Russlands Großoffensive im Ukraine-Krieg: Deutsche Regierung rechnet mit Kriegswende im April

Wie endet der Ukraine-Krieg? Bisher ist der Ausgang völlig offen. Die deutsche Regierung rechnet allerdings mit einer russischen Gegenoffensive.
Berlin/Moskau – Der Winter in der Ukraine hat den Krieg ausgebremst. Zuletzt hatten die Truppen von Präsident Wolodymyr Selenskyj die russischen Aggressoren stetig zurückgedrängt – unterstützt durch westliche Waffentechnik, die unter anderem von Deutschland oder den USA den Verteidigern zur Verfügung gestellt wurde. Wann der Ukraine-Krieg endet, ist dennoch weiter ungewiss. Ein neues Papier der deutschen Bundesregierung, über das die Neue Zürcher Zeitung berichtet, legt nun nahe, dass womöglich im kommenden Jahr eine russische Großoffensive bevorstehen könnte. Demnach rechnet das Verteidigungsministerium in einer Analyse mit einer Offensive im April 2023.
Krieg in der Ukraine: Deutschland rechnet mit russischer Offensive im April 2023
Seit Februar 2022 tobt inzwischen der Krieg in der Ukraine. Auf beiden Seiten gab es seitdem zahlreiche Tote und Verletzte. Bereits in den ersten Kriegsmonaten entwickelte sich eine große Fluchtbewegung: Menschen flohen aus ihrer zerstörten Heimat und suchten in angrenzenden Ländern Schutz vor dem Konflikt. Einige Experten gingen zuletzt davon aus, dass der ukrainische Vorstoß im Ukraine-Krieg durch den Winter zwar ausgebremst werden könnte, aber aus mittelfristiger Sicht zu einer Entspannung der Situation führen könnte. Zuletzt warnte Selenskyj auch vor russischen Angriffen an den Feiertagen.
Ob der Winter schlussendlich zur Entspannung im Ukraine-Krieg führt, ist noch unklar. Allerdings deutet die NZZ unter Berufung auf ein Strategie-Papier der deutschen Regierung nun an, dass im kommenden Jahr ein harter Gegenschlag der russischen Truppen erfolgen könnte. Dieses theoretische Szenario ist dabei nicht neu: Auch der ukrainische Außenminister Dmitro Kuleba sprach zuletzt über die Möglichkeit und terminierte einen möglichen Angriff von Wladimir Putins Truppen auf die ersten Monate des Jahres 2023. Auch andere Quellen sprechen immer wieder von einem solchen Szenario, die Möglichkeit eines langen Kriegs in der Ukraine ist weiterhin möglich.
Verschiedene Möglichkeiten für Offensive Russlands: Putin könnte mit Lukaschenko zusammenarbeiten
Laut NZZ sieht die Analyse des deutschen Verteidigungsministeriums die Möglichkeit einer russischen Gegenoffensive im April 2023. Möglich seien dabei zwei Szenarien. Auch der Focus berichtete darüber. Demnach könnten gezielte Raketenangriffe, auch mithilfe von Drohnen, auf kritische Infrastruktur Bestandteil der Kriegsstrategie sein.
Russische Offensive im April 2023: Das erste Szenario
Während die britischen Geheimdienste laut Berichten es nicht für möglich halten, dass Russland zeitnah eine größere Offensive im Ukraine-Krieg starten könnte, würde ein Szenario des deutschen Verteidigungsministeriums laut Focus eine Offensive Putins am Donbass vorsehen. Zeitgleich würde Belarus unter Alexander Lukaschenko mehrere Tausend Soldaten an der Grenze zur Ukraine positionieren. Dass Putins Verbündeter in den Krieg eingreifen könnte, befürchten Experten schon länger. Bisher hielt sich Lukaschenko allerdings noch zurück.
Sollten allerdings belarussische Truppen an der Grenze zur Ukraine stehen, müssten sich die Verteidiger aufteilen, um eine mögliche Invasion aus dem Norden abzuwehren. Lukaschenko wird aber mit großer Wahrscheinlichkeit nicht direkt in den Krieg eingreifen, sondern seine Armee höchsten für Drohgebärden aufmarschieren lassen – zu groß scheint der innenpolitische Druck auf den Machthaber. Ziel des ersten Szenarios der russischen Offensive wäre es allerdings, den Donbass vollständig unter Kontrolle zu bringen.
