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Nur noch „zweitklassiger Diktator“: Putins Ex-Redenschreiber sieht Anzeichen für Putsch

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Von: Stephanie Munk

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Der russische Präsident sei in den Augen vieler Russen nur noch ein „zweitklassiger Diktator“, so sein Ex-Redenschreiber Gallyamov. Der Ukraine-Krieg werde Putin bald die Macht kosten.

Moskau - Abbas Gallyamov gehörte ein Jahrzehnt lang zum engsten Kreise von Russlands Präsident Wladimir Putin: Er war Redenschreiber für Putin, zuletzt arbeitete er 2010 für den Kreml. Heute dagegen tritt er als Kritiker von Russlands Machthaber auf: Er kommentiert als unabhängiger Politikwissenschaftler die russische Innenpolitik und fungiert als politischer Berater.

Speziell seit Beginn des Ukraine-Kriegs beobachtet Abbas Gallyamov das Auftreten und Verhalten Putins genau, wie er jetzt in einem Interview mit dem US-Sender CNN anklingen ließ. Seine Beobachtung: Putin mache psychisch keinen guten Eindruck: „Er wirkt immer emotionaler und unberechenbarer“, so der einstige Vertraute in dem Interview. „Und er ist erschöpft“, behauptet der Politologe. Seiner Meinung nach liegt das daran, dass es für Putin trotz der vielen russischen Niederlagen im Ukraine-Krieg keinen Weg zurück mehr gibt: „Er verfolgt jetzt einfach nur weiter den eingeschlagenen Weg“.

Ex-Putin-Vertrauter: Rückhalt für Putin im Volk schwinde

In einer Kolumne für die oppositionelle russische Zeitung Mozhem Obyasnit schreibt Gallyamov, dass er einen Putsch gegen den russischen Präsidenten kommen sehe. Der Rückhalt für Putin würde innenpolitisch immer mehr schrumpfen, denn: „Je länger sich der Krieg hinzieht, desto offensichtlicher wird seine Sinnlosigkeit.“ Der Traum des Kreml vom Sturz Selenskyjs, wie zu Kriegsbeginn anvisiert, funktioniere offensichtlich nicht. Und Gebietsgewinne im Donbass, die Putin seinem Volk als Erfolg verkauft, seien den meisten Russen egal: „Sie verlassen ihre Regionen selten, und im Allgemeinen gibt es in Russland genug Land“, so der Politologe.

Hinzu kämen offensichtliche Probleme innerhalb der Armee, zum Beispiel fortwährende Berichte von Meutereien und Deserteuren. „Während sich im Land und in der Armee Probleme häufen, wandelt sich Putin von einem großen Strategen in den Augen der Menschen zu einem zweitklassigen Diktator“, so das Urteil des Autors. Auch der bekannte Kremlkritiker Leonid Wolkow erklärte kürzlich, dass die Entmachtung Putins unaufhaltsam kommen werde.

Russischer Politolige sicher: Kommandeure keine überzeugten Unterstützer Putins

In seiner Kolumne beschreibt Abbas Gallyamov, wie ein Putsch gewöhnlicherweise ablaufe. Dabei zieht er Parallelen zur aktuellen Situation in Russland. Von den Militärführern im Ukraine-Krieg sei keine großartige Treue zu Putin zu erwarten, diese seien - wie es in einem autoritären Staat üblich sei - „gewöhnliche Opportunisten“. Kippe die Stimmung gegen Russlands Machthaber, würden diese sich sehr genau überlegen, auf welcher Seite sie stehen wollen - und sich immer so entscheiden, dass sie selbst am Ende am besten wegkommen.

Putin werde in Russland längst nicht mehr als der starke Mann wahrgenommen, als der er sich immer so gern inszeniere, betont der ehemalige Kreml-Vertraute in seinem Interview mit CNN. Und: „Die Russen brauchen Putin nicht, wenn er schwach ist.“

Putin könnte Präsidentschaftswahlen absagen, um Niederlage abzuwenden

Deshalb hält Gallyamov es auch für möglich, dass Putin das Kriegsrecht ausruft und die Präsidentschaftswahl 2024 absagt, um einer drohenden Niederlage zu entgehen. „Ohne einen Sieg in der Ukraine wird er wahrscheinlich nicht genügend Stimmen vom russischen Volk bekommen“, glaubt sein Ex-Berater - dessen sei sich Putin völlig bewusst.

Körperlich sei Putin jedoch aktuell in einem weit besseren Zustand als noch im April und Mai 2022, so Gallyamovs Einschätzung. Eine Meinung, die allerdings nicht jeder teilt: Ein FSB-Agent glaubt, Putin habe Krebs und nur noch wenige Jahre zu leben.

Auch der ehemalige US-Justizminister gab kürzlich Einblick in die Gedankenwelt Putins: Dieser sei „besessen“ von Großmachts-Fantasien. (smu)

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