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Zu teuer, zu ineffektiv, kein internationaler Austausch: Corona-App in der Kritik

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Von: Sebastian Horsch, Naima Wolfsperger

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Die Corona-Warn-App steht nicht erst seit Pannen stark in der Kritik. Zu wenige Menschen nutzen sie. Einen internationalen Austausch mit anderen Apps gibt es ebenfalls nicht.

Update vom 25. August 2020, 20.30 Uhr: München – Die Corona-App der Bundesregierung soll vor Ansteckungsgefahren im Alltag warnen. Wer über 15 Minuten lang näher als zwei Meter mit einem Infizierten in Kontakt war, wird von ihr auf sein erhöhtes Risiko hingewiesen. Vorausgesetzt, beide nutzen die App überhaupt. Zwar haben die Bundesbürger sie bereits 17,5 Millionen Mal runtergeladen. Doch nach Einschätzung von Experten ist diese Zahl – die auch nicht mit der Zahl der Nutzer gleichzusetzen ist – noch immer zu gering.

„Damit die Corona-Warn-App wirklich etwas bringt, sollte sich die Zahl der Downloads verdoppeln“, sagte Gert Wagner, Mitglied des Sachverständigenrats für Verbraucherfragen, der „Welt am Sonntag“. Auch Markus Söder, Chef der Regierungspartei CSU, ist bisher wenig überzeugt. „Die Corona-Warn-App ist noch kein ganz großer Erfolg“, sagte er am Montag dem „Spiegel“. Ein Problem sei, dass viele Menschen ein altes Handy nutzen würden, auf dem die App nicht läuft.

Diesen Kritikpunkt teilt auch Manuel Höferlin (FDP). Der Vorsitzende des Digitalausschusses im Bundestag hält die Corona-App zwar grundsätzlich für gelungen. Doch mit Gesamtkosten von bis zu über 60 Millionen Euro sei sie „einfach zu teuer, um Potenzial ungenutzt zu lassen“, sagte Höferlin dem Münchner Merkur. Die Bundesregierung müsse endlich auf Hersteller wie Apple einwirken, die App auch auf älteren Geräten laufen zu lassen. Momentan sei die Nutzung erst ab dem Apple-Modell I-Phone 6s möglich, technisch ginge es aber schon ab dem älteren I-Phone 4s.

Höferlin sieht noch weitere Schrauben, an denen man drehen müsse. Dass man für den Download der App mindestens 17 Jahre alt sein muss, zeuge mit Blick auf die Infektionsgefahr in Schulen von „unglaublich schlechter Planung“. Auch dass es – obwohl technisch in vielen Fällen möglich – keinen Datenaustausch mit Apps anderer Länder gebe, sei „nicht nachvollziehbar“. Der gravierendste Fehler liege allerdings in der Kommunikation der Bundesregierung. Immer wieder sei die Corona-App in der öffentlichen Darstellung mit anderen Programmen – wie zum Beispiel der Datenspende-App – vermischt worden. Zudem seien Fehler in der Anfangsphase nicht offen kommuniziert worden. „So kann man kein Vertrauen aufbauen“, sagt Höferlin.

Das Bundesgesundheitsministerium von Jens Spahn (CDU) betont auf Anfrage des Münchner Merkurs, dass die App „ein Baustein von mehreren“ im Kampf gegen Corona sei. „Jede Warnung, die durch die Corona-Warn-App erfolgt, kann dazu beitragen, Infektionsketten schneller zu unterbrechen und die Verbreitung von Sars-Cov-2 einzudämmen.“ Somit trage jeder Einzelne, der die App nutze, damit auch zur Pandemiebekämpfung bei. Der logische Schluss: „Aus Sicht der Bundesregierung gibt es keine Mindesterfolgsgrenze.“

Aber natürlich wird trotzdem Buch geführt: Neben 17,5 Millionen Downloads seien bisher über 210 000 Testergebnisse (auch negative) „auf digitalem Weg übermittelt und mehr als 1800 teleTans zur Verifikation eines positiven Testergebnisses ausgegeben“ worden, schreibt das Ministerium. Gleichzeitig erhalte die Anwendung „in den App-Stores sehr positives Feedback der Nutzerinnen und Nutzer“. Und auf den öffentlich einsehbaren Plattformen der Entwickler herrsche „ein konstruktiver Austausch darüber, wie sich die App noch weiter verbessern lässt“. - Sebastian Horsch

