Hohe Energiepreise: Wie Ampel und EU Verbraucher jetzt entlasten wollen
Die ohnehin schon hohen Energiepreise steigen durch den Ukraine-Krieg weiter an. Die Ampelkoalition sowie die EU-Kommission wollen dem entgegenwirken. Doch wie?
Berlin/Brüssel – Durch den von Russlands Präsidenten Wladimir Putin geführten Ukraine-Krieg* ist unter anderem Gas noch teurer geworden. Das wiederum schlägt sich auch in den Stromrechnungen nieder. Damit dies ein möglichst schnelles Ende findet und Verbraucher entlastet werden, möchte die Ampel-Koalition am Mittwoch, 23. März 2022, spezielle Maßnahmen verabschieden. Und auch die EU-Kommission will aktiv werden – was jedoch auch Nachteile mit sich bringen könnte.
Entlastungspaket 2022: Ampel will hohen Energiepreisen entgegenwirken
Wie „Focus Online“ berichtet, wird im Kreise der Ampel-Koalition derzeit über das „Maßnahmenpaket zum Umgang mit hohen Energiekosten“ verhandelt. Das große Ziel ist es nämlich, sowohl die Bundesbürger als auch Unternehmer mit Blick auf die stark steigenden Energiepreise zu entschädigen. Die geplanten Entlastungen sollen die Regierungsparteien, also SPD, Grüne und FDP, nun auf Spitzenebene weiterverhandeln.

Das spezielle Maßnahmenpaket, das dem „ARD-Hauptstadtstudio“ vorliegt, mache aber auch deutlich, dass jede Koalitionspartei unterschiedliche Schwerpunkte bei den Entlastungsmaßnahmen setzen will. Am Mittwochabend, 23. März, soll sich dann auf das endgültige „Maßnahmenpaket zum Umgang mit hohen Energiekosten“ geeinigt werden.
FDP will Verbraucher wegen hoher Energiepreise entlasten: Tank-Rabatt, mehr Erdgasförderung, Einmal-Rabatt auf Kfz-Steuer
Zunächst ist der Standpunkt der von Finanzminister Christian Lindner angeführten FDP zu betrachten. Seine Partei will die deutsche Erdgasförderung angesichts der hohen Energiepreise ausbauen. Über eine weitere Förderung von Gas und Öl in der Nordsee wird bereits intensiv diskutiert und gestritten. Kritiker halten gegen, dass hierdurch die Umwelt in zu großem Ausmaß verschmutzt werden könnte.
Doch zurück zu den weiteren Punkten der FDP. Über die „Höchstpreisverordnung“ will die liberale Partei eben keine Preisregulierung des Mineralölmarktes. Zudem soll weiterhin die Rede von Lindners vorgeschlagenen Tank-Rabatt sein. Selbiges gilt für die „Absenkung der Energiepreise auf das europäische Mindestmaß“ und einen „Einmal-Rabatt“ auf die Kfz-Steuer.
Entlastungspaket 2022 der SPD: Sozialdemokraten für Kinderbonus und Heizkostenpauschale für Wohlgeldempfänger
An zweiter Stelle stehen die Vorhaben der SPD. Die Sozialdemokraten wollen vor allem Familien entlasten. Für jedes Kind soll es einen Kinderbonus* geben, um somit die Schwere der hohen Energiepreise abfedern zu können. Geplant ist, dass dieser Kinderbonus der SPD auf den Kinderfreibetrag angerechnet wird. Familien mit einem höheren Einkommen würden auf diese Weise nicht von einem solchen Bonus profitieren.
Zudem fordert die SPD eine dauerhafte Auszahlung der Heizkostenpauschale für Wohngeldempfänger. Empfänger von Transferleistungen sollen aber auch einen einmaligen Zuschlag erhalten – und das zusätzlich zu den bereits auszahlenden 100 Euro Einmalzahlungen.
Maßnahmenpaket wegen hoher Energiekosten: SPD will Energiepreispauschale – FDP macht sich für Mobilitätsgeld stark
Das sind jedoch noch längst nicht alle Punkte der SPD für ein mögliches „Maßnahmenpaket zum Umgang mit hohen Energiekosten“. Denn auch für Rentner soll es eine einmalige „Energiepreispauschale“ geben. Um es etwas konkreter auszudrücken: „Mobilität als sichere Teilhabe, auch wenn Rentnerinnen und Rentner nicht mehr täglich zur Arbeit fahren müssten“. Zudem wollen die Sozialdemokraten, dass die Preise im Öffentlichen Personennahverkehr (ÖPNV) nicht weiter steigen.
Im Gespräch ist aber auch eine „einmalige Energiepreispauschale“ für Arbeitnehmer. Die Höhe der Pauschale sei noch nicht bekannt, sie soll jedoch allen steuerpflichtigen Haushalten ausgezahlt werden. Sie könne nach Einkommen gestaffelt werden und sich pro Kind erhöhen. Die FDP ist jedoch gegen diesen Vorschlag – und will das Mobilitätsgeld für Arbeitnehmer mit kleinem und mittlerem Einkommen auf den Weg bringen.
