Gerhard Trabert: Kritiker von Steinmeier hofft auf fruchtbare Zusammenarbeit
Der Linken-Kandidat zur Bundespräsidentenwahl, Gerhard Trabert, erhält Zuspruch von Frank-Walter Steinmeier. Trotz aller Freude bleibt seine Kritik laut.
Berlin – Gerhard Trabert war mit dem Ziel zur Bundespräsidentenwahl angetreten, auf soziale Ungerechtigkeit und Obdachlosigkeit in Deutschland aufmerksam zu machen. Das Anliegen des Mainzer Sozialmediziners und sein Engagement schätzt auch der alte und neue Bundespräsident 2022, Frank-Walter Steinmeier, und nimmt in seiner Antrittsrede direkten Bezug. Das ist ein Erfolg, befindet auch Trabert, doch kann das nur ein erster Schritt sein. Der Linken-Kandidat zeigt sich gerührt von Steinmeiers Entgegenkommen, unkritisch steht er ihm deshalb noch lange nicht gegenüber.
Bundespräsident 2022: Frank-Walter Steinmeiers Antrittsrede ist für Gerhard Trabert ein Erfolg
Dass Frank-Walter Steinmeier direkt bei seiner Antrittsrede nach der Wahl zum Bundespräsidenten 2022 auf Gerhard Traberts Anliegen, soziale Ungerechtigkeit und Obdachlosigkeit in Deutschland zu bekämpfen, Bezug nahm, ist ein Erfolg für Traberts Kandidatur. Es wirft zumindest ein kurzes Schlaglicht, auf die Themen, denen der Mainzer Sozialmediziner mit seiner Kandidatur die dringend benötigte Aufmerksamkeit verschaffen wollte. Auch in Niedersachsen wächst die Armut: Trotz Vollzeitjob gilt im Bundesland von Ministerpräsident Stephan Weil (SPD) mittlerweile jeder fünfte als Geringverdiener.

Der Linken-Kandidat zeigt sich im Gespräch mit der Kreiszeitung erfreut über Frank-Walter Steinmeiers Entgegenkommen. Er sagt: „Natürlich war das eine schöne Geste, die mich auch berührt hat. Aber ich bin nur der Gate-Keeper, es geht um die Menschen. Dass er das Thema Obdachlosigkeit bei seiner Antrittsrede anspricht und dabei auch von verwundbaren Gesellschaftsmitgliedern spricht, ist eine erste Etappe, wo ich sage, das ist ein Erfolg.“ Steinmeiers Ankündigung, Obdachlosigkeit mehr in die Diskussion in Politik und Gesellschaft zu tragen und ihn dabei einzubinden, deutet Trabert positiv. Skepsis bleibt jedoch.
Frank-Walter Steinmeier bietet Zusammenarbeit bei Obdachlosigkeit an – Trabert erwartet langfristigen Plan
Bei seiner Antrittsrede hatte Frank-Walter Steinmeier Gerhard Trabert die Zusammenarbeit im Kampf gegen Obdachlosigkeit angeboten. Bei aller Freude darüber hat der Sozialmediziner klare Erwartungen an den Bundespräsidenten 2022. Der Kreiszeitung sagt er: „Ich stelle mir vor, dass man sich zusammensetzt und mal überlegt, was ist denn auch längerfristig in seiner Amtszeit möglich, damit das nicht nur ein einmaliges Event ist.“ Ein leeres Versprechen darf das Angebot an den Linken-Kandidaten nicht sein: „Ich hoffe, dass das ein Angebot ist, was in ein Konzept und einen Plan mündet, wie er das Thema auch bei den politisch Verantwortlichen einbringen kann“, so Trabert.
Der Mainzer glaubt an ein aufrichtiges Interesse Steinmeiers an sozialen Fragen wie der Bekämpfung von Obdachlosigkeit. Das ist sein Eindruck aus direkten Gesprächen mit dem Bundespräsidenten: „Ich hatte die Möglichkeit kurz, aber intensiv mit Herrn Steinmeier zu sprechen. Ich hatte den Eindruck, dass er nicht so weit von diesem Thema entfernt ist, gerade was Obdachlosigkeit angeht. Seine Dissertationsarbeit war auch zu diesem Thema“, so Trabert zur Kreiszeitung. Genau wie Frank-Walter Steinmeier hat auch er seine Dissertationsarbeit zu Obdachlosigkeit verfasst, Trabert kennt die Probleme zudem aus der Praxis: Er engagiert sich seit Jahren in der Obdachlosenhilfe.
Nach Bundespräsidentenwahl 2022: Gerhard Trabert steht Bundespräsident Frank-Walter Steinmeier kritisch gegenüber
Gerhard Traberts Position zu Frank-Walter Steinmeier bleibt trotz dessen lobenden Worten kritisch. Gegenüber der Kreiszeitung erklärt er weshalb: „Ich bin sehr wohl auch jemand, der sehr kritisch gegenüber Herrn Steinmeier eingestellt ist, weil er einer der Entwickler der Agenda 2010 ist. Damit hat er, in meinen Augen, zu einer gewissen gesellschaftlichen Spaltung mit beigetragen.“ Wegen der geringen Hartz-IV-Regelsätze 2022 hatte Trabert auch die neue Bundesregierung zuletzt scharf kritisiert.
Vom alten und neuen Bundespräsidenten erwartet er, sich noch dieses Jahr zum Thema Obdachlosigkeit und Armut zusammenzusetzen. Auch klare Statements erhofft sich Trabert von Steinmeier: „Ich erwarte, dass er sich nochmal zum Thema soziale Ungleichheit meldet. Ich erwarte zudem, dass er etwas sagt, zur Situation von Geflüchteten im In- und Ausland. Es darf nicht sein, dass Menschen im Mittelmeer weiter ertrinken oder in Flüchtlingslagern unter katastrophalen Bedingungen leben. Dazu sollte ein Bundespräsident sich äußern.“
Die Zeit wird zeigen, wie ernst das Angebot des Bundespräsidenten zur Zusammenarbeit mit dem Mainzer Sozialmediziner gemeint war – und was daraus entstehen kann. Gerhard Trabert brennt einiges unter den Nägeln – über den Handlungsbedarf scheinen sich der Bundespräsident und sein Gegenkandidat zumindest beim Thema Obdachlosigkeit schon einmal einig zu sein. * kreiszeitung.de ist ein Angebot von IPPEN.MEDIA.