Ein für einen Reiserückkehrer durchgeführter Corona-Test wird auf dem Display eines Iphone in der Corona-Warn-App als ·negativ· dargestellt. Reisende aus Risikogebieten müssen sich nach der Rückkehr testen lassen.
Ein für einen Reiserückkehrer durchgeführter Corona-Test wird auf dem Display eines Iphone in der Corona-Warn-App als ·negativ· dargestellt. Reisende aus Risikogebieten müssen sich nach der Rückkehr testen lassen. © Michael Kappeler / dpa

Corona-App: Nach massiven Problemen - EU geht auf Entwickler zu

Update vom 31. Juli, 12.02 Uhr: Die deutsche Corona-Warn-App hatte jüngst mit massiven Problemen zu kämpfen. Meldungen wurden offenbar wochenlang nicht ausgespielt, Millionen von Nutzern waren betroffen. Die Bundesregierung steht aber nach wie vor hinter der Software. Die technischen Mängel seien nun auch beseitigt, beteuerte Gesundheitsminister Jens Spahn in einer gemeinsamen Erklärung mit den Entwicklern (s. Update vom 26. Juli, 12.07 Uhr).

Auf die Entwickler ging nun auch eine Kommission der Europäischen Union zu. Die Deutsche Telekom und SAP sollen offenbar an einer europaweiten Warn-Plattform arbeiten. Eine Möglichkeit, die Corona-Apps verschiedener Länder zu vernetzen, soll geschaffen werden. Der Deal stehe bereits „kurz vor Abschluss“ teilte ein Telekom-Sprecher der Deutschen Presse-Agentur mit.

Eine grenzübergreifende Warn-Möglichkeit ist besonders zur Reisezeit ein wichtiges Thema für die EU. Zunächst werde das aber nur eine Kooperation der Länder möglich machen, die auf eine ähnlich dezentrale Lösung wie Deutschland setzen. Da sind unter anderem die Niederlande, Österreich und Dänemark. Anderweitig gesteuerte Software würden die Datenschutzmaßnahmen erschweren.

Corona-App: Jens Spahn gesteht massive Fehler - gemeinsame Erklärung von Regierung und Entwicklern

Update vom 26. Juli, 22.25 Uhr: Wochenlang soll die Corona-Warn-App der Bundesregierung für Millionen Nutzer nur begrenzt zur Verfügung gestanden haben. Ein technischer Fehler führte offenbar dazu, dass Warnmeldungen erst sehr spät ausgespielt wurden. Mit einem Update wollen Entwickler SAP und Telekom die Problematik in den Griff bekommen.

„Wir wollen noch mehr Menschen von der App überzeugen“, heißt es nun in einer gemeinsamen Erklärung von Regierung und Entwicklern, die auch Gesundheitsminister Jens Spahn unterzeichnet hatte, „jeder, der sie nutzt, macht einen Unterschied.“ Mehr als 16 Millionen Bürger haben sich die Software bereits auf ihr Smartphone gezogen. Zum wiederholten Mal bedankt sich die Bundesregierung für das Vertrauen und beteuert, die App funktioniere gut.

Zeitgleich werden die massiven Fehler in der Erklärung ebenfalls eingeräumt. „Nicht auf allen Mobiltelefonen lief die Anwendung der App ohne Einschränkungen“, die fehlerhafte Aktualisierung der Daten sei nun aber repariert. In Zukunft will das Entwicklerteam über unvorhergesehene Probleme und mögliche Einschränkungen informieren.

Corona-App bekommt Update nach massiven Fehlern - Gesundheitsminister Spahn schweigt

Update vom 25. Juli 2020, 20.20 Uhr: Die Entwickler der deutschen Corona-Warn-App haben eine neue Version der Anwendung veröffentlicht, mit der die technischen Probleme auf dem iPhone von Apple beseitigt werden. Das teilten der Softwarekonzern SAP und die Deutsche Telekom am Samstagabend mit. Auf dem Apple-Betriebssystem iOS hatte die Warn-App zwar wie versprochen ständig anonyme Codes mit anderen Nutzern ausgetauscht, die Warnung vor gefährlichen Begegnungen erfolgte allerdings nicht im Hintergrund, sondern nur wenn die App aktiv geöffnet war.

Ähnliche Probleme tauchten bei bestimmten Android-Smartphones auf. Ursache war ein vom Android-Standard abweichender Energiesparmodus, der bei einigen Geräten die Hintergrundaktualisierung stark eingeschränkt oder sogar deaktiviert haben könnte.

Das Apple-Betriebssystem iOS auf dem iPhone führte nach Darstellung der beiden Unternehmen die Hintergrundaktualisierung nicht immer regelmäßig durch. Das Entwicklerteam habe am Samstag einen Weg gefunden, die betriebssystembedingten Einschränkungen zu umgehen, bis Apple das Systemproblem selbst gelöst habe, heißt es in der Mitteilung. Dazu müssen die Anwender ein Update auf die Version 1.1.2. vornehmen. Für die vollständige Aktivierung des Updates müssten die Anwender dann die App einmal aufrufen. „Dies gilt auch dann, wenn ein Smartphone über längere Zeit ausgeschaltet war.“ Für Android-Anwender steht schon seit einigen Tagen ein Update der Corona-Warn-App des Robert Koch-Instituts bereit.

