Corona-Sommerwelle: „Keine Panik“ – Lauterbach schmiedet Plan
Die Corona-Sommerwelle droht. Doch die meisten Corona-Regeln sind ausgelaufen. Was tun? Minister Lauterbach zaubert Sieben-Punkte-Plan hervor.
Berlin – Die Lage bei den Corona-Infektionen bleibt weiterhin angespannt. Die Sommerwelle und die Omikron-Subtypen BA.4 und BA.5 sorgen bei schönstem Wetter dafür, dass die Fallzahlen immer weiter nach oben gehen, mit teils großen regionalen Unterschieden. Den Wert für die deutschlandweite Sieben-Tage-Inzidenz gibt das Robert-Koch-Institut heute mit 427,8 an. Demgegenüber steht mit 1752,5 ein deutlich höherer Wert aus dem Landkreis Oldenburg, der in den letzten Tagen noch einmal kräftig zugelegt hat. Damit liegt Oldenburg weiterhin bundesweit an der Spitze.
Im restlichen Niedersachsen beträgt die Sieben-Tage-Inzidenz laut RKI derzeit 735,6. Neben Oldenburg sind die Landkreise Emsland, Ammerland, Göttingen, Northeim, Grafschaft Bentheim und Uelzen besonders stark vom Corona-Virus betroffen. Sie liegen unter den zehn Landkreisen mit der bundesweit höchsten Inzidenz.
Corona-Sommerwelle: Die Infektionszahlen steigen – Landkreis Oldenburg mit bundesweit höchster Inzidenz
Bereits seit geraumer Zeit hatte sich deutlich abgezeichnet, dass durch die derzeit anrollende Corona-Sommerwelle in den nächsten Wochen wenig Entspannung zu erwarten ist. Der „Sommereffekt“, an den man sich mit zwei Jahren Pandemie-Erfahrung inzwischen schon fast gewöhnt hat, sei diesmal „verpufft“, wie Bundesgesundheitsminister Karl Lauterbach (SPD) in diesem Zusammenhang sagte. Wenig überrascht von der aktuellen Entwicklung zeigte er sich daher auch heute in Berlin auf der gemeinsamen Pressekonferenz mit dem Vizepräsidenten des Robert Koch-Instituts (RKI), Lars Schaade. Mit der Sommerwelle sei eingetroffen, was prophezeit war. Einen Grund, deswegen in Panik auszubrechen, sieht der Minister trotzdem nicht.

Corona-Sommerwelle: Minister Karl Lauterbach warnt vor Panik – Omikron-Ansteckung aber keine „Gratis-Impfung“
Lauterbach erklärte, dass man die Sommerwelle durchaus ernst nehmen müsse, dass sie aber nicht „existentiell gefährlich“ sei. Als mögliche Gründe dafür nannte er zum einen, dass die Infektionen mit der inzwischen vorherrschenden Omikron-Variante im Durchschnitt harmloser verlaufen als Infektionen mit der Vorgänger-Variante Delta. Darüber hinaus gebe es inzwischen eine große Anzahl geimpfter und genesener Menschen. Genesene könnten sich mit der Omikron-Variante zwar mehrfach infizieren, sie hätten aber dennoch einen guten Basisschutz und würden wahrscheinlich weniger stark erkranken.
Der Minister betonte dennoch, dass er diese Sommerwelle keineswegs begrüße. Und schon gar nicht dürfe sie als eine Art „Gratis-Impfung“ angesehen werden. Die Gefahr einer Ansteckung sei trotz der oft milderen Verläufe bei Omikron nicht zu unterschätzen. Auch bei Infektionen mit der BA.5-Variante bestünde noch immer das Risiko, einen schweren Verlauf zu erleiden oder an Long Covid zu erkranken. Das Risiko sei zwar im Einzelfall geringer, besonders bei Geimpften, doch habe man insgesamt nicht viel in dieser Hinsicht gewonnen, wenn in der nächsten Zeit sehr viele Menschen erkranken. Die logische Konsequenz aus vielen Erkrankungen wären nämlich viele Long Covid-Fälle – und das gelte es, um jeden Preis zu vermeiden, so Lauterbach.
Ende der Corona-Regeln: Lauterbach rät zum Tragen von Masken in Innenräumen
Den besten Schutz böte weiterhin das Tragen von Masken in Innenräumen. Deswegen empfiehlt Lauterbach allen, die sich selbst und andere schützen wollen, weiterhin freiwillig eine Schutzmaske zu tragen, wenn man sich in einem Raum mit anderen Menschen aufhält. Das sei allerdings eine rein freiwillige Maßnahme, betonte er, die jedem selbst überlassen sein sollte. Darüber hinaus riet er erneut dringend dazu, sich impfen zu lassen beziehungsweise die Möglichkeit einer vierten Impfung in Anspruch zu nehmen.
