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Corona in Deutschland: Virologe Streeck warnt vor Klinik-Kollaps

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Von: Felix Busjaeger

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Die Corona-Zahlen steigen. Man sei schlecht vorbereitet, sagt Virologe Hendrik Streeck. Doch flächendeckende Drittimpfungen hält er für unnötig – anders als Spahn.

Berlin/Bonn – Steigende Fallzahlen, volle Intensivstationen und die Aussicht auf ein Ende der pandemischen Lage: Deutschland steuert auf herausfordernde Monate zu, auf die das Land aus Sicht des Virologen Hendrik Streeck unzureichend vorbereitet ist. „Wir gehen leider erneut sehr unvorbereitet in Herbst und Winter“, sagte der Direktor des Virologie-Instituts der Universität Bonn der Deutschen Presse-Agentur. Während die Parteien einer möglichen Ampelkoalition über einen neuen Umgang mit der Corona-Pandemie in Deutschland beraten, schlägt der Wissenschaftler Alarm: „Entspannt sehe ich das nicht: Die Kapazitäten auf Intensivstationen sind reduziert, wir können gegebenenfalls auch wieder mit einer Grippewelle rechnen, wir haben keine gute Erfassung des Infektionsgeschehens, aber wieder eine höhere Mobilität.“

Virologe:Hendrik Streeck
Geboren:7. August 1977 (Alter 44 Jahre), Göttingen
Ehepartner:Paul Zubeil
Ausbildung:Charité – Universitätsmedizin Berlin

„Den Rat zur Impfung kann man nicht oft genug geben“, so Streeck. Auch die Ansteckungen bei Geimpften seien kein Argument dagegen. „Das Ziel bei der Impfstoffentwicklung war nicht in erster Linie, eine Immunantwort auszulösen, die vor jeglicher Infektion schützt. Es ging immer im Kern um den Schutz vor schweren Verläufen.“ Impfdurchbrüche würden keineswegs darauf hindeuten, dass der Impfstoffe nicht funktioniere. Während der Experte allerdings nicht für alle Altersgruppen eine Boosterimpfung empfiehlt, spricht sich Gesundheitsminister Jens Spahn (CDU) deutlich dafür aus.

Corona in Deutschland: Jens Spahn (CDU) spricht sich für Boosterimpfungen für alle aus

In einem Radiobeitrag des rbb sagte der CDU-Politiker, dass die Drittimpfung für Menschen über 60 Jahren empfohlen werde. Diese Menschen sollten auch nochmal schriftlich auf ein solches Angebot hingewiesen werden. Auch Menschen, die pflegebedürftig seien oder bestimmte Vorerkrankungen hätten, im Gesundheitswesen arbeiten oder mit Astrazeneca oder Johnson & Johnson geimpft worden seien, sollten über eine Auffrischimpfung nachdenken. Spahn betont: Auch für alle anderen sei es möglich. „Wir haben Impfstoff mehr als genug.“ Spahn hatte sich bereits deutlich für das Ende der pandemischen Lage ausgesprochen.

Hendrik Streeck, Virologe, sieht Deutschland schlecht auf den Coronaherbst vorbereitet.
Hendrik Streeck, Virologe, sieht Deutschland schlecht auf den Coronaherbst vorbereitet. © Rolf Vennenbernd / dpa

In Hinblick auf steigende Zahlen auf den Intensivstationen habe man diese für den Herbst und Winter erwartet, erklärte Spahn. „Wichtig ist jetzt, dass wir die Belastung in den Intensivstationen in den Krankenhäusern nicht zu stark steigen lassen. Dass wir wieder vorsichtiger, achtsamer miteinander sind.“

Jüngst zeigte eine IfW-Studie, dass die Behandlung von ungeimpften Corona-Patienten die Gesundheitskosten explodieren lässt. Der scheidende Gesundheitsminister betonte, dass dazu auch Schutzkonzepte für besonders Verwundbare gehören. Er werbe bei den Bundesländern sehr dafür, dass alle wieder Testkonzepte für Pflegeeinrichtungen verpflichtend machten – auch für Geimpfte. Das Ende der pandemischen Lage würde auch Gesundheitspolitiker Karl Lauterbach (SPD) begrüßen – gleichzeitig macht er aber auch deutlich, dass es weiter wichtig sein wird, auf Hygienemaßnahmen zu setzen.

Corona in Deutschland: Virologe Streeck

„Booster sind sinnvoll für die Gruppen, denen dies bereits empfohlen wird“, schätzt Streeck die Situation bei den Impfungen ein. Betroffen seien also etwa Immungeschwächte und Menschen ab 70. „Alle anderen sind nach der Zweitimpfung in der Regel sehr gut vor einem schweren Verlauf geschützt. Wichtiger als Auffrischungen bei ihnen ist das Schließen der Impflücken bei den über 60-Jährigen.“ Der Experte verweist zudem darauf, dass Impfdosen derzeit in anderen Ländern deutlich dringender benötigt werden.

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In anderen Ländern wütet derzeit das Virus mit voller Härte. Der Internationale Währungsfonds (IWF) hatte im Rahmen des Gipfeltreffens der G20-Staaten die Teilnehmer dazu aufgefordert, mehr Einsatz für die globale Impfkampagne zu zeigen. IWF-Chefin Kristalina Georgiewa sprach sich dafür aus, dass die G20-Staaten zusätzlich etwa 20 Milliarden US-Dollar für den Kampf gegen die Pandemie und für Impfungen bereitstellen sollen. *kreiszeitung.de ist ein Angebot von IPPEN.MEDIA.

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