Bürgergeld 2023: Regelsatz und Sanktionen – darum ringt der Vermittlungsausschuss
Freibeträge, Regelsätze und Sanktionen: Der Streit um das Bürgergeld 2023 geht im Vermittlungsausschuss in die letzte Runde. Wie könnte ein Kompromiss aussehen?
Update vom 22. November um 11:31 Uhr: Nun also doch: Nach tagelangen Debatten konnten sich Ampel und Union auf einen gemeinsamen Weg beim Bürgergeld einigen. Wie mehrere Medien übereinstimmend berichten, konnten die Konfliktparteien bei Streitfragen Kompromisse erzielen, die nun die Sozialreform möglich machen. Demnach löst das Bürgergeld wohl zum 1. Januar die heutigen Hartz-IV-Leistungen ab. Bereits am kommenden Freitag soll der Bundesrat erneut über das Bürgergeld 2023 abstimmen.
Weg frei für Bürgergeld 2023: Ampel und Union einigen sich bei Nachfolger von Hartz IV
Erstmeldung vom 21. November um 12:02 Uhr: Berlin – Die Fronten im Streit um das Bürgergeld 2023 bleiben verhärtet: Wenige Tage vor Beginn des Vermittlungsausschusses hat die Ampel-Koalition die Union zum Einlenken aufgerufen. CDU und CSU dürften sich nicht in ihrer Blockadehaltung verfangen, mahnte die Grünen-Fraktionschefin Katharina Dröge in einem Interview mit RTL.
Was ist das Bürgergeld?
Das Bürgergeld soll der Nachfolger von Hartz IV werden und damit ein Grundeinkommen für erwerbsfähige und bedürftige Menschen darstellen. Geplant ist, dass das Bürgergeld 2023 in Deutschland ab dem 1. Januar 2023 eingeführt wird. Im vergangenen Wahlkampf zur Bundestagswahl war das Bürgergeld ein zentrales Thema in den Parteiprogrammen von SPD, Grünen und FDP.
Das Reformpaket dürfe nicht in allen Teilen aufgeschnürt werden und die neuen Regelsätze für Menschen in der Grundsicherung müssten unbedingt zum 1. Januar 2023 eingeführt werden, betonte sie. Doch bei der Union zeigte man zuletzt wenig Lust, auf die Forderung der Bundesregierung einzugehen.
Bürgergeld 2023: Vermittlungsausschuss soll Kompromiss finden – doch wie sieht der aus?
Seit Wochen tobt der Streit um das Bürgergeld 2023. Am Mittwoch, 23. November 2022, kommt es zum Showdown in der deutschen Politik, wenn am Abend der Vermittlungsausschuss tagt. Nachdem die Union zuletzt die Hartz-IV-Reform im Bundesrat blockiert hatte, müssen die Bundesregierung von Kanzler Olaf Scholz (SPD) und die Opposition jetzt einen Kompromiss bei der Neugestaltung der Regelsätze, den Sanktionen und den Freibeträgen finden. Doch ist ein Kompromiss überhaupt möglich? Und wie könnte dieser aussehen? Hier die wichtigsten Fragen und Antworten im Überblick.

Bürgergeld statt Hartz IV: Wer bekommt ab wann wieviel Geld? SPD und CDU wägen Pro und Contra ab
Darum geht es: Mit der Einführung des Bürgergeldes wollen SPD und Grüne ihr zentrales Wahlversprechen umsetzen, nämlich die Abschaffung von Hartz IV. Ab Januar 2023 sollen nicht nur die Regelsätze steigen, sondern auch ein stärkerer Fokus auf die Bildung und Vermittlung der Arbeitslosen in einen Job gelegt werden. In diesem Zusammenhang sollen die Sanktionen wegfallen, mit denen bislang den Beziehern von ALG-2 die monatlichen Bezüge gekürzt werden konnten, wenn sie bei der Arbeitsvermittlung nicht richtig mitgezogen haben. Doch wer bekommt beim Bürgergeld am Ende ab wann wie viel? Womit die Grundsicherungsempfänger künftig rechnen können sollen und inwieweit sich die Bezüge von Hartz IV unterscheiden, zeigt die folgende Tabelle.
