Liz Truss Nachfolger: Der klare Favorit heißt Rishi Sunak
Der erneute Anlauf, Premier zu werden, könnte für Rishi Sunak erfolgreich sein. Der Multimillionär würde damit ein Erbe antreten, das er lange nicht wollte.
London – Nach einer Niederlage gegen Liz Truss musste er seine Hoffnungen auf den Posten als Premierminister von Großbritannien vor nur wenigen Wochen vergraben – dachte er. Doch die Dinge ändern sich derzeit vor allem im Vereinigten Königreich schnell. Liz Truss räumt ihren Platz in der Downing Street Nummer 10 in Rekordzeit und plötzlich ist er der hoch gehandelte Favorit: Rishi Sunak. Doch wer ist der Mann, der die Regierungskrise auf der Insel beenden soll?
Rishi Sunak: Brexit-Befürworter und Ex-Finanzminister mit deutlichem Vorsprung vor Penny Mordaunt
Im Rennen um die Position als Liz Truss‘ Nachfolger als Premierministerin kristallisiert sich in Großbritannien ein klarer Favorit heraus: Ex-Finanzminister Rishi Sunak. Der Tory-Politiker erhält damit eine zweite Chance, nachdem er bei den vergangenen Wahlen das Nachsehen gegen Liz Truss gehabt hatte. Als seine schärfste Konkurrentin gilt die Fraktionsvorsitzende Penny Mordaunt, doch der Vorsprung des Finanzpolitikers vor seiner Widersacherin ist gewaltig. Die kritische Schwelle an Unterstützern liegt bei 100 Parlamentarierinnen und Parlamentariern, nur wer mindestens so viele Befürworter hinter sich versammelt, steigt in den Kampf um die Spitze ein. Erst kürzlich hatte Ex-Premier Boris Johnson erklärt, doch nicht erneut antreten zu wollen.

Britische Medien berichten, Sunak habe inzwischen über 150 Unterstützungszusagen unter den Abgeordneten gesammelt. Seine Widersacherin, Penny Mordaunt, kämpft noch um die kritischen 100. Sollte sie diese nicht erreichen, könnte es mit der Truss-Nachfolge schneller gehen als erwartet, denn dann fiele die Wahl automatisch auf Rishi Sunak. Erhält Mordaunt bis 15 Uhr deutscher Zeit am Montag, dem 24. Oktober 2022, doch noch genug Zuspruch, entscheiden einmal mehr die Tory-Parteimitglieder.
Rishi Sunaks Herkunft im Finanzsektor: Verfechter niedriger Steuern sorgte überraschend für hohe Steuerlast
Politisch und beruflich ist Rishi Sunaks Herkunft der Finanzsektor. In seiner Rolle als Finanzminister war der ehemalige Goldman-Sachs-Banker dafür kritisiert worden, die Bevölkerung bei den hohen Lebenshaltungskosten nicht ausreichend unterstützt zu haben. Der aspirierende Premierminister gilt eigentlich als Verfechter niedriger Steuern, hatte in der Vergangenheit jedoch für die höchste Steuerlast seit den 1950er Jahren gesorgt und sich Vorwürfe anhören müssen, nicht schnell genug auf die Inflation reagiert zu haben. Doch es hagelte nicht nur Kritik: Lob erhielt Sunak während seiner Tätigkeit als Schatzmeister für ein Programm zum Erhalt von Arbeitsplätzen im Zuge der Corona-Pandemie, das auf der Insel Massenarbeitslosigkeit verhindert haben soll.
Möglicher Nachfolger von Liz Truss: Rishi Sunak, Ehefrau Akshata Murthy und alte Äußerungen Sunaks über die soziale Herkunft seiner Freunde
In der Vergangenheit war der immense Wohlstand des Ex-Finanzministers immer wieder Thema in den britischen Medien: Rishi Sunak hat den Ruf als bürgerferner Millionär ohne großes Gespür für die ärmere Bevölkerung. Bei der Entstehung dieses Eindrucks spielte in der Vergangenheit unter anderem ein aufgetauchtes Video eine Rolle, das Sunak Anfang seiner 20er zeigt. In dem Video erklärt der spätere Minister, er habe zwar Freunde mit Adelstiteln und aus der Oberschicht, nicht jedoch aus der Arbeiterklasse. Später nannte Sunak seine Äußerungen „dumm“. Eine Leichtsinnigkeit aus jungen Jahren, könnte man meinen, doch für die Öffentlichkeit ein bezeichnender Skandal. Zur Festigung des Eindrucks spielte auch Rishi Sunaks Ehefrau Akshata Murthy, eine Rolle.
Murthy war in der Vergangenheit nicht wohnhaft in Großbritannien gemeldet, wodurch die Multimillionärin Steuern im Millionen-Bereich umging, wenn auch vollständig legal. In Anbetracht von Sunaks früherer Rolle als Finanzminister wurde ihm das von der Opposition allerdings als unaufrichtig ausgelegt. Gemeinsam besitzen Murthy und Sunak ein „net worth“, also Vermögen, von über 730 Millionen Pfund. Kurz vor den vergangenen Wahlen sorgten Berichte über den Einbau eines 400.000 Pfund teuren Pools an der eigenen Villa, wiederum sieben Millionen Pfund teuer, für Aufruhr. Sunaks aufwendige Lebensführung steht seit langem in der Kritik, Beispiele gibt es zuhauf – besonders in Krisenzeiten stößt sein Lebenswandel vielen Bürgern als zumindest unsensibel auf.
Rishi Sunak erwarten große Aufgaben in Großbritannien nach Liz Truss und Boris Johnson
Sollte er tatsächlich neuer Premierminister von Großbritannien und damit Sukzessor von Liz Truss und Boris Johnson werden, erwarten Rishi Sunak große Aufgaben: Das Gesundheitssystem liegt am Boden, die ökonomische Lage der Bevölkerung ist desaströs und die eigene Partei selbst nach Auskunft mancher Parteimitglieder unregierbar. Parteipolitisch sehen sich Sunaks Konservative in Umfragen inzwischen rund 30 Prozentpunkte hinter der Labourpartei.
Sunak hatte 2020 auf die Frage nach möglichen Bestrebungen Premierminister zu werden erklärt: „Gott, nein. Definitiv nicht, wenn ich sehe, womit der Premierminister zu kämpfen hat.“ Die Aufgaben, die ihm bevorstehen könnten, sind seitdem keineswegs kleiner geworden – im Gegenteil. Deutlich größer ist inzwischen Sunaks Wille, Regierungschef zu werden. Wenn sich in den letzten Monaten eines gezeigt hat, dann, dass Änderung in Großbritannien derzeit schnell geht, vor allem bei den Tories. Vielleicht hat inzwischen auch Rishi Sunak Freunde in der Arbeiterklasse.