„Sie haben den Krieg losgetreten“: Putin attackiert Westen und rechtfertigt Ukraine-Krieg
Es war eine Rede voller Propaganda gegen den Westen mit „Nazi“-Allüren: Wladimir Putin hat seinen Angriffskrieg gerechtfertigt und den Atomkontrollvertrag ausgesetzt.
Moskau – Wladimir Putins Rede zur Lage in der Ukraine sorgte am Dienstag, dem 21. Februar, für Aufsehen und am Ende vor allem für eins: Entsetzen im Westen. Denn der Kreml-Herrscher schimpfte und prahlte nach alter Manier und machte den Aggressor wiedermal im Westen aus. Die Folgen der Rede von Putin sind noch offen, doch nachdem nun durch Russland auch der Abrüstungsvertrag „New Start“ ausgesetzt wurde, scheint eine weitere Eskalation des Ukraine-Kriegs wahrscheinlicher denn je. Die wichtigsten Aussagen und mögliche Folgen der Rede im Überblick.
Entwicklung im Ukraine-Krieg: Wladimir Putin rechtfertigt Angriff auf die Ukraine und attackiert Westen
Im Vorfeld war Putins Rede zum Ukraine-Krieg, der in Russland weiterhin als „Spezialoperation“ getarnt und gerechtfertigt wird, mit Spannung erwartet worden. Vor der Förderalen Versammlung des Landes holte der Kreml-Chef den Erwartungen entsprechend zum Generalschlag gegen den Westen aus. Im Vorfeld war auch eine offizielle Kriegserklärung erwartet worden – diese sprach Putin allerdings nicht aus. Dennoch zeigte die Rede an vielen Stellen altbekannte Muster der russischen Propaganda, die bereits vor Ausbruch des Ukraine-Kriegs vor 2014 die Amtszeiten von Wladimir Putin bestimmten: Das narrative Feindbild des „westlichen Nazis“ rechtfertigt weiter das Handeln der Russen und dient auch vor dem Jahrestag des Kriegs in der Ukraine als Legitimation.

Wenn sich am 24. Februar zum ersten Mal die jüngste Eskalation im Ukraine-Krieg jährt, blicken alle Konfliktparteien besonders auf eins zurück: hohe Verluste. Auf der Seite der Ukraine kommen Millionen Menschen hinzu, die ihre Heimat verloren haben und sich auf der Flucht vor den Kriegshandlungen befinden. Dass es überhaupt so weit kommen konnte, rechtfertigte Wladimir Putin in seiner Rede vor der Förderalen Versammlung wiederum mit Aggressionen des Westens. Seit Jahren schon blickt der Kreml mit Sorge auf die Nato-Erweiterungen, die nicht zuletzt mit den Beitrittsplänen der skandinavischen Länder zu weiteren Spannungen führten. Putin fügte hinzu, der Westen wolle Russland „ein für alle Mal erledigen“.
Was Putin zum Krieg in der Ukraine sagt: Westen hat „den Krieg losgetreten“
Konkret auf den Angriffskrieg bezogen, der die Ukraine seit 2022 heimsucht, sagte Putin mit Blick auf die westlichen Staaten: „Sie haben den Krieg losgetreten.“ Während im Westen weiterhin der Aggressor in Moskau sitzt, argumentierte Putin, dass Russland lediglich versuche, die Kämpfe in der Ukraine zu beenden. Dass es im vergangenen Jahr zu einer Invasion kam, rechtfertigte Putin hingegen damit, dass in der Ukraine weiterhin ein „Neonazi-Regime“ an der Macht sei. Die „militärische Spezialoperation“, als die die Politik Moskau den Krieg bezeichnet, werde fortgesetzt. „Schritt für Schritt, sorgfältig und konsequent, werden wir die vor uns liegenden Aufgaben lösen“, sagte der 70-Jährige.
Während vor der Jahrestag des Ukraine-Kriegs die Frühlingsoffensive von Russland insbesondere den Osten des Landes verwüstet und der ukrainische Präsident Wolodymyr Selenskyj weiter für Unterstützung im Kampf gegen die Invasoren wirbt, plant Putin mithilfe eines Staatsfonds russische Soldaten in der Ukraine zu unterstützen. Zudem kündigte er den Wiederaufbau der besetzen Gebiete im Donbass an. Derweil gibt es tagtäglich wichtige News im Ukraine-Krieg.
News zu Putin: Sanktionen gegen Russland wirkungslos – Wladimir Putin setzt in Rede auf Propaganda
Russlands Wirtschaft sei weiterhin stabil, versuchte Putin während seiner Rede deutlich zu machen, und die westlichen Sanktionen, die sich seit Monaten gegen den Kremlchef und seine Verbündeten richten, hätten das Land nicht stabilisieren können. Alle Aussagen Putins spiegeln eine sehr russische Perspektive wider und lassen sich in der Regel nicht unabhängig prüfen – naheliegend ist, dass sie als Teil der Propaganda-Maschinerie nur teilweise der Wahrheit entsprechen und die Realität verzerren. Zuvor war berichtet worden, dass Russland in der Nordsee spioniert.
