Robert Habeck vor Bundestagswahl 2021 im Interview: „CDU hat null Antworten“
Hitze und Flutkatastrophen: Der neue Klimabericht lässt wenig Gutes befürchten. Robert Habeck (Grüne) dringt auf die Verkehrswende. Das Problem: Die CDU bremst.
Hamburg – Mit Vollgas voraus – das muss man Robert Habeck* (Grüne) nicht zweimal sagen. „Schneller!“, ruft Bjarne Mädel. Der Schauspieler sitzt hinten auf einem E-Lastenfahrrad der Hamburger Firma African Bikes. Vorne am Lenker: Habeck. Der Co-Parteivorsitzende der Grünen schaltet sofort einen Gang höher und tritt kräftig in die Pedale. Zusammen brausen die beiden einen kleinen Hügel am Rande der Hafencity nach oben. Das ist ein Wahlkampftermin nach Habecks Geschmack.
Deutscher Politiker: | Robert Habeck (Grüne) |
Geboren: | 2. September 1969 (51 Jahre), in Lübeck |
Privat: | verheiratet, vier Söhne |
Aktuelles Amt: | Bundesvorsitzender der Grünen |
Bundestagswahl 2021: Co-Parteivorsitzender Robert Habeck (Grüne) will Tempo beim Klimaschutz
Eigentlich wollten die Grünen in diesen Tagen mit Volldampf in den Wahlkampf zur Bundestagswahl 2021 starten. Doch nach einem kurzen Höhenflug dominierten plötzlich die Ungeschicklichkeiten der Kanzlerkandidatin Annalena Baerbock viele Wochen das Erscheinungsbild der Grünen. Dabei gibt es aus Habecks Sicht dringende Themen.

Vor allem die düsteren Prognosen des jüngsten IPCC-Weltklimaberichts sorgen für Alarmstimmung. Lässt sich der Klimawandel noch umkehren? Oder ist es fast schon zu spät, wie Habeck, der schon als Klimaschutzminister gehandelt wird, erst kürzlich anmahnte? Mit kreiszeitung.de sprach der Grünen-Chef spontan über nun erforderliche Auto- oder Flugverbote, über das Klima zwischen Grünen und der CDU sowie über den Sinn und Zweck von E-Bikes auf dem Land:
Für das Klima satteln in den Städten immer mehr Leute auf das Fahrrad um. Trotzdem ist das Auto dadurch keineswegs verdrängt. Wo sind die größten Hürden?
Wir sollten die Städte nicht mehr von den Autos her denken, sondern von den Menschen. Das geht natürlich nicht von heute auf morgen. Neue Fahrradwege anzulegen und schützende Poller aufzustellen, geht vergleichsweise einfach. Doch auch die Alternativen müssen ausgebaut werden, und das geht oftmals nicht so schnell. E-Doppelstockbusse beispielsweise sind nicht eben mal so zu bekommen. Und auch die Wartezeiten für neue U- und S-Bahnflotten können bei mehreren Jahren liegen. Umso wichtiger ist es, das jetzt beherzt anzuschieben.
In Hamburg regieren die Grünen mit der SPD. Doch in der Stadtplanung kommen sie nur schwer gegen die Autolobby durch.
Das nehme ich anders wahr. Aber ja, kommunale Verkehrspolitik ist oftmals mühsam, sie ist Kärrnerarbeit. Der alte Kampf vom Autofahrer gegen den Radfahrer ist da aber in jedem Fall total unfruchtbar. Denn am Ende profitieren ja auch die Pkw-Fahrer von einer guten Rad-Infrastruktur.
Der Kampf Rad- gegen Autofahrer ist unfruchtbar.
Inwiefern?
Je mehr Räder und je weniger Autos in den Städten unterwegs sind, umso geringer werden die Staus und umso entspannter wird das Fahren im Stadtverkehr. Deshalb ist die Panik, die ausbricht, wenn Fahrspuren verengt werden, auch nur eine Momentaufnahme.
Braucht es mehr Auto-Verbotszonen, um ein Umdenken zu erreichen?
Wenn wir alternative Mobilität nach vorne bringen wollen, dann brauchen wir vor allem eines: ein gutes alternatives Angebot. Das heißt breite Rad- und Fußwege, einen gut ausgebauten und verlässlichen Nahverkehr, und möglichst den Supermarkt, den Arzt, Schule und Kita im Kiez.
Doch wie viel bringt das am Ende? Hohe Mieten treiben Städter raus auf das Land. Für Pendler ist das Rad keine wirkliche Alternative.
Natürlich ist es mühsam, jeden Morgen 20 Kilometer mit dem normalen Fahrrad zur Arbeit zu fahren, auch wenn es mit E-Bikes leichter geht. Aber klar, Bus und Bahn müssen attraktiver werden. Und sicher bleibt das Auto im ländlichen Raum noch lange ein zentrales Fortbewegungsmittel.

Die Grünen wollen aber das Auto mehr und mehr verbannen. Wie passt das zusammen?
Wie gesagt, das Auto wird noch lange eine Rolle spielen, vor allem, wenn man im Dorf wohnt. Aber die Autos müssen sukzessive klimaneutral werden. Nur so können wir die Klimaziele einhalten.
Neuerdings sorgt sich ja sogar auch die CDU-Bildungsministerin um die Klimaziele. Fürchten Sie, dass die Union den Grünen das Klimathema im Wahlkampf noch streitig macht?
Es ist genau umgekehrt: Ich hätte mir ja gewünscht, dass die CDU ehrgeiziger beim Klimaschutz in den Wahlkampf geht, dann hätten wir über die besten Antworten streiten können. Aber stattdessen bremst sie bei allem, was gesellschaftlich schon mehrheitsfähig ist. Und ich sehe nichts, keine Antworten, die ansatzweise an die Dringlichkeit der Aufgaben heranreichen. Dabei hat gerade dieser Tage der IPCC-Bericht klargemacht, wie eng es wird, wenn wir jetzt einfach mal so weiter machen wie bisher.
Die französische Regierung geht jetzt entschlossen gegen den Klimawandel vor und will innerfranzösischen Flugverkehr verbieten. Sind Sie neidisch?
Kurzstreckenflüge überflüssig machen, indem man die Bahn ausbaut – so würden wir es machen. Aber man muss schon noch an größeren Stellschrauben drehen: den Kohleausstieg auf 2030 vorziehen, die Erneuerbaren massiv ausbauen, auf jedes neue Dach eine Solaranlage. Wir können nicht länger warten.
Wahl 2021: Keine News der Bundestagswahl und Kommunalwahl in Niedersachsen verpassen
Am Sonntag, 26. September 2021 berichtet kreiszeitung.de mit einem Live-Ticker laufend aktuell von allen Ergebnissen der Bundestagswahl 2021, außerdem gibt es detaillierte Ergebnisse und gewählte Direktkandidaten aus Niedersachsen, Bremen und Hamburg. Spannend wird es auch bei der Stichwahl zur Kommunalwahl in Niedersachsen. Und hautnah bei der Wahl 2021 ist man beim etwas anderen Live-Ticker zur Bundestagswahl 2021 dabei, der die besten Reaktionen von Twitter einfängt. * kreiszeitung.de ist ein Angebot von IPPEN.MEDIA.