Plant Russland eine Offensive im Ukraine-Krieg? Das zweite Szenario
Während das erste Szenario im Fall einer russischen Offensive zwar die belarussischen Soldaten als Bedrohung für die Ukrainer vorsieht, könnten sich die Soldaten von Lukaschenko in einem zweiten Szenario schlussendlich als kriegsentscheidend herausstellen. Diese Möglichkeit wird allerdings als eher unwahrscheinlich angesehen. Demnach würde Putin die gesamte Ukraine in einem Zwei-Fronten-Krieg erobern wollen. Die FDP in Deutschland machte zuletzt allerdings auch deutlich, dass die Ukraine weiter unterstützt werden soll. Hierfür war neben dem Patriot-System auch weitere Panzer vorgesehen.
Belarus würde in diesem Szenario auf Kiew losmarschieren und russische Soldaten würden über den Donbass angreifen. Sollte es Putins Armee gelingen, bis in den Westen der Ukraine vorzustoßen, könnten die Truppen die westlichen Nachschublieferungen abschneiden und so die ukrainische Regierung zur Kapitulation zwingen. Die Strategie würde eine Generalmobilmachung in Russland voraussetzen, da die russische Armee im Ukraine-Krieg bereits erheblich geschwächt wurde und weitere Soldaten benötigen würde.
Was spricht für eine Offensive von Russland? Putin soll Truppen in Belarus verstärken
Dass Belarus bei einer möglichen russischen Offensive eine entscheidende Rolle spielt, ist auch nach Einschätzung des US-amerikanischen Instituts für Kriegsstudien (ISW) wahrscheinlich. Russland würde seit längerem im Norden der Ukraine die Voraussetzungen schaffen, um einen möglichen Angriff zu starken. Bereits im Vorfeld des Ukraine-Kriegs hatten Belarus und Russland gemeinsam Militärübungen abgehalten. Wenig später kam es zur russischen Invasion der Ukraine.
Im Vergleich zu damals wiederholt sich derzeit ein ähnliches Muster. Vor dem Angriff auf die Ukraine hatte Russland Lazarette in Belarus aufstellen lassen. Auch jetzt soll es Hinweise darauf geben, dass Putins Armee wieder entsprechende Lager in Belarus einrichtet. Eine Invasion gilt zwar als unwahrscheinlich, allerdings sind die Entwicklungen mindestens als Indizien für eine Veränderung im Ukraine-Krieg zu bewerten.
Ukraine-News: Kommt das Kriegsende im Frühjahr 2023?
Egal, ob die Szenarien des deutschen Verteidigungsministeriums eintreten werden: Nach knapp zehn Monaten zeigt sich, dass der Ukraine-Krieg an einem Wendepunkt stehen könnte. Entscheidend wird sein, wie sich der Westen und die Ukraine in den kommenden Wochen positionieren werden. Wie es weiter in dem Papier laut Focus heißt, zeigt sich allerdings auch, dass Putin, beziehungsweise die Schlagkraft Russlands, nicht mehr so eine große Gefahr für die Nato darstellen könnte.
Inzwischen seien die Verluste Russlands im Ukraine-Krieg so gewaltig, dass das Land nicht zuletzt durch die westlichen Sanktionen erheblich geschwächt ist. Allerdings: Gleichzeitig könnte das für Putin Antrieb sein, an der Grenze zum Westen weitere Atomwaffen stationieren zu lassen, die als Abschreckung wirken könnten.
Kriegsende im Frühling 2023: So wahrscheinlich könnte das sein
Wird es am Ende des Ukraine-Kriegs einen militärischen Sieg Russlands geben oder versandet der Konflikt in einer langjährigen Auseinandersetzung? Während in Deutschland weiterhin die Probleme bei den Puma-Panzerlieferungen in der öffentlichen Debatte stehen, könnte es im Frühling 2023 im Krieg in der Ukraine zu einem Ende kommen. Die Ukrainer sind im Gegensatz zu russischen Armee derweil besser gegen die Kälte ausgestattet. Womöglich machen sie sich diesen Vorteil zunutze, bevor es zur großen Gegenoffensive Russlands kommen kann.