Zugleich nutzte Putin in seiner Rede die Sanktionen, um Stimmung gegen den Westen zu machen. Die antirussischen Sanktionen hätte das Ziel, die Menschen in Russland leiden zu lassen, so der russische Präsident. „Solche Humanisten sind das.“ Anlässlich des Jahrestags des Ukraine-Kriegs hatten die EU und die USA angekündigt, weitere Sanktionen gegen Russland auf den Weg zu bringen.
„Theater des Absurden“: Wladimir Putin setzt Atomwaffen-Kontrollvertrag aus und beschuldigt USA
Wladimir Putin kündigte während seiner Rede auch an, die russische Beteiligung am Atomwaffen-Kontrollvertrag „New Start“ (Start steht für Strategic Arms Reduction Treaty) auszusetzen. Ein entsprechender Schritt war bereits im Vorfeld befürchtet worden. Der russische Präsident begründetet die Entscheidung mit einer angeblichen westlichen Bedrohung gegen Russland – machte gleichzeitig aber auch klar, dass der Schritt keinem Ausstieg aus dem Vertrag bedeuten würde. Putin warf den USA ein „Theater des Absurden“ vor – mit Blick darauf, dass Washington unlängst Moskau beschuldigt hatte, keine Experten zur Inspektion der atomaren Verteidigungsanlagen ins Land zu lassen.
Was ist der Atomwaffen-Kontrollvertrag „New Start“?
Atomwaffen gelten seit Jahren als geächtete Waffensystem und mehrere Nationen haben bereits nach Ende des Kalten Kriegs sich für eine Abrüstung ausgesprochen. Der Abrüstungsvertrag „New Start“ ist das einzige noch verbliebene große Abkommen zur Rüstungskontrolle zwischen den USA und Russland. Wie es in den Richtlinien heißt, begrenzt der Vertrag die Atomwaffenarsenale beider Länder auf je 800 Trägersysteme und je 1550 einsatzbereite Sprengköpfe. Zudem ist geregelt, dass Washington und Moskau Informationen über ihre strategischen Atomwaffenarsenale austauschen.
Dass Russland nun den „New-Start“-Vertrag ausgesetzt hat, könnte für den Ukraine-Krieg bedeuten, dass der Einsatz von Atomwaffen und eine erneute nukleare Aufrüstung in Russland wahrscheinlicher werden könnten.
Weil die Beziehungen zwischen den USA und Russland seit Ausbruch des Ukraine-Kriegs auf einem Tiefpunkt sind, sagte Putin, dass es absoluter „Blödsinn“ sei, wenn der Westen aufgrund der jüngsten Entwicklungen Zugang zu den russischen Anlagen erwarten würde. Zugleich bekräftigte er, dass Russland den US-Experten den Zugang nicht gewähre, weil auch russische Inspektoren angesichts westlicher Sanktionen keine Möglichkeit zur Einreise in die USA hätten. Die Nato hat Russland zuletzt einen Bruch des Vertrags vorgeworfen. Die Weigerung Russlands, Inspektionen der USA auf seinem Hoheitsgebiet zu ermöglichen, untergrabe die Zukunft des Vertrags, hieß es aus Brüssel Anfang Februar. Das schreibt die Deutsche Presse-Agentur.
Putin betont in Rede Zugehörigkeit besetzter Gebiete zu Russland – welche Folgen drohen für den Ukraine-Krieg?
Besonders in der östlichen Ukraine besetzte Wladimir Putins Armee in den vergangenen Monaten mehrere Gebiete. Die Streitkräfte der Ukraine versuchen zwar unermüdlich, militärische Erfolge gegen Russland zu verzeichnen, doch zumindest im Donbass scheint sich das Blatt (noch) nicht zu wenden. In seiner Rede verkündete Putin nichtsdestotrotz, dass die besetzten Gebiete der Ukraine Teil der Russischen Föderation seien. Der Wiederaufbau in der Region würde im Sinne Russlands fortgeführt werden.
Der Westen würde in Putins Rede durchweg als Feindbild inszeniert. Der Westen nutze die Ukraine als „Waffenplatz“ und raube dem Land die Rohstoffe. Ziel des Westens sei es außerdem, die russische Gesellschaft zu spalten, so Putin. Welche Folgen nun unmittelbar von der Rede ausgehen, wird sich in den kommenden Monaten zeigen müssen. Allerdings ist nicht davon auszugehen, dass Wladimir Putin durch seine Rede eine weitere Eskalation des Ukraine-Kriegs ausschließt.
Ukraine-Krieg: Putin wirft in Rede an die Nation Blick auf Präsidentenwahl in Russland
In seiner nunmehr 18. Rede an die Nation wagte Putin auch einen Blick in die Zukunft: Während der Westen eine weitere Eskalation des Ukraine-Kriegs und womöglich einen Einsatz von Atomwaffen befürchtet, sprach der russische Präsident auch über die Präsidentenwahl im kommenden Jahr. Zwar kündigte Putin noch nicht seine Kandidatur an, doch sagte, dass das „wichtigste der Wohlstand des Volkes, die Souveränität und die nationalen Interessen“ ist.
Wladimir Putins Rede zur Nation hat auf jeden Fall für großes Aufsehen gesorgt, auch wenn eine sofortige Eskalation des Ukraine-Kriegs oder eine offizielle Kriegserklärung ausblieb. Dennoch bleibt nun abzuwarten, wie der Westen und die Nato in den kommenden Tagen auf die Drohgebärden von Wladimir Putin reagieren werden.