Hartz IV in der Kritik: Sozialverband VdK fordert höhere ALG-II-Regelsätze 2022
Die Lebenshaltungskosten steigen rasant, im Gegensatz zu den Hartz-IV-Regelsätzen. Der Sozialverband VdK drängt auf Änderungen der Sätze beim ALG-II.
Berlin – Drei Euro gab es zum Jahresanfang mehr: Von einer wirklichen Erhöhung der Hartz-IV-Regelsätze 2022 kann kaum die Rede sein. Damit können Betroffene in Zeiten explodierender Strom- und Gaspreise kaum etwas anfangen – auf jeden Fall nicht die steigenden Lebenskosten abdecken. Auch ein angedachter einmaliger Heizkostenzuschuss würde Betroffenen nur eine kurze Atempause verschaffen. Die Bundesregierung hat bisher keine Erhöhung beim Arbeitslosengeld geplant, zum Unmut von Sozialverbänden wie dem VdK. Seine Präsidentin sieht dringenden Handlungsbedarf.
Preisanstiege und der Hartz-IV-Regelsatz 2022: Sozialverband VDK fordert Erhöhung des ALG-II
Die Forderungen nach höheren Regelsätzen bei Hartz-IV 2022 können kaum überhört werden: Sie stammen von Armutsforschern, Sozialverbänden und aus der Politik. Bisher scheinen sie bei den Entscheidungsträgerinnen und Entscheidungsträgern allerdings weitgehend unbeachtet zu verhallen: Ein Antrag der Linken auf Erhöhung der Regelsätze des ALG-II zum Inflationsausgleich war kürzlich gescheitert. Dennoch: Auch der Sozialverband VdK sieht dringenden Handlungsbedarf beim Arbeitslosengeld. Die Präsidentin des VdK, Verena Bentele, fordert den Umbau des Sozialstaats und in diesem Zuge die Erhöhung der Regelsätze bei Hartz IV.

Bentele sagte dem Mannheimer Morgen, die Corona-Pandemie habe gezeigt, „dass wir unseren Sozialstaat umbauen müssen, damit nicht so viele Menschen unter die Räder kommen“. Die VDK-Präsidentin, die sich in dem Gespräch auch auf wachsende Altersarmut bezog, betonte mit Blick auf Hartz IV besonders die inflationsbedingten Preissteigerungen in vielen Bereichen. Sie erklärte: „Deshalb wollen wir, dass sich die echten Energiekosten genauso in der Grundsicherung wiederfinden wie die zusätzlichen Ausgaben für Masken oder andere Hygieneartikel wie Desinfektionsmittel.“ Auch der DGB fordert höhere Regelsätze 2022.
Über den Hartz-IV-Satz 2022 hinaus: Das ALG-II steht seit Jahren in der Kritik – „Arbeitslosenhilfe abgeschafft“
Hartz IV ist seit Jahren in der Kritik. Im Mittelpunkt steht dabei die Frage, ob das ALG-II für ein menschenwürdiges Leben ausreicht. Eine Rechnung der Kreiszeitung zeigt, dass sich Betroffene mit dem Arbeitslosengeld kaum etwas leisten können: Weder eine gesunde Lebensführung, noch kulturelle und gesellschaftliche Teilhabe sind mit den Regelsätzen 2022 möglich. Seit ihrem Beginn stehen die Hartz-IV-Gesetze grundsätzlich in der Kritik. Der Armutsforscher Christoph Butterwegge bezeichnete sie gegenüber der Kreiszeitung als einen „historischen Bruch“ mit der Sozialpolitik.
Butterwegge sagte der Kreiszeitung: „Für den Kern von Hartz IV halte ich, dass am 01. Januar 2005 die Arbeitslosenhilfe abgeschafft worden ist. Sie ist nicht zusammengelegt worden mit der Sozialhilfe, wie es Gerhard Schröder in seiner Agenda-2010-Rede angekündigt und beschönigt hat.“ Der Armutsforscher betont, dass aus einer Lohnersatzleistung, die 53 bis 57 Prozent des letzten Nettolohns betrug, eine reine Fürsorgeleistung wurde. Betroffene seien finanziell auf das Niveau von „Bettlerinnen und Bettlern“ zurückgefallen.
Hartz IV wird Bürgergeld: „Großer Wurf“, oder nicht? Regelsätze beim ALG-II steigen nicht
Die Ampel-Koalition macht aus Hartz IV jetzt das Bürgergeld. Arbeitsminister Hubertus Heil (SPD) sieht darin den großen Wurf – und erhält viel Widerspruch. Mit dem Bürgergeld ändern sich tatsächlich einige Dinge, so wird etwa der Vermittlungsvorrang abgeschafft. Dieser hatte besagt, dass die Annahme eines Arbeits-Angebots einer Weiterbildungsmaßnahme immer übergeordnet ist.
Der entscheidende Punkt für Betroffene von Hartz IV bleibt jedoch, dass die Regelung im Kern erhalten bleibt. Die Regelsätze steigen auch unter dem Bürgergeld nicht mehr, als bereits geplant. Armutsforscher Christoph Butterwegge sprach gegenüber der Kreiszeitung deshalb zuletzt von „semantischer Kosmetik“, eine substanzielle Verbesserung bringt auch das Bürgergeld ALG-II-Empfängerinnen und Empfängern nicht. Ein höherer Regelsatz hingegen würde zumindest etwas Erleichterung bringen.* kreiszeitung.de ist ein Angebot von IPPEN.MEDIA.
-