Lecks an Nord Stream1 und 2: Putin erneuert Sabotage-Vorwurf gegen Westen
Die schwedische Staatsanwaltschaft bestätigte nun, dass die Lecks auf schwere Sabotage zurückzuführen sind. Putin beschuldigt erneut den Westen.
- Sabotage an den Gaspipelines von Nord Stream 1 und 2
- Putin erneuert Sabotage-Vorwurf gegen Westen
- Schwedische Staatsanwaltschaft führt Lecks auf schwere Sabotage zurück
- Russland gilt als ein möglicher Saboteur
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Update vom 23. Dezember 2022 um 07:00 Uhr: Putin hat erneut Sabotage-Vorwürfe gegen den Westen erhoben. „Hinter dem Terroranschlag auf Nord Stream stecken diejenigen, die daran interessiert sind, dass der Transit nur durch die Ukraine geht“, sagte er am Donnerstag vor Journalisten in Jekaterinburg, wie die Agentur Interfax berichtete. Putin zufolge würde der Westen sich nicht bemühen, die Sabotage zu untersuchen. Schon im Herbst hatte der russische Präsident davon gesprochen, dass die Briten und Amerikaner, hinter dem Angriff stecken.
Im September waren die beiden Stränge der Pipeline Nord Stream 1 und ein Strang der fertiggestellten, aber noch nicht in Betrieb genommenen Leitung Nord Stream 2 durch Explosionen so stark beschädigt worden, dass massiv Gas austrat. Die Ermittler fanden Sprengstoffspuren und gehen von Sabotage aus.
Update vom 18. November 2022, um 09:52 Uhr: Die schwedische Staatsanwaltschaft führt die Lecks an den Gas-Pipelines Nord Stream 1 und 2 auf schwere Sabotage zurück. Zu diesem Schluss kam die schwedische Staatsanwaltschaft nach Ermittlungen an den Explosionsorten in der Ostsee gekommen. Analysen zeigten Sprengstoffspuren an mehreren entdeckten Fremdkörpern, teilte der mit den Voruntersuchungen betraute Staatsanwalt Mats Ljungqvist am Freitag mit.
Der Kreml fühlt sich durch die neuen Informationen bestätigt. „Dass nun Angaben über einen Sabotage- oder Terrorakt eintrudeln, bestätigt nur ein weiteres Mal die Informationen, die die russische Seite hatte und hat“, sagte Kremlsprecher Dmitri Peskow am Freitag der Nachrichtenagentur Interfax zufolge.
Nord-Stream-Sabotage: Schweden führt Lecks an Gas-Pipelines auf schwere Sabotage zurück
Update von Donnerstag, 29. September 2022, um 11:08 Uhr: Im Zuge der Sabotage an den Gaspipelines Nord Stream 1 und Nord Stream 2 hat die schwedische Küstenwache jetzt von einem vierten Leck berichtet. Laut der schwedischen Zeitung Svenska Dagbladet erklärte ein Sprecher der Küstenwache, man sei diese Woche auf ein viertes Leck gestoßen. Zwei der vier Lecks sollen in der Wirtschaftszone Schwedens liegen, zwei in der dänischen.
Nord-Stream-Sabotage: Schweden meldet viertes Leck – Berichte über russische Marine in der Nähe der Gaspipelines
Update von Donnerstag, 29. September 2022, um 11:08 Uhr: CNN berichtet derweil unter Berufung auf europäische Geheimdienste, es seien Kriegsschiffe und U-Boote der russischen Marine in der Nähe der Orte gesichtet worden, an denen später Lecks in den Nord-Stream-Pipelines auftraten. Ob es einen Zusammenhang gibt, ist dennoch unklar: Offensichtlich hält sich die russische Marine regelmäßig in diesen Gewässern auf. Ein dänischer Armeevertreter erklärte laut Welt „Wir sehen sie jede Woche.“ Russland wies die Vorwürfe als „dumm und absurd“ zurück.
Nach Explosion an Pipelines: Linke pocht auf Ende des Energiestreits
Erstmeldung vom 28. September 2022 um 11:29 Uhr: Berlin – Trotz der Eskalation im Ukraine-Krieg pocht die Linke auf ein Ende des Energiestreits: Nach der Explosion an den beiden Pipelines von Nord Stream 1 und 2 hat der Bundestagsabgeordnete Klaus Ernst die Bundesregierung zu Verhandlungen mit Russland aufgerufen. Angesichts der drohenden sozialen Härten im Winter müsste neben kurzfristigen Hilfen, Ausgleichszahlungen und Deckelungen der Preise die Energieversorgung wieder sichergestellt werden, sagte der Vorsitzende des Energie- und Wirtschaftsausschusses im Bundestag zu kreiszeitung.de. „Ich möchte, dass Habeck in direkten Verhandlungen mit Russland über weitere Gaslieferungen verhandelt.“ Doch nach der vermeintlichen Sabotage an den Pipelines sieht es danach eher nicht aus.
Anschlag auf Nord Stream 1 und 2: EU geht bei den Lecks von Sabotage aus – Borell droht mit Sanktionen
Denn ungeachtet der Linken-Forderungen hat sich der Energiestreit in den vergangenen zwei Tagen noch einmal deutlich verschärft. Schuld sind mehrere Explosionen an den Pipelines von Nordstream 1 und 2. Durch drei Lecks tritt nun Gas in 80 Metern Tiefe in die Ostsee aus. Der Betreiber hatte zuvor in beiden Leitungen einen starken Druckabfall beklagt. Bilder zeigen, wie das ausströmende Gas an der Wasseroberfläche das Meer zum Brodeln bringt. Innerhalb der Europäischen Union (EU) geht man mittlerweile von einer gezielten Sabotage aus.

