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Sanktionen gegen Russland: Putin schmuggelt Waren trotzdem ins Land

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Von: Jens Kiffmeier

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Ob Smartphones oder Autozubehör: Russland schafft massenhaft westliche Produkte ins Land. Die Wirkung der EU-Sanktionen scheint zu verpuffen – zum Ärger der Firmen.

Moskau – Scharfe Waffe oder stumpfes Schwert? Über die Wirkung der Sanktionen gegen Russland ist eine harsche Debatte entbrannt. So fällt die Bilanz wenige Monate nach Beginn des Ukraine-Krieges gemischt aus. Während Bundesregierung und EU-Kommission mit den Strafmaßnahmen gegen Wladimir Putin und seine Getreuen zufrieden sind, hat die Linke in Deutschland jetzt die Abschaffung gefordert. Die Sanktionen seien „wirkungslos“, schimpfte Linken-Politiker Klaus Ernst und sorgte damit für reichlich Verwirrung. Doch hat er recht? Denn auffällig viele westliche Produkte finden noch den Weg nach Russland.

Sanktionen gegen Russland: Wirkung verpufft – Putin umgeht Sanktionsliste der EU mit Tricks

Wegen des Ukraine-Krieges ist die Europäische Union (EU) auf Konfrontationskurs mit Russlands Präsidenten Wladimir Putin. Insgesamt sechs Sanktionspakete hat die EU-Kommission erlassen. Die Liste ist lang. Der Strafmaßnahmenkatalog sieht einen Ausschluss vom internationalen Finanzsystem Swift ebenso vor wie der vollständige Import- und Exportstopp mit allen wichtigen Handelsgütern. Rund 800 internationale Firmen haben sich offiziell aus Russland zurückgezogen.

Lässt die Wirkung der Sanktionen gegen Russland noch teilweise verpuffen: Präsident Wladimir Putin, hier vor der Kulisse des Containerhafens in St. Petersburg.
Lässt die Wirkung der Sanktionen gegen Russland noch teilweise verpuffen: Präsident Wladimir Putin. © Alexander Zemlianichenko/Igor Russak/dpa/Montage

Dennoch gelangen ihre Produkte weiterhin massenhaft in das Reich des Kreml-Herrschers. Ob Apples iPhone oder Mieles Waschmaschine – Russland bezieht über den Weltmarkt munter die heiß begehrten West-Waren. Möglich macht das ein Trick: So hat die russische Duma rund 50 Warengruppen als Parallelimporte deklariert und legalisiert, wie das Handelsblatt berichtet. So kauft Russland die Produkte in Drittländern wie Kasachstan, Indien, Türkei, China oder Usbekistan und importiert sie von dort ins eigene Land – ohne die Zustimmung der Hersteller.

Parallelimporte sind verboten. Doch wirklich verhindern lassen sie sich nicht – zum Verdruss der Produzenten und der Politik. Denn die betroffenen Firmen müssen einen Imageschaden befürchten. Deshalb prangern in Deutschland auch immer mehr Firmen die Masche an, egal ob Miele, Siemens oder Bosch. Laut dem Handelsblatt-Bericht versuchen sie auch schon, den Drittstaaten selber Druck zu machen und drohen teilweise mit einem Exportstopp. Doch eine wirkliche Handhabe haben sie nicht, da sie in Russland niemanden verklagen können. Die Duma hat die Parallelimporte ja legalisiert.

Wirken die Sanktionen gegen Russland: Parallelimporte torpedieren Liste mit EU-Sanktionen

Wirken die Sanktionen also gegen Russland? Auf den ersten Blick mag man die Frage wohl mit Nein beantworten. Doch Experten warnen vor voreiligen Rückschlüssen. So können die Parallelimporte einen Teil des Handelsboykotts kompensieren, aber nicht eben nicht alles. Beim Londoner Thinktank International Institute for Strategic Studies (IISS) schätzt man, dass Russland über diese Masche maximal 30 bis 40 Prozent der Waren ersetzen kann. Jedoch ist der Preis für die Produkte hoch. In der russischen Bevölkerung kann sich längst nicht mehr jeder die westlichen Waren leisten.

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Fachleute mahnen daher zu Geduld. Die Strafmaßnahmen, mit denen die EU Putin zur Aufgabe im Ukraine-Krieg zwingen will, seien so massiv wie noch nie in der Geschichte, sagte der Bremer Ökonom Michael Rochlitz zu kreiszeitung.de. „Die Sanktionen werden mittel- bis langfristig ihre Wirkung zeigen“, ist sich der Uni-Professor sicher. Vor allem im Bereich der Hochtechnologiegüter werde der Engpass irgendwann dramatisch, was Russland dauerhaft als Juniorpartner in die Abhängigkeit zu China zwingen könne.

Russland-Sanktionen: Auswirkungen tun Putin laut Scholz dennoch „weh“

Ähnlich beurteilen die Bundesregierung und die EU-Kommission die Auswirkungen der EU-Sanktionen. So verwies die Brüsseler Behörde in einem Zwischenbericht unlängst darauf, dass die russische Wirtschaft in diesem Jahr wahrscheinlich um zehn Prozent einbreche, einige Industriebereiche wie die Autoproduktion oder die Waffenfabriken deutlich ausgebremst worden seien und Putin mit seinem Reich bald vor der Pleite stehen könnte. „Die Sanktionen“, sagte Bundeskanzler Olaf Scholz (SPD) kürzlich, „tun Putin weh.“

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