Höhe vom Bürgergeld: Wie sich die neuen Regelsätze ab Januar 2023 berechnen könnten – eine Tabelle
Empfänger: | Hartz-IV-Regelsatz 2022: | Mögliche Höhe vom Bürgergeld: |
Alleinstehende und Alleinerziehende | 449 Euro im Monat | 502 Euro im Monat |
Partner, wenn beide volljährig sind | 404 Euro im Monat | 451 Euro im Monat |
Jugendliche ab 14 Jahre | 376 Euro im Monat | 420 im Monat |
Kinder von 6 bis 14 Jahre | 311 Euro im Monat | 348 Euro im Monat |
Kinder unter 6 Jahren | 245 Euro im Monat | 318 Euro im Monat |
Bürgergeld: Sanktionen, Freibeträge und Schonvermögen – das plant die Ampel bei der Reform
Neben höheren Sätzen und der Abschaffung der Sanktionen plant die Bundesregierung weitere Verbesserungen. So soll auch das Vermögen weit weniger angetastet werden als bislang. Laut Ampel-Plan soll das Vermögen einer Person die ersten zwei Jahre nach Antragsstellung geschont werden, sprich es muss vor einem Leistungsbezug nicht aufgebraucht werden. Als Obergrenze gelten hier 60.000 Euro. Genauso können die Bezieher des Bürgergeldes in dieser Karenzzeit nicht gezwungen werden, in eine kleinere Wohnung zu ziehen.
Hinzu kommen dann noch großzügigere Hinzuverdienstgrenzen. So sollen Menschen in der Grundsicherung, die sich auch das Kindergeld auf Hartz IV anrechnen lassen können, mehr von ihrem Geld behalten dürfen, wenn sie im Monat etwas hinzuverdienen. Bei einem Einkommen zwischen 520 Euro und 1.000 Euro wird der Freibetrag beim Bürgergeld auf 30 Prozent angehoben. Auch Schülerinnen und Schüler, die in Hartz-IV-Haushalten leben, müssen bei einem Nebenjob weniger abgeben als bisher.
Sanktionen und Vermögen: CDU will im Vermittlungsausschuss nicht klein beigeben – Sätze unstrittig
Der Union gehen diese Pläne aber viel zu weit. Dadurch, so keifte Parteichef Friedrich Merz (CDU) mit Blick auf das Bürgergeld in Richtung Ampel-Koalition, werde das alte Prinzip nach „Fördern und Fordern“ aufgegeben. Und Generalsekretär Mario Czaja sagte: „Wir werden keine billigen Formelkompromisse von der Ampel akzeptieren.“ Er schlug vor, die Regelsatz-Erhöhung auszukoppeln und bei den Sanktionen und dem Vermögen alles so zu belassen, wie es ist. Für SPD, Grüne, Sozialexperten und Gewerkschaften wäre das aber ein No-Go, denn es würde praktisch ein Scheitern der Reform bedeuten.
Doch ist das Reformwerk nach dem CDU-Veto noch zu retten? Denkbar sind derzeit drei Szenarien. Erstens: Es gibt keine Einigung. Das würde bedeuten, dass die Arbeitslosen zum 1. Januar 2023 keine Erhöhung ihrer Regelsätze bekommen. Zweitens: Man einigt sich auf den kleinsten gemeinsamen Nenner. Sprich: Die Hartz-IV-Sätze werden angehoben, dafür bleiben aber die Sanktionen und die bisherigen Regeln zum Schonvermögen. Drittens: Man findet einen Kompromiss. Demnach könnten die Regelsätze angepasst werden und bei den Sanktionen, der Karenzzeit und den Freibeträgen einigt man sich auf einen Mittelweg. Dies könnte eventuell sein, dass beim Vermögen die Obergrenze nach unten gesetzt wird.
Streit ums Bürgergeld 2023: Für wen und ab wann? Ampel bearbeitet NRW im Vermittlungsausschuss
Ein Ausweg aus dem Streit um das Bürgergeld ist aber noch völlig offen. Derzeit überziehen sich Bundesregierung und Opposition mit Vorwürfen und beschuldigen sich gegenseitig des Trumpismus. Entscheidend wird sein, wie sich die FDP verhält. Die Liberalen hatten bereits signalisiert, dass sie sich ein Zugehen auf die Position der Union vorstellen können. Außerdem ist derzeit noch nicht klar, wie sich die unionsgeführten Landesregierungen verhalten. In Nordrhein-Westfalen etwa regiert Ministerpräsident Hendrik Wüst (CDU) zusammen mit den Grünen und hatte bereits erkennen lassen, dass er sich eine Einigung durchaus vorstellen kann. Knickt NRW ein, würde es für eine Zustimmung im Bundesrat reichen.
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Doch die Zeit drängt. Bis Ende November 2022 muss das Gesetz verabschiedet sein. Sonst lässt sich die Reform nicht mehr umsetzen. Das hat Arbeitsminister Hubertus Heil (SPD) bereits mehrfach klargestellt. Es würde aber reichen, wenn der Vermittlungsausschuss in seiner Nachtsitzung zu einer Einigung kommt. Bereits am Freitag könnte der Bundesrat dann erneut zu Beratungen zusammenkommen und seinen Segen zu dem Vorhaben geben.