Hartz IV: Bundestag verweigert Erhöhung der Regelsätze 2022
Die Hartz-IV-Regelsätze werden um drei Euro erhöht. Das kann nicht reichen, findet die Linke, und scheitert jetzt mit dem Antrag, die Beträge zum Inflationsausgleich anzuheben.
Berlin – Die Hartz-IV-Regelsätze 2022 steigen um drei Euro. Die große Begeisterung darüber bleibt aus. Während Lebenshaltungskosten auch für Empfänger von Hartz IV explodieren, sollen Arbeitslose ihren Alltag künftig mit drei Euro mehr bestreiten, Sozialverbände laufen Sturm. Ob aktuelle Pläne für die Grundsicherung einem menschenwürdigen Leben gerecht werden, ist umstritten. Auch die Linke forderte nun in einem Antrag, die Regelsätze zum Inflationsausgleich anzuheben – und scheitert am Bundestag.
Partei: | Die Linke |
Gründung: | 16 Juni 2007 |
Parteiführung: | Janine Wissler, Susanne Hennig-Wellsow |
Hartz IV: Bundestag lehnt Erhöhung der Hartz-IV-Regelsätze für 2022 ab
Der Bundestag hat einen Antrag der Linken auf die kurzfristige Erhöhung der Hartz-IV-Regelsätze für 2022 abgelehnt. Ein damit einhergehender Antrag, auch die Sanktionen für Empfänger von Hartz IV abzuschaffen, wurde an den entsprechenden Ausschuss weitergeleitet. Die Linkspartei hatte gefordert, die ALG-II-Sätze zumindest zum Inflationsausgleich kurzfristig anzuheben.

Schon seit längerem gibt es immer wieder Forderungen seitens Sozialverbänden und Gewerkschaften, die Regelsätze deutlich zu erhöhen. Drei Euro fallen dabei nicht in den Bereich „deutliche Erhöhung“ und eine solche ist auch nicht in Aussicht – nun ist die Linkspartei schon mit ihrem Vorstoß einer kurzfristigen Erhöhung zum Inflationsausgleich gescheitert. Eine durch den Paritätischen Wohlfahrtsverband veröffentlichte Forsa-Umfrage hatte ergeben, dass die meisten Befragten monatliche Regelsätze von rund 800 Euro für notwendig halten.
Hartz IV 2022: Sozialverbände laufen Sturm gegen Regelsätze – Lebenshaltungskosten steigen mit Strompreisen und Gaspreisen
Die Lebenshaltungskosten sind in der Vergangenheit deutlich gestiegen. In der Forderung der Linken, die Grundsicherung zumindest zum Inflationsausgleich anzuheben, sehen viele die Mindestforderung. Kürzlich waren insbesondere Gas- und Strompreise deutlich gestiegen, den Preisanstieg für Empfänger von Hartz IV durch drei Euro mehr auszugleichen ist unmöglich. Auch nach dem Jahreswechsel ist mit keiner schnellen Entspannung zu rechnen. Doch nicht nur im Bereich der Strom- und Gaspreise sind Kosten höher geworden, zuletzt stiegen auch Lebensmittelpreise deutlich.
Immer wieder werden deshalb Forderungen nach der Erhöhung der Hartz-IV-Regelsätze auf mindestens 600 Euro laut – und auch die würden die Deckung von Lebenshaltungskosten vielen Einschätzungen nach nicht möglich machen. Der neue SPD-Generalsekretär Kevin Kühnert kündigte seinerseits ebenfalls an, er wolle bei den Regelsätzen nachverhandeln. Die Linkspartei, die nunmehr mit ihrem Antrag auf kurzfristige Erhöhung gescheitert ist, geht von 1200 Euro als notwendige Mindestsicherung aus. Aktuelle Entwicklungen lassen dieses Ziel in weite Ferne rücken.