Entlastungen für Verbraucher durch die Grünen: Verbot für den Einbau von Gasheizungen im Gespräch
Bleiben zu guter Letzt noch die Grünen. Die Partei will bereits ab 2023 den Einbau von Gasheizungen verbieten. Zudem besteht die Forderung nach einem Energiegeld, für das es jedoch kein praktikables Konzept gibt – bislang. Denn nun solle das Finanzministerium von Christian Lindner einen Auszahlungsweg entwickeln, der über die Steuer-ID erfolgt.
Eine Einigung auf die verschiedenen Punkte im „Maßnahmenpaket zum Umgang mit hohen Energiekosten“ besteht innerhalb der Ampel-Koalition aber noch nicht. Laut „Focus Online“ sei auch noch unklar, welche Punkte überhaupt einigungsfähig sind. Erst wenn sich die Koalitionsspitzen von SPD, Grünen und FDP am Mittwochabend, 23. März, auf das endgültige Maßnahmenpaket verständigen können, herrscht Klarheit.
EU-Kommission plant ebenfalls Entlastungspaket 2022: Notfallmaßnahmen für EU-Länder sollen greifen
Doch nicht nur auf Bundesebene wird händeringend nach Maßnahmen gesucht, die den hohen Energiepreisen entgegenwirken und Verbrauchern sowie Unternehmen zugutekommen. Auch die EU-Kommission zieht eine Reihe von Notfallmaßnahmen für Länder in der Europäischen Union (EU) in Betracht.
Dabei ist unter anderem von einer Deckelung der Preise sowie von gemeinsamen Gaseinkäufen die Rede. „Nichts davon ist eine Wunderwaffe und alle haben Vorteile und Nachteile“, heißt es einem Entwurf der Brüsseler Behörde, welcher der Deutschen Presse-Agentur (dpa) vorliegt. Ebenfalls am Mittwoch, 23. März, soll das Papier verabschiedet werden.
Pläne zur Entlastung von Verbrauchern wegen hohen Energiepreisen: EU-Kommission will Preise für Verbraucher regulieren
Schon Anfang März hatte Kommissionspräsidentin Ursula von der Leyen beim bislang letzten EU-Gipfel angekündigt, dass die Kommission entsprechende Notfallmaßnahmen bis Ende März vorlegen wolle. Auf diesem Wege sollen „Ansteckungseffekte“ zwischen den Gaspreisen und den Strompreisen begrenzt werden. Der Strompreis wird nämlich durch einen Preismechanismus vom Gaspreis beeinflusst.
Konkret schlägt die EU-Kommission nun zum einen vor, dass die Preise für Verbraucher und kleinere Unternehmen reguliert werden sollen. Laut der dpa heißt es im entsprechenden Entwurf, dass Staaten etwa Strom auf dem Markt einkaufen und im nächsten Schritt besonders bedürftigen Kunden billiger zur Verfügung stellen könnten.
Hohe Energiepreise: EU-Staaten sollen festen Strompreis setzen – was mit vielen Nachteilen verbunden wäre
Zum anderen könnten die EU-Staaten auch im Großhandel eingreifen, indem sie einen festen Strompreis setzen, die Produzenten dafür aber finanziell kompensiert werden. Zudem soll die Überlegung bestehen, ob ein EU-weiter maximaler Preis für Gas gesetzt wird, der letztendlich zu niedrigeren Strompreisen führen könnte.
Die Krux: All diese Maßnahmen der EU-Kommission hätten auch Nachteile, die sich auf die Versorgung auswirken könnten. Gemeint seien hiermit zum Beispiel eine Einschränkung des Wettbewerbs, die Belastung der nationalen Haushalte oder eine mögliche Verzerrung der Märkte. Zudem würden Anreize für Investitionen in erneuerbare Energien teils reduziert.
Öl- und Gaspreise deckeln? Kritik aus dem EU-Parlament – Steuergelder würden „direkt Putins Öl und Gas subventionieren“
Auf diese negativen Szenarien scheint die EU-Kommission aber vorbereitet zu sein. Denn es bestünde der Vorschlag, gemeinsam Gas einzukaufen, um eine stärkere Verhandlungsposition auf dem Markt zu haben. Darüber hinaus soll es auch eine Vorgabe geben, Gasreserven jährlich bis November zu 90 Prozent zu füllen. Ein Markteingriff in Form eines Preisdeckels wird bislang jedoch unter anderem von Deutschland abgelehnt. Auch im Europaparlament (EP) regt sich Kritik gegen diesen Vorschlag:
Jetzt Öl- und Gaspreise zu deckeln ist der absolut falsche Weg. Damit würden Steuergelder direkt Putins Öl und Gas subventionieren.
Vielmehr brauche man eine Strategie für den beschleunigten Ausbau erneuerbarer Energien und die Renovierung von Häusern. Grundsätzlich ist auch der Bau von Terminals zur Förderung von Flüssigerdgas (LNG) als Alternative zu Erdgas aus Russland eine Option. Ein milliardenschweres Projekt, für das bereits Standorte in Wilhelmshaven, Stade und Brunsbüttel im Gespräch sind.
Von heute auf morgen wäre dies natürlich nicht umzusetzen – und somit keine direkte Entlastung für Verbraucher, die wegen der steigenden Energiepreise ächzen und auf Impulse durch die Politik hoffen. * kreiszeitung.de ist ein Angebot von IPPEN.MEDIA.