Bei Sturz von Putin: Wer könnte auf den Kreml-Herrscher folgen?
Der Ukraine-Krieg sollte Wladimir Putins Meisterstück werden. Doch Russlands Invasion läuft nicht nach Plan. Droht Putin der Sturz? Wer wären mögliche Nachfolger?
Moskau – Seine Machtposition als alleiniger Kreml-Herrscher und Präsident Russlands hat Wladimir Putin über mehr als zwei Jahrzehnte hinweg zementiert. Im Grunde galt der mittlerweile 70-Jährige als unantastbar. So lange, bis Putin Ende Februar 2022 den Befehl zur russischen Invasion auf die Ukraine gab. Für manchen Politik-Beobachter war das gleichbedeutend mit dem Ende des einstigen KGB-Agenten.
Sollte der Ukraine-Krieg zum Sturz von Wladimir Putin als Präsident von Russland führen, drängt sich eine Frage in den Vordergrund: Wer könnte denn überhaupt auf Putin folgen?
Sturz von Wladimir Putin: Ukraine-Krieg gerät ins Stocken – Kreml-Herrscher vorm Aus?
Der 24. Februar 2022 ist bereits in die Geschichte eingegangen. Als der Tag, an dem Russland auf Befehl von Wladimir Putin seine „militärische Spezialoperation“ gegen die Ukraine beginnen sollte, wie es der Präsident des ehemaligen Zaren-Reiches selbst formulierte. Doch sein Vorhaben, das osteuropäische Land in Windeseile zu erobern und zu annektieren, geriet zunehmend ins Stocken. Zu desolat der Zustand des russischen Militärs, zu unerfahren und motivationslos die Soldaten.

Faktoren, die Wladimir Putin vor dem Beginn des Ukraine-Kriegs nicht bedacht hatte oder aber in seinem imperialistischen Größenwahn ausblendete. Der Angriff auf die Ukraine stellte selbst für das russische Establishment einen großen Schock dar. Schließlich hätte sich niemand vorstellen können, dass Wladimir Putin tatsächlich solch einen umfassenden Krieg mit Auswirkungen auf die Weltgemeinschaft beginnen würde. Das Risiko war und ist groß: Sollte der Ukraine-Krieg aus Sicht von Putin zu keinem Erfolg werden, könnte sein Sturz drohen. Oder schon deutlich früher?
Ukraine-Krieg könnte zum Ende von Wladimir Putin führen – Russlands Elite zweifelt am Kreml-Kommandanten
Die Fakten fallen klar zuungunsten von Putin aus – und sprechen damit für all jene Kreml-Kritiker, die den russischen Präsidenten längst vorm Aus sehen. Quasi vorm (politischen) Grab, das sich Putin durch den Ukraine-Krieg selbst geschaufelt hat. Im Zuge der Teilmobilmachung kam es zu einer Massenflucht aus Russland. Von Kriegsdienstverweigerungen ist nahezu täglich zu lesen. Dass auf einmal auch die männliche Zivilbevölkerung in den Krieg Putins mit hineingezogen werden sollte, brachte das Fass endgültig zum Überlaufen.
Was zudem für den Sturz von Wladimir Putin spricht: Die Sanktionen der Europäischen Union (EU) schlagen sich nachhaltig auf die Wirtschaftskraft Russlands nieder, die Massenabwanderung hoch qualifizierter Arbeitskräfte kommt erschwerend hinzu. Dementsprechend wächst der Unmut in den eigenen Reihen. Die zuletzt getroffenen Entscheidungen und Reden Putins sollen Kreml-intern für reichlich Kopfschütteln gesorgt haben. Denn längst treibt die Elite Russlands die Frage um, ob der Ukraine-Krieg überhaupt gewonnen werden kann. Und: Wie wird ein Sieg in diesem Kontext eigentlich definiert?
Kreml-Elite könnte Wladimir Putin zum Sturz bringen – um Regime und eigenes Leben zu retten
Eine militärische Niederlage Putins könnte durchaus zum Zusammenbruch des Regimes und damit zum Sturz der Kreml-Herrschers führen. Putins Kriegstreiberei würde aber auch die Frage aufwerfen, „ob die russischen Eliten bereit sind, bis zum bitteren Ende an Putin festzuhalten, insbesondere in Anbetracht der steigenden Gefahr eines Atomwaffeneinsatzes“, heißt es von Politikberaterin Tatjana Stanowaja gegenüber dem Focus.
War Putin einst eine Stabilitätsinstanz, hätte er sich längst zu einer äußerst instabilen und vor allem gefährlichen Figur entwickelt. Der Politikexperte Abbas Galjamow ist daher der Ansicht, dass es an der Elite im Kreml ist, das Regime zu retten und damit womöglich auch ihr eigenes Leben. Könnte sich hier also der Sturz vom mit explosiven Botschaften konfrontierten Wladimir Putin andeuten? Nach Galjamows Ansichten hätten die Mitglieder stets auf Putins Fähigkeit zum Erhalt des Regimes vertraut. Doch das notwendige Umdenken würde die Suche nach einem möglichen Nachfolger für den Kreml-Alleinherscher nur noch intensivieren.
Bei Sturz von Putin: Einige Nachfolger vorhanden – doch Einstellung zum Krieg würde sich nicht ändern
Vorausgesetzt, der Ukraine-Krieg verläuft weiter nicht nach Plan für Russland und es kommt tatsächlich zum Sturz von Wladimir Putin: Wer käme als Nachfolger des Kreml-Herrschers infrage?
- Dmitri Patruschew: Sohn des Sicherheits-Sekretärs Nikolai Patruschew, der zu den wichtigsten Ideologen des Regimes in Russland gehört. Patruschew junior war bereits als Landwirtschaftsminister tätig, er könnte aufgrund seines jungen Alters von 45 Jahren als frischer Wind angesehen werden.
- Sergej Kirijenko: War im Alter von 35 Jahren von April bis August 1998 bereits Ministerpräsident von Russland. In der Regierung von Boris Jelzin galt Kirijenko als „junger Reformer“. Im Oktober 2016 wurde er von Putin zum stellvertretenden Leiter der Präsidialverwaltung ernannt.
- Sergei Sobjanin: Ist seit Oktober 2010 Bürgermeister von Moskau. War unter anderem Chef der Präsidialverwaltung unter Wladimir Putin und Vize-Ministerpräsident in der Regierung der Russischen Föderation. Sobjanin gilt als enger Vertrauter von Putin, der seinen Einfluss in Moskau laut Beobachtern durch die Ernennung Sobjanins zum Bürgermeister kontinuierlich gestärkt hat.
- Michail Mischustin: Seit Januar 2020 Ministerpräsident der Russischen Föderation. War zehn Jahre lang Chef der russischen Steuerbehörde. Durch den russischen Oppositionsführer Alexej Nawalny wurde Mischustin Korruption unterstellt.
In der Washington Post argumentierte der inhaftierte russische Oppositionsführer Alexej Nawalny aber bereits, dass die Hoffnung darauf, „die Nachfolge Putins durch ein anderes Mitglied seiner Elite diese Einstellung zum Krieg, insbesondere zum Krieg um das Erbe der UdSSR, grundlegend ändern wird, bestenfalls naiv“ sei. Die einzige Möglichkeit, um den ewigen Kreislauf eines imperialen Nationalismus zu überwinden? Laut Nawalny eine Dezentralisierung der Macht und Russlands Verwandlung in eine parlamentarische Republik. Auch dieser Tag dürfte definitiv in die Geschichte eingehen.