Hartz IV 2022: Diese Regelsätze gelten für Empfänger
Aus dem bisher vereinbarten Anstieg der Regelsätze ergeben sich für Empfänger von Hartz IV 2022 folgende Beträge:
Single-Haushalt: | von 446 auf 449 Euro |
Partner innerhalb einer Bedarfsgemeinschaft: | von 401 auf 404 Euro |
Junge Menschen unter 25 im Haushalt der Eltern: | von 357 auf 360 Euro |
Jugendliche von 15 bis 17 Jahren: | von 373 auf 376 Euro |
Kinder im Alter von 6 bis 14 Jahren bei Alleinstehenden: | von 309 auf 311 Euro |
Bürgergeld ersetzt Hartz IV: Arbeitsminister Hubertus Heil (SPD) sieht großen Wurf – das ändert sich wirklich
Aus Hartz IV soll Bürgergeld werden, so sieht es der Koalitionsvertrag der neuen Bundesregierung vor. Gegenüber der Rheinischen Post sprach Arbeitsminister Hubertus Heil von einem „grundlegenden Wechsel in der Sozialpolitik“ und einer „großen Sozialreform“. Er sieht sie weiterhin als „großen Wurf“.
Unter anderem soll die Angemessenheit der Wohnung zwei Jahre lang nicht überprüft werden – ein Prozedere, was grundsätzlich in der Kritik steht. Im Koalitionsvertrag heißt es dazu „Wir gewähren in den ersten beiden Jahren des Bürgergeldbezugs die Leistung ohne Anrechnung des Vermögens und anerkennen die Angemessenheit der Wohnung“.
Auch will die Ampel Sanktionen bei Hartz IV für die Dauer von einem Jahr aussetzen. Die Linkspartei forderte jetzt in ihrem Antrag, die Sanktionen im Rahmen der Grundsicherung müssten durch die Politik ganz abgeschafft werden. In Anbetracht der abgelehnten Erhöhung der Regelsätze scheint auch das nicht absehbar. Die Ampelparteien versprechen mit dem Wechsel zum Bürgergeld einen echten Kurswechsel in der Sozialpolitik, eine grundsätzliche Abkehr von Hartz IV sehen viele darin nicht.
Aus Hartz IV wird Bürgergeld – das ändert sich
Änderungen bei der Vermögensanrechnung: Die ersten zwei Jahre wird das Bürgergeld gewährt – ohne Anrechnung des Vermögens. Auch das Schonvermögen soll erhöht werden.
Änderungen bei den Sanktionen: Die sogenannte Mitwirkungspflicht bleibt bestehen, was den Erhalt von Sanktionen im Rahmen von Hartz IV bedeutet. Die Sanktionen stehen immer wieder in der Kritik, bis Ende 2022 sollen sie neu geregelt werden. Für ein Jahr sollen die Sanktionen ausgesetzt werden.
Zahlung vorübergehender Boni möglich: Empfänger des Bürgergeldes haben die Möglichkeit, für ihre Teilnahme an einer der Eingliederung dienenden Maßnahme eine Bonuszahlung zu erhalten.
Höherer Zuverdienst möglich: Neben der Erhöhung des Mindestlohns sollen auch Zuverdienstmöglichkeiten verbessert werden.
Änderungen bei der Anrechnung von Einkommen aus Schüler- und Studentenjobs: Die Anrechnung von Schüler- und Studentenjobs auf die Leistungen einer gesamten Bedarfsgemeinschaft soll im Rahmen des Bürgergelds entfallen. Zudem soll auch der Einkommensfreibetrag für Auszubildende erhöht werden.
Änderung bei den Wohnkosten: Die Wohnkosten sollen in den ersten zwei Jahren grundsätzlich als angemessen anerkannt werden. Darüber hinaus sollen die Angemessenheitsgrenzen für Wohnkosten jedes Jahr auf die aktuelle Marktlage hin überprüft werden.
Hartz IV oder Bürgergeld: Die Lage für Erwerbslose bleibt trotz erhöhter Regelsätze angespannt
Das Bürgergeld und ersetzt Hart IV kommt – und dürfte viele Hoffnungen enttäuschen. Hartz IV wird durch das Bürgergeld keineswegs überwunden, das findet auch der Paritätische Wohlfahrtsverband, wie „nd.Aktuell“ berichtet.
Der Hauptgeschäftsführer des Verbandes sagte in Bezug auf den Koalitionsvertrag „angesichts der Not der Betroffenen und der verfassungsrechtlichen Verpflichtung, das soziokulturelle Existenzminimum abzusichern, kann hier das letzte Wort noch nicht gesprochen sein“. Den großen Wurf, den Hubertus Heil im Bürgergeld sieht, erkennen viele nicht. Auch unter der Ampel-Koalition können sich die Empfänger von Grundsicherung wie Hartz IV oder dem Bürgergeld vorerst keine Hoffnungen auf große Verbesserungen der Regelsätze machen .* kreiszeitung.de ist ein Angebot von IPPEN.MEDIA.