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Koalitionsverhandlungen: So geht das Ringen um die Macht weiter

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Von: Jens Kiffmeier

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Zweckehe oder Zukunftsbündnis? SPD, Grüne und FDP handeln jetzt den Ampel-Koalitionsvertrag aus – mit einem Großaufgebot. Zoff ist vorprogrammiert. Ein Überblick.

Berlin – Nun beginnt das Hauen und Stechen: Nach dem Abschluss der Sondierungsphase steigen SPD, FDP und Grüne nun voll in die Ampel-Koalitionsverhandlungen ein. Bereits am Donnerstag wollen die Unterhändler der drei Parteien für die erste Runde zusammenkommen. Claudia Roth (Grüne) erwartet dabei eine harte inhaltliche Auseinandersetzungen.

„Natürlich werden die nächsten Wochen in dem Ringen um eine zukunftsverantwortliche Politik intensiv, anstrengend und auch schwierig sein“, sagte die bisherige Bundestagsvizepräsidentin der Augsburger Allgemeinen. Zu den Verhandlungen rücken die Partner dabei mit jeweils einem Großaufgebot an, zu dem auch viele Politiker aus Niedersachsen zählen.

Bundestagswahl 2021:20. Legislaturperiode zum Deutschen Bundestag
Kanzlerkandidaten:Annalena Baerbock, Olaf Scholz, Armin Laschet
Wahlbeteiligung:76,6 Prozent
Wahlberechtigte:60,4 Millionen Menschen

Am Montag hatte die FDP als letzte der drei potenziellen Bündnispartner den Weg für die Ampel-Gespräche freigemacht. Nachdem zwei Wochen lang die mögliche Zusammenarbeit ausgelotet worden war, mussten nun die Gremien der Parteien ihre Zustimmung erteilen. Grundlage war dabei ein Sondierungspapier, in dem die Verhandler die ersten Eckpunkte und gemeinsame politische Ziele festgelegt hatten, unter anderem zur Steuer- oder Klimapolitik, aber auch zum Mindestlohn oder zum Bürgergeld. Nun müssen die Ziele konkret ausformuliert werden.

Ampel-Gespräche: SPD, FDP und Grüne starten Koalitionsverhandlungen

Dabei droht durchaus Streit. Denn in der Summe können sich viele Anliegen noch als unvereinbar oder unfinanzierbar erweisen. So räumte SPD-Chef Norbert Walter-Borjans im Vorfeld durchaus inhaltliche Differenzen ein. Viele Pläne seien noch nicht konkret genug, sagte er der Funke Mediengruppe. „Die Finanzen müssen hinterlegt werden, ganz klar“, fügte der Sozialdemokrat hinzu. Kopfzerbrechen bereitet den Ampel-Partner derzeit vor allem der Spagat aus teurem Klimaschutz und nicht gewollter Steuererhöhung. Doch auch in anderen Bereichen steckt der Teufel im Detail.

Die Parteichefs Annalena Baerbock, Robert Habeck (beide Grüne) und Christian Lindner (FDP) stehen nach den Ampel-Gesprächen bei einer Pressekonferenz und schauen skeptisch.
Schmieden sie das Ampel-Bündnis? Am Donnerstag setzen SPD, Grüne und FDP die Verhandlungen fort. © Michael Kappeler/dpa

Im Unterschied zu der Sondierung geht es in den offiziellen Koalitionsverhandlungen um eine konkrete Ausformulierung der Anliegen. Am Ende soll ein Koalitionsvertrag herauskommen, der einen klaren Handlungsrahmen für die kommende Bundesregierung in der 20. Legislaturperiode absteckt. Dafür schicken die Parteien Hunderte Politiker in die Debatten. Für die Ampel-Gespräche wurden laut übereinstimmenden Medienberichten nun insgesamt 22 Arbeitskreise gebildet.

Die Arbeitsgruppen decken alle politischen Themenfelder ab und sind an die Schlüsselressorts gekoppelt: Innen, Außen, Recht und Justiz, Klima und Energie, Bauen, Landwirtschaft und so weiter. Zusätzlich gibt es eine Steuerungsgruppe, in denen die wichtigsten Vertreter der Parteien sitzen und den gesamten Prozess koordinieren.

Ampel-Koalition: 22 Arbeitsgruppen sollen nun das Sondierungspapier im Detail ausarbeiten

Die SPD um Kanzlerkandidat Olaf Scholz und die Grünen um Annalena Baerbock hatten am Dienstag bereits ihre Unterhändler nominiert. Bei der FDP waren noch keine Namen durchgesickert. Klar ist aber, dass zum Beispiel Parteirebell Kevin Kühnert für die SPD die Arbeitsgruppe Bauen leiten soll, während etwa Karl Lauterbach in der AG Gesundheit gesetzt ist.

Doch auch aus Bremen und Niedersachsen sind Politiker dabei: Ministerpräsident Stephan Weil wurde zusammen mit Hannovers Bundestagsabgeordneten Matthias Miersch als Experte für Energiefragen berufen. Mit im Verhandlungsteam der SPD sind aber auch Umweltminister Olaf Lies, Bremens Bürgermeister Andreas Bovenschulte (Mobilität), Bundessozialminister Hubertus Heil (Arbeit) oder Landesinnenminister Boris Pistorius (Integration).

Wer wird Minister? Postenstreit zwischen Christian Lindner und Robert Habeck stört die Harmonie

Die zweiwöchige Sondierungsphase war noch geprägt von Harmonie. Nach der Bundestagswahl hatten sich alle Beteiligten zusammengerauft und um eine gute Stimmung bemüht. Doch damit dürfte es nun vorbei sein. Nun müssen die Parteien ihre Positionen durchbringen. Einen Vorgeschmack erhielten Beobachter in den vergangenen Tagen, als das Bündnis erste Risse bekam, weil sich die Parteichefs Christian Lindner (FDP) und Robert Habeck (Grüne) um das Finanzministerium stritten.

Speziell für die Liberalen ist das Ampel-Bündnis keine Liebesheirat. Das machte Lindner zuletzt mehr als deutlich. Im Wahlkampf hatte er noch mit einem Jamaika-Bündnis geliebäugelt. Doch weil die CDU bei der Wahl herbe Verluste einfuhr, es nur auf Platz zwei schaffte und seit dem von einer tiefen Zerrissenheit geprägt ist, zweifeln die meisten Liberalen an deren Verlässlichkeit.

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Bei einem Zustandekommen einer Ampel hätte man es nicht mit Partnern zu tun, die sich „gesucht haben“, stellte Lindner unlängst klar. „Es wäre erst mal ein Zweckbündnis. Ob daraus mehr werden kann, liegt an allen Beteiligten“, mahnte der Liberale seine potenziellen Regierungspartner. Es war der Auftakt zum Hauen und Stechen. * kreiszeitung.de ist ein Angebot von IPPEN.MEDIA.

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