Gescheitert: Bundestag schmettert Impfpflicht ab
Trotz angespannter Corona-Lage in Deutschland: Die Impfpflicht für Menschen ab 60 ist gescheitert. Der Bundestag ließ den Ampel-Plan krachend durchfallen.
Berlin – Herbe Niederlage für die Ampel-Koalition: Die allgemeine Impfpflicht gegen Corona in Deutschland ist vom Tisch. Nach einer stundenlangen Debatte ließ die Mehrheit im Bundestag das Vorhaben platzen. Bei der Abstimmung stimmten 378 Abgeordnete gegen den Gesetzentwurf – und damit eine überraschend deutliche Mehrheit. Nur 296 Parlamentarier waren dafür, acht Abgeordnete enthielten sich. Gesundheitsminister Karl Lauterbach (SPD) zeigte sich im Anschluss enttäuscht – und warnte vor einer angespannten Corona-Lage ab kommenden Herbst.
Corona in Deutschland: Inzidenz weiter hoch – Abstimmung über Impfpflicht im Bundestag
Für die Bundesregierung ist die Abstimmung eine deutliche Klatsche. Vorausgegangen war ein monatelanges Ringen über den Sinn der Maßnahme. Seit Beginn der Pandemie war eine allgemeine Impfpflicht über alle Parteigrenzen hinweg ausgeschlossen worden. Doch um Corona in Deutschland endlich zu stoppen, hatte die neu gewählte Ampel-Regierung von Bundeskanzler Olaf Scholz (SPD) Ende des vergangenen Jahres eine Kehrtwende vollzogen und den Wunsch nach einer Einführung verkündet.

Der ursprüngliche Plan von Scholz sah eine allgemeine Impfpflicht ab 18 Jahren vor. Doch wegen erheblicher Meinungsverschiedenheiten in den eigenen Reihen verzichtete die Koalition auf einen eigenen Gesetzentwurf und überließ den Abgeordneten die Entscheidung. Doch über Wochen und Monaten gelang keine Mehrheitsfindung. Befürworter wie Gegner finden sich in allen politischen Lagern. Und so lagen am Ende vier Vorschläge im Kampf gegen das Omikron-Virus, das mit immer neuen Varianten auftaucht, auf dem Tisch, über die die Parlamentarier am Donnerstag ohne Fraktionszwang abstimmen sollten. Hier der Überblick:
Corona in Deutschland: Einführung einer Impfpflicht – ja oder nein? Diese Vorschläge standen im Bundestag zur Debatte
- Impfpflicht ab 60: Menschen ab diesem Alter sollen ab dem 15. Oktober nachweisen, ob sie geimpft oder genesen sind. Je nach Entwicklung der Pandemie und der Virusvarianten könnte die Impfpflicht auch zu einem späteren Zeitpunkt noch auf alle Erwachsenen ausgeweitet werden. Der Gesetzentwurf sieht den Aufbau einer Impfberatung und eines Impfregisters vor. Unterstützt wird dieses Vorhaben von Abgeordneten der SPD, FDP und den Grünen.
- Impfvorsorgegesetz: Dieser Vorschlag stammt aus der Feder der Unionsfraktion. Demnach soll ein Impfregister aufgebaut werden. Eine Impfpflicht lehnen die CDU und die CSU aber ab – zumindest zum jetzigen Zeitpunkt. Stattdessen werben sie für einen „gestuften Impfmechanismus“ aus, der je nach Pandemielage vom Bundestag und Bundesrat in Kraft gesetzt werden könnte. Theoretisch wäre damit zur Not die Einführung einer Impfpflicht möglich, jedoch soll sie sich dann nur auf besonders gefährdete Bevölkerungs- und Berufsgruppen begrenzen.