Corona-App hat für Millionen Nutzer wochenlang nicht richtig funktioniert - Gesundheitsminister Spahn schweigt

Update vom 25. Juli 2020: Die Deutsche Stiftung Patientenschutz hat von Gesundheitsminister Jens Spahn (CDU) Aufklärung gefordert, was an den Vorwürfen rund um die Probleme bei der Corona-Warn-App dran ist. Die App sei ein wichtiger Baustein, das Coronavirus in Schach zu halten, erklärte Vorstand Eugen Brysch am Samstag der Deutschen Presse-Agentur. „Jetzt soll auf immer mehr Smartphones die Kontaktüberprüfung nur lückenhaft funktionieren. Das beunruhigt die über 15 Millionen Nutzer.“ Und weiter: „Für maximale Irritation sorgt jedoch der Bundesgesundheitsminister. Sein Schweigen ist nicht zu akzeptieren.“ Das Vertrauen in die richtige Funktion sei der Schlüssel des Erfolgs der Corona-Warn-App.

Corona-App mit massiver Panne: Offenbar viel größer als angenommen und noch nicht gelöst - auch iPhones betroffen

Update vom 24. Juli, 22.45 Uhr: Offenbar sind die Probleme der Corona-Warn-App größer als bisher angenommen. Einer Recherche von tagesschau.de zufolge soll das Coronavirus-Alarmsystem auch auf iPhones Schwierigkeiten aufweisen. Demnach funktioniert auf vielen iPhones die Kontaktüberprüfung nur lückenhaft. Nutzer seien teilweise über Wochen nicht über die App informiert worden, ob sie Kontakt zu Infizierten hatten oder nicht.

SAP, das die App zusammen mit der Deutschen Telekom entwickelt hat, räumte den Fehler dem Bericht zufolge ein. „Da gibt es Probleme, und ich hoffe ganz stark, dass die entweder sehr, sehr schnell beseitigt werden oder wir einen wirksamen Workaround finden, (...) um trotzdem die Funktionalität auf die Beine zu stellen“, wurde der Software-Architekt der Corona-Warn-App bei SAP, Thomas Klingbeil, zitiert.

Wie bei einigen Android-Geräten soll auch bei iPhones die Hintergrundaktualisierung verantwortlich sein. Die Corona-Warn-App muss aber auch dann im Hintergrund weiterlaufen und Daten aktualisieren, wenn sie nicht geöffnet ist. Wenn es eine Begegnung mit einer Person gab, die dann positiv auf das Coronavirus getestet wurde, soll das Handy den Besitzer eigentlich aktiv mit einer Benachrichtigung auf das erhöhte Risiko hinweisen. Wird die Aktualisierung im Hintergrund abgestellt, dann erfolgt auch keine Warnung. „Das Problem, das wir haben, ist, dass die Hintergrundaktualisierung vom Betriebssystem offenbar nicht aufgerufen wird“, so Klingbeil.

Corona-App mit massiver Panne: Jetzt gerät Spahn in die Kritik - „Ich erwarte ...“

Update vom 24. Juli, 11.04 Uhr: Der digitalpolitische Sprecher der SPD, Jens Zimmermann fordert nach einem Bericht der Bild über eine Panne bei der Nutzung der Corona-Warn-App umfassende Antworten aus dem Gesundheitsministerium. „Ich erwarte hierzu schnelle Aufklärung durch Minister Spahn“, sagte Zimmermann dem Handelsblatt.

Laut Gesundheitsministerium ist das Problem schon seit längerem bekannt und auch Thema in den Fragen-und-Antworten (FAQ) der App. Trotzdem betonte das Ministerium, die App habe „zu jeder Zeit“ funktioniert. Jedoch hätten bestimmte Android-Geräte verhindert, dass die Apps dauerhaft im Hintergrund laufen. „Das gilt nicht nur für die Corona-Warn-App, sondern für alle Apps auf diesen Smartphones“, hieß es seitens der Behörde.

