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Bundestagswahl 2021: So lief der Schlagabtausch beim ersten Kanzler-Triell

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Von: Jens Kiffmeier

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Beim Kanzler-Triell bei RTL zeigen sich Armin Laschet, Annalena Baerbock und Olaf Scholz in Angriffslaune. Kein Wunder, für alle geht es um viel. Die Bilanz.  

Berlin – Es dauert nur ein paar Minuten. Dann ist es vorbei mit dem Kuschelkurs. Armin Laschet (CDU) platzt als Erstes der Kragen. „Wir kommen hier mit Sprüchen nicht weiter“, poltert der Unionskanzlerkandidat los. Man brauche nicht weiter drum herumreden, befindet er im Fernsehstudio von RTL. Die Machtübernahme der Taliban und die hektisch eingeleitete Rettung der Ortskräfte sei ein „Desaster des Westens und der Bundesregierung“. Punkt.

Fernsehsendung:TV-Triell zur Bundestagswahl 2021
Sendetermin:Sonntag, 29. August 2021, um 20.10 Uhr
Sender:RTL und n-tv
Kanzlerkandidaten:Armin Laschet, Olaf Scholz, Annalena Baerbock

Selbst Annalena Baerbock (Grüne) und Olaf Scholz (SPD) heben überrascht die Augenbrauen. So viel Angriffslust haben sie ihrem Konkurrenten zu Beginn des TV-Triells offenbar nicht zugetraut. Sonntagabend, 20.10 Uhr, zur besten Sendezeit startete bei dem Kölner Privatsender der erste Showdown im Wahlkampf. Bis zur Bundestagswahl sind insgesamt drei Kanzler-Trielle angesetzt. Mit Spannung wurde das erste Zusammentreffen von Scholz, Baerbock und Laschet erwartet.

Bundestagswahl 2021: Armin Laschet (CDU), Olaf Scholz und Annalena Baerbock (Grüne) beim Triell

Bis zur Bundestagswahl am 26. September 2021 sind es nur noch wenige Wochen. Und das Rennen um die Nachfolge von Bundeskanzlerin Angela Merkel (CDU) ist offen. In den Umfragen liegen die SPD und die CDU dicht beieinander, nachdem Scholz eine fulminante Aufholjagd hingelegt hatte. Die Grünen liegen mittlerweile mit etwas Abstand dahinter auf Platz drei.

Annalena Baerbock (Grüne), Armin Laschet (CDU) und Olaf Scholz (SPD) stehen als Kanzlerkandidaten vor der Bundestagswahl im TV-Studio von RTL kurz vor Beginn des Triells.
Schlagabtausch beim ersten TV-Triell: Annalena Baerbock (Grüne), Armin Laschet (CDU) und Olaf Scholz (SPD) trafen bei RTL aufeinander. © Michael Kappeler/dpa/picture alliance

„Alle drei Kanzlerkandidaten müssen heute Abend etwas leisten“, stellte RTL-Politikchef Nikolaus Blome noch kurz vor Beginn der Sendung fest. Laschet, der wegen der Umfrageverluste zugunsten der SPD in den eigenen Reihen massiv unter Druck steht, müsse mit dem Auftritt Zweifel an seiner Person zerstreuen. Baerbock müsse dafür sorgen, dass sie in den Umfragen nicht den Anschluss verliere und aus dem Triell am Ende doch noch ein Duell werde. Und Scholz? „Der hat zuletzt vor allem durch die Schwäche der anderen profitiert und muss nun zeigen, dass er mehr kann“, so Blome.

Damit war die Messlatte für diesen Abend gelegt. Und Blome erwies sich als Wahrsager. So präsentieren sich die drei Kandidaten als gut vorbereitet, aber durchaus auch als bissig. Vor allem Laschet und Baerbock setzen auf die Abteilung Attacke. Beispiel: Afghanistan-Politik. So unterstellt Laschet dem Bundesfinanzminister und Kanzlerkandidaten der SPD, die Ausstattung der Bundeswehr seit Jahren zu verzögern. Baerbock sieht die Schuld bei beiden Regierungsparteien. Sowohl SPD und CDU hätten die Probleme der Ortskräfte ignoriert, weil sie Innenpolitik über Außenpolitik gestellt hätten. „Ich werde als Kanzlerin eine Haltung einführen, dass man sich nicht wegduckt, wenn es schwierig wird.“

Kanzler-Triell: Kanzlerkandidaten zeigen sich bei RTL in Angriffslaune

Vorgefertigte Fragen? Und vorgestanzte Antworten? In den vergangenen Jahren hat man die TV-Duelle der Spitzenkandidaten als eine eher mühsame Veranstaltung erlebt. 16 Jahre lang regierte Merkel. Und die Langzeitkanzlerin scheute die Aufritte im Fernsehen vor der Wahl. Deswegen ließ sie sich auch stets auf nur eine Auseinandersetzung mit ihrem jeweiligen Herausforderer ein. Im Vorfeld wurde die Sendung dann penibel vereinbart und festgelegt.