- Antrag gegen die Impfpflicht: Eingebracht wird er von FDP-Vize Wolfgang Kubicki, der rund 50 Abgeordnete von FDP und Linken um sich geschart hat. Sie alle sprechen sich gegen die Impfpflicht aus. Ihr Argument: Es gebe viel zu viele ungeklärte Fragen zur Schutzdauer und zum Schutzumfang, sodass eine Impfung keinesfalls verpflichtend gemacht werden könne. Die Unterstützer dieses Antrags werben aber ausdrücklich für eine Impfung, die ihrerseits aber freiwillig erfolgen sollte.
- Antrag der AfD: Die Rechtspopulisten ordnen sich keinem der drei übrigen Vorschläge zu. Sie haben einen eigenen Antrag gegen die Impfpflicht formuliert. Darin geißeln sie die Maßnahme als „verfassungswidrig“. Zudem fordern sie, die bereits beschlossene Impfpflicht in Gesundheits- und Pflegeeinrichtungen sofort wieder abzuschaffen.
Am Ende konnte sich kein Antrag richtig durchsetzen. Nachdem zunächst der von der Regierung unterstützte Antrag durchgefallen war, fand auch der CDU-Vorschlag keine erforderliche Mehrheit. Auf der Abgeordnetenbank der AfD sorgte das Abstimmungsergebnis für Jubel – was einen Ordnungsruf von Bundestagsvizepräsidentin Aydan Özuguz (SPD) provozierte. Bei der Ernsthaftigkeit des Themas seit das nicht angemessen, kritisierte die SPD-Politikerin.
Bundesgesundheitsminister Karl Lauterbach (SPD) bewertete das Scheitern der Impfpflicht mit großer Sorge. „Es ist eine sehr wichtige Entscheidung, denn jetzt wird die Bekämpfung von Corona im Herbst viel schwerer werden“, twitterte der Minister im Anschluss an die Sitzung. „Es helfen keine politischen Schuldzuweisungen. Wir machen weiter“, kündigte er an.
Corona in Deutschland: RKI legt Zahlen vor – viele Todesfälle
Unabhängig vom Ausgang der Abstimmung im Bundestag bleibt der Handlungsdruck in Sachen Corona hoch. Zwar sank die Inzidenz am Donnerstag, doch insgesamt verharrt das Infektionsgeschehen weiterhin auf hohem Niveau. So übermittelten die Gesundheitsämter dem Robert Koch-Institut (RKI) in den vergangenen 24 Stunden insgesamt 201.729 Corona-Ansteckungen, die man an klaren Symptomen erkennt. Die Sieben-Tage-Inzidenz lag damit bundesweit bei 1251,3 (Stand vom 7. April 2022). Am Vortag war der Wert mit 1322,2 angegeben worden. Die Zahl der Toten lag bei 328 Fällen.
Corona in Deutschland: Gesundheitsminister Karl Lauterbach (SPD) steht weiter stark in der Kritik
Vor diesem Hintergrund muss die Bundesregierung weiter Maßnahmen zur Eindämmung ergreifen. Nachdem Gesundheitsminister Karl Lauterbach (SPD) eigentlich die Quarantänepflicht ab Mai zurücknehmen wollte, kassierte er das Vorhaben bereits wieder ein. Zwar wird die Isolationspflicht auf fünf Tage verkürzt, trotzdem sollen die Gesundheitsämter die Corona-Fälle, die bei der Omikron-Variante eine bestimmte Inkubationszeit aufweisen, weiter verfolgen – entgegen der ersten Ankündigung von Lauterbach.
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Im Bundestag musste sich der SPD-Minister deswegen viel Kritik anhören. Linken-Politikerin Sahra Wagenknecht nannte sein Handeln „kopflos“. Doch laut werdende Rücktrittsrufe wies die SPD empört zurück. Man habe „viel Vertrauen“ in den Minister, stellte SPD-Fraktionsvize Dagmar Schmidt klar. * kreiszeitung.de ist ein Angebot von IPPEN.MEDIA.