Bürgergeld statt Hartz IV: Minister Heil will Behörde aufblähen
Mehr Personal für die Hartz-IV-Reform: Für die Einführung des Bürgergeldes will Hubertus Heil (SPD) ein eigenes Referat schaffen – für die CDU eine „Riesensauerei“.
Berlin – Gründlichkeit vor Schnelligkeit: Die Abschaffung von Hartz IV und die Einführung einer neuen Bürgerversicherung frisst im Bundesarbeitsministerium offenbar mächtig Kapazitäten. So will Arbeitsminister Hubertus Heil (SPD) in der Behörde ein eigenes Referat schaffen – und dafür sogar zusätzliche Stellen aufstocken. „Das ist eine große Reform“, sagte Heil nun der Nachrichtenagentur dpa. Deshalb werde man das Gesetz entsprechend „sehr sorgfältig vorbereiten“. In der Opposition ist man über den Personalaufbau jedoch alles andere als begeistert. Und auch in der FDP scheint man noch nicht richtig überzeugt zu sein.
Finanzielle Hilfe für Arbeitslose: | Arbeitslosengeld II (genannt Hartz 4) |
Eingeführt: | 1. Januar 2005 |
Gesetzliche Grundlage: | Zweites Buch der Sozialgesetzgebung |
Der geplante Stellenzuwachs im Bundesarbeitsministerium ist Teil eines großen Personalpakets, das die Bundesregierung geschnürt hat. Laut der Personalliste der Haushalts-Arbeitsgruppen von SPD, FDP und Grünen, die der dpa nach eigenen Angaben vorliegt, sollen in den Ministerien noch einma 148 Stellen neu besetzt werden. Bereits im Dezember hatte die Ampel-Koalition von Bundeskanzler Olaf Scholz (SPD) weitere 176 Stellen beantragt. Die nun hinzukommenden sollen über den Nachtragshaushalt für 2021 finanziert werden.
Bürgergeld statt Hartz IV: Minister Hubertus Heil (SPD) will für die Umsetzung neues Personal
Der Großteil neuen Stellen ist für das neue Bauministerium von Klara Geywitz (SPD) und das Klimaschutzministerium von Robert Habeck (Grüne) vorgesehen. Aber auch das Innen-, Außen und eben das Bundesarbeitsministerium sollen von mehr Personal profitieren. Wie viele Stellen genau für die Behörde von Hubertus Heil vorgesehen sind, ist unklar. „Die im Koalitionsvertrag verabredete Einführung eines Bürgergeldes ist ein großes Reformvorhaben, für deren Umsetzung die Voraussetzungen geschaffen werden müssen“, teilte eine Sprecherin von Heil auf Anfrage von kreiszeitung.de mit. Details könne man noch nicht nennen, da die Beratungen im politischen Raum noch nicht abgeschlossen seien.

Im Bundestag sorgt der Stellenaufbau jedenfalls für Zündstoff. „Das Vorgehen der Koalition ist eine Riesensauerei“, wetterte der Unions-Haushaltspolitiker Christian Haase (CDU) laut der dpa. „Mit insgesamt 324 neuen Stellen scheinen alle Dämme gebrochen zu sein.“ Und auch die Linke geißelt den Plan der Regierung. In der Opposition hätte Grüne und FDP die „Aufblähung von Behörden“ scharf kritisiert, monierte der Bundestagsabgeordnete Victor Perli. Doch nun bediene man sich ungeniert „am Fleischtopf“ und verteile munter Posten und Stellen.
Bürgergeld 2022: Sanktionen bleiben und geringe Regelsätze – Verbände sehen Reform von Hartz IV kritisch
Mit Blick auf das eigene Haus dürfte Hubertus Heil, der beim Bürgergeld einen „großen Wurf“ verspricht, sein Vorgehen aber für gerechtfertigt halten. Ziel sei es bei der Bürgergeld-Reform im Gegensatz zu Hartz IV, die Betroffenen im großen Stil aus der Langzeitarbeitslosigkeit zu holen. „Wo immer es geht, werden wir Menschen mit dem neuen Bürgergeld aus der Bedürftigkeit in Arbeit führen“, sagte Heil der dpa. Im Dezember gab es laut Bundesagentur für Arbeit rund 977.000 Langzeitarbeitslose.
Ob das Bürgergeld an dieser Zahl etwas ändert, bleibt abzuwarten. Sozialverbände und Gewerkschaften sehen die Reform mittlerweile sehr kritisch. Zwar plant die Ampel im Vergleich zu Hartz IV die Hinzuverdienstgrenzen für Arbeitslose zu verbessern. Doch Sanktionen bei nicht vorhandener Mitwirkung bei der Jobsuche bleiben erhalten. Und auch die Regelsätze sollen nicht angehoben werden – obwohl gestiegene Lebenshaltungskosten und explodierende Energiepreise die ALG-II-Empfänger zunehmend belasten.
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Bei der Reform handele es sich letztendlich um „neuen Wein in alten Schläuchen“, bemängelte der Paritätische Wohlfahrtsverband unlängst. Gut möglich also, dass auf die neuen Mitarbeiter in dem potenziellen Bürgergeld-Referat noch eine Menge Überzeugungsarbeit zukommt. * kreiszeitung.de ist ein Angebot von IPPEN.MEDIA.