Der EU-Außenbeauftragte Josep Borrell verurteilte den vermeintlichen Anschlag am Mittwoch aufs Schärfste. „Alle verfügbaren Informationen deuten darauf hin, dass diese Lecks das Ergebnis einer vorsätzlichen Handlung sind“, erklärte der Politiker im Namen aller 27 Mitgliedstaaten. Jede vorsätzliche Störung der europäischen Energieinfrastruktur sei völlig inakzeptabel und werde „mit einer robusten und gemeinsamen Reaktion beantwortet werden“. Ähnlich hatten sich zuvor schon auch Sicherheitsvertreter in Dänemark, Schweden und Deutschland geäußert. Laut einem Spiegel-Bericht sollen diese Staaten in den vergangenen Wochen auch vom US-amerikanischen Geheimdienst CIA vor einem möglichen Anschlag auf die kritische Infrastruktur gewarnt worden sein.
Nord Stream 1 und 2 gesprengt: Wer steckt hinter der Explosion? Russland gilt bei Sabotage als Verdächtiger
Vor diesem Hintergrund geht die Suche nach dem Schuldigen weiter. Borrell selber nannte keinen Verdacht, wer hinter einem möglichen Sabotageakt stecken könnte. Der EU-Außenbeauftragte sagte jedoch, dass man über die Schäden an den Pipelines sehr besorgt sei. „Diese Vorfälle sind kein Zufall und gehen uns alle an.“
Wem gehört Nord Stream 1 und 2 als Betreiber?
Wem gehört was bei den Gasleitungen? Die Antwort ist nicht einfach, denn die Besitzverhältnisse sind bei Nord Stream 1 und 2 unterschiedlich. Eigentümer und Betreiber der Nord Stream 1 ist die Nord Stream AG, deren Anteile von Gazprom (51 Prozent) sowie Wintershall Dea, Eon, Gasunie und Engie gehalten werden. Als Eigentümer der Nord Stream 2 ist hingegen die Nord Stream 2 AG gelistet. Das Unternehmen gehört dabei vollständig zum staatlichen russischen Gazprom-Konzern.
Für viele Fachleute kann aber nur ein staatlicher Akteur hinter der Sabotage stecken. Denn für Einzelpersonen oder nicht-staatliche Gruppen sei der Aufwand zu groß, hieß es. So vermutete Kenneth Buhl vom dänischen Royal Defense College, dass der Angriff von Russland aus gesteuert worden sein könnte. Seit Monaten streitet sich Deutschland mit dem Kreml um die Inbetriebnahme von Nordstream 2.
Nord Stream 1 und 2: Nach aktuellem Stand kann nur ein staatlicher Akteur für Lecks verantwortlich sein
Der Grund: Um in der Wassertiefe an den Pipelines operieren zu können, brauche man Mini-U-Boote, die der Kreml bereits früher eingesetzt habe, sagte er laut dem Nachrichtenportal t-online. Das naheliegendste sei es, dass eine Sprengladung auf den Röhren platziert worden sei. Im Anschluss, so die Theorie, kommen ferngesteuerte Unterwasserdrohnen zum Einsatz, die nach unten tauchen und exakt lokalisieren können, wo sich der Sprengsatz befindet und diesen dann auslösen.
Doch Belege für diese Theorie gibt es nicht. Der Kreml dementierte eine Verantwortung bereits. Unklar ist auch, was Putin im Streit mit der Europäischen Union davon hätte. Zwar kletterte der Gaspreis am Mittwoch weiter in die Höhe und Russland könnte an den Weltmärkten weiter Verunsicherung schüren und den Druck auf die EU erhöhen. Auf der anderen Seite könnte aber auch bei einem Entgegenkommen des Westens, etwa in Form einer Lockerung der Sanktionen, nicht sofort wieder die Gaslieferung aufgenommen werden.
Eine mögliche Ausweichroute verläuft ausgerechnet über die Ukraine. Doch auch dort will Russland den Hahn zudrehen. So drohte der russische Staatskonzern auf Twitter mit einem Lieferstopp, wie der Berliner Tagesspiegel berichtet. Zur Begründung führte das Unternehmen Rechtsstreitigkeiten mit dem ukrainischen Naftogaz an. Trotz des Krieges waren über die Transitleitungen zuletzt pro Tag noch rund 42 Millionen Kubikmeter Erdgas nach Europa gepumpt worden. Das ist allerdings nur ein kleiner Anteil. Der Nordstream 1 kann bei Vollast bis zu 170 Millionen Kubikmeter pro Tag schaffen.
Reparatur von Nord Stream 1 und 2? Laut Experten kann die Gasleitung in der 80 Meter tiefen Ostsee in zwei Wochen repariert werden
Vor diesem Hintergrund bleiben noch viele Fragen offen. Die Europäische Union will die Vorgänge nun erst einmal weiter untersuchen. Doch das kann dauern. Laut dem dänischen Verteidigungsminister Morten Bødskov kann es ein bis zwei Wochen dauern, bis sich das Seegebiet beruhigt hat und die Lecks in 80 Metern Tiefe untersucht werden können.