Mit einem Maßnahmenpaket, dem Sieben-Punkte-Plan, wie Lauterbach ihn nannte, wolle man sich schon jetzt gezielt und effektiv auf den kommenden Herbst vorbereiten. Denn dann sei wieder verstärkt mit Ansteckungen zu rechnen. Der Minister sagte, dass er für Herbst und Winter noch keine vollständige Rückkehr zur Normalität sehe. Er gehe aber davon aus, dass die Einschränkungen dieses Mal nicht so schwer ausfallen werden wie in den Jahren zuvor, dennoch liebäugelt er auch mit einer sogenannten „O bis O“-Regel. Der heute vorgestellte Sieben-Punkte-Plan zur Pandemiebekämpfung für den kommenden Herbst beinhaltet folgende Maßnahmen und Schwerpunkte:
Sommerwelle: Neue Corona-Regeln ab Oktober – Lauterbach präsentiert Plan – der Überblick
- 1. Impfkampagne: An erster Stelle steht weiterhin der Ausbau des Impfschutzes in der Bevölkerung. Mit an die Omikron-Variante angepassten Impfstoffen rechne man im September. Ziel sei, die Impflücke möglichst zu schließen. Von einer allgemeinen Impfpflicht wolle man jedoch Abstand nehmen.
2. Testkonzept: Die kostenlosen Bürgertests, die am 30. Juni auslaufen, sollen beibehalten werden. Man arbeite gerade ein Konzept zur Finanzierung und Umsetzung aus, das auch mögliche Betrugsfälle in den Testzentren verhindert.
3. Arzneimittelvergabe: Wirksame Medikamente, die das Sterblichkeitsrisiko bei älteren und vorerkrankten Infizierten nachweislich senken, sollen im Krankheitsfall schneller und effektiver ausgegeben werden können. Dazu bedarf es auch einer Aufklärungskampagne unter medizinischem Personal, vor allem Ärzte und Apotheker.
4. Schutz vulnerabler Gruppen: Für Pflegeeinrichtungen sollen klare und einheitliche Schutzkonzepte ausgearbeitet werden, in dem eindeutige Zuständigkeiten verankert sind. Darunter fällt auch die Koordination von Impfungen und die Vergabe von Arzneimitteln bei Covid-Infektionen.
5. Digitales Pandemie-Management: Ab September sollen die für das Pandemie-Management notwendigen Informationen, wie die Anzahl freier oder belegter Betten in den Krankenhäusern, tagesaktuell und elektronisch erfasst werden. Dazu wird die Umstellung auf das vom RKI federführend entwickelte DEMIS-System empfohlen.
6. Konzept für Schulen und Kitas: Schließungen von Kitas und Schulen zu vermeiden sei eines der wichtigsten Ziele für diesen Herbst. Das Gesundheitsministerium will die Länder bei der Entwicklung eines Test- und Hygienekonzepts unterstützen. Die Umsetzung soll aber weiterhin Ländersache bleiben.
7. Reform des Infektionsschutzgesetzes: Das Infektionsschutzgesetz, das zum 23. September ausläuft, soll reformiert werden. Ein gemeinsames Eckpunktepapier von Gesundheits- und Justizministerium soll noch vor der Sommerpause vorliegen, damit nach der Sommerpause darüber beraten und abgestimmt weden kann.
Noch keine Rückkehr zur Normalität in diesem Winter, aber „Licht am Ende des Tunnels“, sagte Lauterbach.
Auch wenn wohl auch in diesem Winter keine Rückkehr zur Normalität wie vor der Pandemie zu erwarten ist, fand der Minister zum Abschluss noch ein paar optimistische Worte: Er rechne fest damit, dass es schon bald Impfstoffe gebe, die nicht nur das Risiko einer schweren Erkrankung minimieren, sondern die eine Ansteckung mit dem Corona-Virus ganz verhindern, sodass Covid schon bald eine relativ harmlose Krankheit wie die meisten anderen Infektionskrankheiten auch darstelle. Bis dahin gelte es aber, durch die heute vorgestellten Schutzmaßnahmen zu verhindern, dass wir in den nächsten Monaten täglich 100 bis 200 Todesfälle erleben.