Bei der diesjährigen Auflage geht es im RTL-Studio lockerer zu. Aus dem TV-Duell ist ein TV-Triell geworden, weil auch die Grünen zum ersten Mal mit Baerbock eine eigene Kandidatin ins Rennen schicken. Außerdem tritt erstmals die amtierende Kanzlerin nicht mehr selber an. Es gibt keinen Amtsbonus, auf den einer der Kandidaten bauen könnte. Alle müssen die Zuschauer aufs Neue überzeugen. Dieses Mal wirkt alles freier. Die Kandidaten fallen sich ins Wort.

TV-Triell statt Duell: Weniger Absprachen als in der Vergangenheit – Moderatoren Kloeppel und Atalay haken nach

Und das Moderatorenteam Pinar Atalay und Peter Kloeppel haken nach, statt nur die abgesprochenen Fragen vorzulesen. So fragt Kloeppel Scholz unumwunden auf den Kopf zu: „Schämen Sie sich eigentlich für das Afghanistan-Desaster?“ Vor vier Jahren wäre eine ähnliche Frage an Merkel undenkbar gewesen.

Die neuen Freiheiten verleihen der Sendung durchaus Schwung. Mitunter entwickeln sich politische Diskussionen und so etwas wie ein Schlagabtausch. Unterteilt ist die Sendung in verschiedene Themenblöcke, die sie in unserem Live-Ticker noch einmal detailliert nachlesen können: Afghanistan, Flut- und Klimakatastrophe, Corona, Hartz IV, Steuerpolitik, innere Sicherheit, aber auch die verschiedenen Koalitionsfragen.

Afghanistan, Corona, Steuer: SPD, CDU und Grüne zeigen Gemeinsamkeiten und Unterschiede

Nicht in allen Punkten gibt es Streit. So offenbaren die Kandidaten durchaus auch einige Gemeinsamkeiten. Etwa in Sachen Corona-Politik, bei der sich Laschet, Baerbock und Scholz für die Maskenpflicht starkmachen und einen erneuten Lockdown ausschließen. Hitziger wird es da schon in der Klimapolitik, in der Baerbock ihren männlichen Kontrahenten erwartungsgemäß ein Versagen vorwirft, ebenso übrigens auch in der Schulpolitik. Im Gegenzug geißelt Laschet die Steuerpläne von SPD und Grünen als weltfremd.

Und Scholz? Der Vizekanzler hält sich an diesem Abend ein wenig zurück. Er präsentiert sich eher als ruhig, stets bedachter Minister. Dahinter steckt aber durchaus Strategie. Denn seine Wahlkampfmanager wollen ihn gezielt als eine Art Merkel 2.0 aufbauen, als Kanzler, der präsidial über den Dingen schwebt. Das wittert auch Laschet. „Hören Sie auf, hier den Merkel zu machen“, giftet er Scholz irgendwann an.

Das Kopf-an-Kopf-Duell der Kandidaten geht weiter. In unserem Newsletter erfahren Sie alles Wichtige.

Ob der Zuschauer diese Art von Angriffslust toleriert und Laschet am Ende doch nicht abnimmt, bleibt abzuwarten. In den kommenden Tagen werden die Parteifreunde versuchen, die Deutungshoheit über das Triell zu erlangen. Jedoch ist längst noch nichts entschieden. Denn zweimal werden die Kontrahenten noch zu einem ähnlichen Format aufeinandertreffen: Am Sonntag, 12. September 2021, übertragen ARD und ZDF ab 20.15 Uhr eine neue Runde. Und eine Woche später, also am 19. September 2021, sind dann ProSieben, Sat.1 und Kabeleins dran. Mal schauen, wer dann als Erstes auf Abteilung Attacke schaltet. * kreiszeitung.de ist ein Angebot von IPPEN.MEDIA.

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