mit dem Land aber zunächst zurück. Im November 2018 wurde der iranische Zugang zu Swift erneut blockiert. Sollte Russland nun von Swift ausgeschlossen werden, wäre es nach Einschätzungen von Experten möglich, dass unter anderem Bitcoins als alternative Zahlungsinfrastruktur genutzt würden. „Falls Swift abgeschaltet wird, würde nach anderen Wegen geschaut, um Transaktionen auszuführen, etwa mittels Kryptowährungen“, sagte Bernd Richter vom US-amerikanischen IT- und Zahlungsdienstleister FIS der „Börsen-Zeitung“.

Swift weiter für Russland nutzbar: Bundesregierung verteidigt Nein zu Sanktionen gegen Putin

Dass Russland weiter Teil des Swift-Systems bleibt, ist auch am Tag nach der EU-Entscheidung weiter die Linie der deutschen Bundesregierung. „Eine Aussetzung von Swift wäre technisch aufwendig vorzubereiten, hätte auch massive Auswirkungen auf den Zahlungsverkehr in Deutschland und für deutsche Unternehmen im Geschäft mit Russland“, sagte Regierungssprecher Steffen Hebestreit am Freitag in Berlin. „Ich habe wahrgenommen, dass unter anderem Frankreich und Italien auch Einwände erhoben haben.“

Nach der ersten Sanktionsrunde gegen Russland wegen dem Krieg in der Ukraine bleiben die Meinungen der Regierungschefs der Europäischen Union gespalten. Auch wenn Swift weiter für Wladimir Putin, der weiterhin über starke Verbündete verfügt, und das Bankwesen in Russland nutzbar ist, vertrat US-Präsident Joe Biden in einer Stellungnahme die Ansicht, dass die US-Sanktionen gegen große russische Banken mindestens genauso wirksam seien wie ein möglicher Ausschluss des Landes aus dem internationalen Zahlungssystem Swift. Nun bleibt abzuwarten, wie sich die Wirtschaft in Russland in den kommenden Tagen entwickeln wird. (Mit Material der dpa) * kreiszeitung.de ist ein Angebot von IPPEN.MEDIA.

Auch interessant

Kommentare