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CDU-General attackiert Habeck und Grüne: „Eigene Partei ist für sie wichtiger als Energiesicherheit“

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Von: Fabian Hartmann

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Am Wochenende steht der CDU-Parteitag an – mit brisanten Themen. Im Interview sagt Generalsekretär Mario Czaja, warum seine Partei eine Frauenquote braucht. Und was sie anders als die Ampel machen würde.

Berlin – Mario Czaja empfängt zum Interview in seinem Bundestagsbüro. Es ist Haushaltswoche, der CDU-Generalsekretär ist auch als Abgeordneter gefragt. Der 46-jährige Politiker aus Ost-Berlin blickt auf arbeitsreiche Tage. Nach der Parlamentswoche geht es für ihn gleich weiter nach Hannover, wo sich die CDU zum Bundesparteitag trifft – zum ersten Mal in Präsenz seit Ausbruch der Pandemie.

Mario Czaja, Generalsekretär der CDU, aus Berlin-Marzahn.
CDU-Generalsekretär Mario Czaja wirbt für eine längere Nutzung der Atomkraft. © Michael Kappeler/dpa

Herr Czaja, in einer Zeit voller Krisen trifft sich die CDU am Wochenende zu ihrem Parteitag in Hannover. Wie froh sind Sie, gerade nicht regieren zu müssen?

Die CDU drückt sich nicht vor Verantwortung, gerade auch in schwierigen Zeiten. Wir bedauern, dass es die Bundesregierung tut. Sie verschanzt sich hinter Ideologie und in Grabenkämpfen. Das sehen wir bei der Kernkraft: Den Grünen ist das Wohl der eigenen Partei wichtiger als die Energiesicherheit unseres Landes. Anders ist nicht zu erklären, warum Robert Habeck die laufenden Kernkraftwerke abstellen oder in einen Stotterbetrieb verfallen lässt, anstatt sie am Netz zu lassen. Wir sehen es bei der Gasumlage, die handwerklich schlecht gemacht ist, Millionen Bürger und kleine Betriebe belastet, dafür aber auch Unternehmen zugutekommt, die Milliardengewinne machen. Und wir sehen es beim Entlastungspaket, das Hilfen mit der Gießkanne verteilt, statt zielgerichtet da zu unterstützen, wo die Not am größten ist.

Die Union beklagt Dinge, die sie selbst hätte anders machen können. Nur: Sie waren nach der letzten Wahl nicht regierungsfähig.

Dieser Eindruck ist falsch. CDU und CSU sind geschlossen in die Koalitionsverhandlungen gegangen. Die Wahrheit ist, dass Robert Habeck und Christian Lindner lieber mit der SPD regieren wollten als mit uns. Nichtsdestotrotz: Wir waren damals vorbereitet und sind es auch jetzt. Die Zeit des Streits bei CDU und CSU ist vorbei. Friedrich Merz und Markus Söder arbeiten Hand in Hand zusammen.

Auf dem Parteitag diskutieren Sie unter anderem über eine interne Frauenquote. Es bleibt der Eindruck, dass die CDU sich mehr mit sich selbst beschäftigt als mit den Problemen des Landes.

Das täuscht. Wir treffen uns in einer schwierigen Zeit, mitten in Europa herrscht Krieg und unser Land wird von Sorgen um steigende Preise und knappe Energie geplagt. Im Mittelpunkt des Parteitages stehen deshalb Fragen der Wirtschafts- und Energiepolitik, der Technologieoffenheit. Es ist aber auch der erste Parteitag in Präsenz seit Corona. Gewisse Satzungsänderungen und Strukturreformen waren digital nicht umsetzbar. Das holen wir jetzt nach. Im Zentrum steht aber die Frage nach sicherer, bezahlbarer Energieversorgung und der Entlastung der Menschen. Dazu gehört aus unserer Sicht eine schnellstmögliche Abschaffung der Gasumlage.

Ihr Parteichef Friedrich Merz hat kürzlich gesagt, es wäre ihm lieber, 1000 Euro an Menschen mit kleinen Einkommen auszuzahlen, statt alle Bürger mit 300 Euro zu entlasten. Überholen Sie die Ampel jetzt links?

Zielgerichtet zu entlasten, die Schwächeren zu stärken, ist Kerngedanke der Sozialen Marktwirtschaft. Es ist nicht zu erklären, warum Gut- und Spitzenverdiener über die Energiepreispauschale 300 Euro bekommen, die Rentnerin in meinem Wahlkreis aber nicht. Wir wollen mehr Fokus und weniger Gießkanne – daher nehmen wir vor allem die Menschen mit kleinen und mittleren Einkommen in den Blick. Dazu gehört auch der Mittelstand, der extreme Probleme durch gestiegene Energiepreise bekommt. Damit Energie bezahlbar bleibt, wollen wir einen Preisdeckel für einen Grundbedarf an Strom und Gas. Wichtig ist, dass niemand im Winter frieren muss und dass kleine und mittlere Unternehmen sowie Handwerksbetriebe weiter produzieren können und nicht an den Kosten kaputtgehen.