Berlin: Jens Spahn (CDU), Bundesgesundheitsminister, steht zu Beginn einer Videokonferenz der EU-Gesundheitsminister vor einem Logo der deutschen EU-Ratspräsidentschaft 2020.
Jens Spahn: Trotz einiger Schwierigkeiten steht der Bundesgesundheitsminister hinter der deutschen Corona-Warn-App - sie hat offenbar auch EU-Politiker überzeugt. © Tobias Schwarz/AFP Pool/dpa

Corona-Warn-App: SPD Politiker Zimmermann kritisiert fehlende Transparenz nach Panne

SPD-Politiker Zimmermann kritisierte die aus seiner Sicht mangelhafte Kommunikation des Bundesgesundheitsministeriums. „Es ist mehr als ärgerlich, dass die zuständigen Fachpolitiker von dieser Sache aus den Medien erfahren. Ich hätte mir eine offene Kommunikation durch das Gesundheitsministerium gewünscht“, sagte er. Zwei frühere Chefs der Sozialdemokraten bekommen unterdessen in einer Beileidsbekundung die Leviten gelesen.

Erstmeldung vom 23. Juli: Berlin - Sie sollte Sicherheit bringen - und das Leben trotz der Coronavirus-Pandemie erleichtern: die Corona-Warn-App. Doch offenbar hat die Coronavirus*-Warn-App für Millionen Nutzer wochenlang nicht richtig funktioniert. Das berichtet Bild.de. Demnach soll wegen einer technischen Einstellung die Warnung verhindert oder erst viel später an App-Besitzer ausgespielt worden sein.

Der Grund liegt offenbar an einem schlechten Zusammenspiel von Android-Geräten und der App. Die Corona*-App sollte über Bluetooth Kontaktdaten sammeln und im Falle eines positiven Coronavirus-Tests* möglicherweise betroffene Kontakte des Infizierten warnen. Doch offenbar wurde der Alarm bei vielen Android-Geräten nicht rechtzeitig ausgespielt. „Es gab in der Tat ein Problem mit früheren Versionen der Corona-Warn-App in Sachen Hintergrundaktualisierung auf Android-Geräten“, bestätigte ein SAP-Sprecher gegenüber der Bild.

Corona-App: Panne bei Millionen von Nutzern - Warnungen wurden wochenlang nicht ausgespielt

Betroffen waren demnach Besitzer der Geräte von Samsung oder Huawei. Seit dem Start der App vor fünf Wochen ist das Tool für sie nicht in vollem Umfang nutzbar gewesen. Das Problem: Das Android-Betriebssystem stellt aus Energiespargründen die Hintergrundaktualisierung von Apps automatisiert ab, wenn der Nutzer sie schließt. Entsprechend wurden die dringenden Warnhinweise zu einer möglichen Coronavirus*-Infektion nicht angezeigt.

Nutzer hätten die Hintergrundaktualisierung aktiv einstellen müssen, um planmäßig den Corona-Alarm zu erhalten. „Mit der Version 1.1.1 ist das Problem behoben“, erklärte ein Sprecher des Gesundheitsministeriums der Bild. Die neue Version ist seit Mittwoch, 22. Juli, verfügbar. Demnach war das Problem der Corona-Warn-App bekannt - öffentlichkeitswirksam kommuniziert wurde das jedoch bisher nicht.

Coronavirus in Deutschland: Peinliche Panne bei der Spahn-App

Einen „sehr ärgerlichen Fehler“ nennt Professor Hannes Federrath, Präsident der Gesellschaft für Informatik, die Situation. Sieht aber in erster Linie die Smartphone-Hersteller in der Pflicht. Das könnte „gefährlich für die Gesundheit“ der Verbraucher sein, so Federrath.

Auch das Robert Koch-Institut hat den Bug bestätigt. „Der automatische Abgleich im Hintergrund wurde von einem Teil von Android-Smartphones unterbunden“, so ein Sprecher. Die Corona-App soll helfen, Infektionsketten nachzuverfolgen und zu unterbrechen. Außerdem kann sie dazu beitragen, dass Menschen nach einem Coronavirus-Test möglichst schnell ihr Testergebnis digital erhalten und über die App anonym mögliche Kontaktpersonen warnen können, wenn diese auch die App installiert haben.

Die Corona-App war innerhalb kürzester Zeit von Millionen Deutschen heruntergeladen worden. Als im Mai rund 6,5 Millionen Nutzer verzeichnet wurden, sagte Gesundheitsminister Jens Spahn noch: „Das sind weit über sechs Millionen Gründe, warum das Coronavirus künftig weniger Chancen hat.“ Die Bundesregierung wirbt auf ihrer Webseite unter dem Slogan „Unterstützt uns im Kampf gegen Corona“ für die Installation. Auch Bundeskanzlerin Angela Merkel hatte zur Nutzung der Corona-App aufgerufen. (nai) *Merkur.de ist Teil des Ippen-Digital-Netzwerks

Video: Die deutsche Corona-Warn-App

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