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Zur Person

Mario Czaja, 46, ist seit Januar Generalsekretär der CDU. Seit dieser Legislaturperiode sitzt er für seine Partei auch im Bundestag. Es war ein überraschender Einzug: Der gebürtige Berliner setzte sich in seinem Wahlkreis Marzahn-Hellersdorf, im Osten der Stadt, gegen Petra Pau von der Linken durch. Seit 2002 hatte Pau den Wahlkreis immer gewonnen. Vor dem Wechsel in die Bundespolitik war Czaja in der Berliner Landespolitik aktiv – von 2011 bis 2016 war er Gesundheits- und Sozialsenator in der rot-schwarzen Landesregierung. Czaja ist verheiratet und hat eine Tochter.

CDU-Generalsekretär Mario Czaja: „Wir brauchen Kohle und Kernkraft“

Sie gehen mit der Energiepolitik der Ampel hart ins Gericht. Dabei waren CDU und CSU maßgeblich daran beteiligt, Deutschland in die Abhängigkeit von russischem Gas zu führen. Wo bleibt die kritische Aufarbeitung in eigener Sache?

Ich will unsere Verantwortung nicht kleinreden. Aber: Es gab in Deutschland einen gesellschaftlichen Konsens, aus Atomkraft und Kohle auszusteigen. Übergangsweise sollten Gaskraftwerke das Land versorgen. Unter heutigen Gesichtspunkten würde man das sicher nicht mehr so machen. Aber es war damals Konsens – insofern müssen sich alle kritisch hinterfragen. Jetzt geht es darum, das Richtige für die heutige Zeit zu tun. Und dazu zählt die saubere, CO₂-neutrale und sichere Nutzung der Kernenergie. Zumindest in diesem Jahr muss auch Kohle ergänzend eine Rolle spielen.

Seit knapp neun Monaten ist Friedrich Merz Parteichef. In den Umfragen liegt die Union vor der SPD. Die persönlichen Zustimmungswerte des CDU-Vorsitzenden aber sind mäßig. Woran liegt‘s?

Friedrich Merz ist mit einem überragenden Votum zum Parteivorsitzenden gewählt worden. Er hat unsere Partei in Umfragen wieder an die Spitze geführt und er ist mit seiner Überzeugungskraft und rhetorischen Stärke das politische Gegengewicht zur Regierung. Für uns als Partei sind aber nicht Umfragen entscheidend. Wir schauen aufs Land und auf die Menschen.

Friedrich Merz ist auch Parteichef geworden, da viele in ihm einen Gegenentwurf zur Mitte-Politik der Ära Merkel sahen. Merz selbst hat einen „klaren Kurs“ versprochen. Wo ist der geblieben?

Ich teile Ihre Annahme nicht. Friedrich Merz ist für einen klaren Kurs und für die starke Einbindung der Basis und der Breite der Partei gewählt worden. Wir haben einen klaren Kurs in der Energiepolitik, in der Wirtschaftspolitik und in der Außen- und Sicherheitspolitik. Ohne die Union würde es das Sondervermögen in Höhe von 100 Milliarden Euro für die Bundeswehr nicht geben. Das ist nur eines von vielen Beispielen.

Was unterscheidet die Merz-CDU von der Merkel-CDU?

Ich halte von diesen Einordnungen nichts. Wir waren, sind und bleiben eine Union. Wir haben heute andere Herausforderungen als vor zwei oder drei Jahren. Eine Partei entwickelt sich weiter, und wir bauen auf eine sehr erfolgreiche Regierungszeit von Angela Merkel auf. Es gibt trotzdem Dinge, die liegengeblieben sind: der Netzausbau im Land, der nachhaltige Umbau der sozialen Sicherungssysteme – etwa bei Rente, Gesundheit und Pflege –, Fragen nach der Zukunftsfähigkeit unserer Wirtschaft. Im Bundestagswahlkampf vor einem Jahr hatten wir nicht auf alle Fragen ausreichend Antworten.

CDU-Parteitag: Generalsekretär Mario Czaja verteidigt Frauenquote

Die CDU hat auch intern mit Problemen zu kämpfen. Sie haben zu wenig Frauen. Der Parteivorsitzende will das ändern und hat eine befristete Frauenquote vorgeschlagen. Hat der Leistungsgedanke noch Platz in der CDU?

Wenn nicht bei uns, wo dann? Leistungsbereitschaft gehört zu unserer DNA. Quote und Leistung gehen aber Hand in Hand. Die Quote soll ein Türöffner sein. Durchgehen, in Amt und Mandat ankommen und bestehen, das muss jeder selbst. Die Öffnung unserer Partei, die gleichberechtigte Einbindung von Männern und Frauen, ist uns ein wichtiges Anliegen. Deshalb wollen wir hybride Sitzungen ermöglichen, damit auch junge Väter und Mütter, Studenten im Ausland oder Unternehmer auf Dienstreisen an der Parteiarbeit teilnehmen können. Außerdem wollen wir die politische Familien- und Pflegezeit einführen. Sie ermöglicht es, ein Jahr Auszeit nehmen zu können, ohne sein Parteiamt zu verlieren.

Der Parteitag soll auch über ein Dienstjahr – verpflichtend oder freiwillig – für junge Menschen entscheiden. Hat die Jugend in der Pandemie noch nicht genug zurückgesteckt?

Wir werden einen Antrag beraten, der den gleichen Geist atmet, aber zwei Varianten aufzeigt. Was uns eint – und das ist mir auch persönlich wichtig – ist die grundsätzliche Haltung: In einer immer stärker individualisierten Welt und Gesellschaft ist es wichtig, sich zur Gemeinschaft zu bekennen und das auch zu leben. Es gibt jedoch unterschiedliche Auffassungen darüber, ob das freiwillig sein soll oder nicht. Wir wollen darüber ergebnisoffen diskutieren, der Parteivorstand legt sich daher bewusst vorab nicht fest. 

Die Junge Union, Ihre Jugendorganisation, hat sich deutlich gegen ein Pflichtjahr ausgesprochen.

Ich kann diese Position verstehen. Es gibt für beide Seiten gute Argumente. Es ist auch richtig, dass es bei einer Dienstpflicht eine Reihe verfassungsrechtlicher Fragen gibt. So stellt sich auch die Frage, ob sie so überhaupt möglich ist und ob dafür nicht wieder der Wehrdienst eingeführt werden müsste – das alte System der Musterung will in der Bundeswehr wiederum niemand.

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CDU-General Mario Czaja über Schwarz-Grün: „Wichtig ist eine starke Union“

Viele Wähler wissen nicht, was sie bekommen, wenn sie Union wählen. Zuletzt ist die CDU in Schleswig-Holstein und Nordrhein-Westfalen Bündnisse mit den Grünen eingegangen. Ist Schwarz-Grün Ihre neue Präferenz?

Wir haben in beiden Bundesländern dafür geworben, dass die CDU stärkste Kraft wird. Das haben wir erreicht. Koalitionen sind aber auch immer Ausdruck des Wählerwillens. Ich bin mir sicher: Hätten die Grünen eine Mehrheit mit der SPD gehabt, hätten sie Rot-Grün gemacht. In Niedersachsen hat Ministerpräsident Stephan Weil bereits gesagt, dass er Rot-Grün will. Er will also künftig auf die erfolgreiche Wirtschafts- und Innenpolitik der CDU und mit Bernd Althusmann an der Spitze verzichten. Die Wähler wissen dadurch: Nur mit einer starken Union ist es möglich, dass es nicht zu Rot-Grün – womöglich noch mit einer blassen FDP – kommt. Denn was dann passiert, sieht man ja jeden Tag auf Bundesebene.

In Schleswig-Holstein wäre Schwarz-Gelb möglich gewesen. Ministerpräsident Daniel Günther hat die Grünen aber vorgezogen. Das ist schon ein Statement.

Nein, das ist es nicht. Daniel Günther hat mit beiden Parteien sondiert und sich auf dieser Basis, im Interesse des Landes, für eine Koalition mit den Grünen entschieden. In Nordrhein-Westfalen hat es für Schwarz-Gelb nicht gereicht, insofern war Schwarz-Grün die einzige Regierungsoption. In jeder Koalition ist für uns wichtig, dass die Handschrift der Union erkennbar ist – dazu gehören Technologieoffenheit, Stärkung des Wirtschaftsstandorts, innere Sicherheit und die Förderung von ländlichen und urbanen Räumen gleichermaßen.

Sie werben also noch für bürgerliche Mehrheiten in Bund und Ländern?

Wie gesagt: Wir werben zunächst einmal für die Union. Aber natürlich ist die FDP weiterhin ein Partner für uns. In vielen wirtschaftspolitischen Fragen stehen wir uns sehr nahe, es gibt also große Gemeinsamkeiten. In der Bundesregierung erlebe ich aber gerade eine FDP, die viele neue Schulden macht, die bei der Kernenergie oder in der Wirtschaftspolitik mit ihrer Handschrift so gut wie nicht durchdringt. Sie lernt gerade schmerzhaft, was es heißt, lediglich Mehrheitsbeschafferin für ein linkes Regierungsprojekt zu sein. 

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