Hartz IV: Trabert setzt Ultimatum für Erhöhung des Regelsatzes
Gerhard Trabert hat sich der Bekämpfung von Armut verschrieben. Jetzt stellt er der Regierung ein Ultimatum – für eine zeitnahe Erhöhung des Hartz-IV-Regelsatzes.
Mainz – Er ist zwar nicht Bundespräsident geworden, doch seine Kandidatur und die Antrittsrede von Frank-Walter Steinmeier (SPD) hat Gerhard Traberts Kernthemen zumindest kurzfristig zu Aufmerksamkeit verholfen: soziale Ungleichheit und Obdachlosigkeit. Trabert verlangt im Gespräch mit kreiszeitung.de neben Lippenbekenntnissen spürbare Veränderung. Insbesondere in Zeiten der Pandemie hält der Sozialmediziner ein gesundes Leben unter ALG-II für unmöglich: Er fordert den schnellstmöglichen Anstieg der Hartz-IV-Regelsätze 2022 auf 650 Euro.
Regelsatz bei Hartz IV 2022: Gerhard Trabert fordert Erhöhung der Sätze beim ALG-II auf 650 Euro
Gerhard Trabert kämpft gegen Armut und Obdachlosigkeit. Geht es nach ihm, ist eines besonders in der Pandemie klarer denn je – wer Armut sagt, muss auch Hartz IV sagen. Angesichts steigender Lebenshaltungskosten hat der Ex-Kandidat für das Amt des Bundespräsidenten eine klare Forderung: Die Regelsätze müssen schnellstmöglich auf 650 Euro steigen. Eine grundsätzliche Anhebung der Hartz-IV-Regelsätze 2022 hält er auch in kurzer Zeit für möglich. Im Gespräch mit kreiszeitung.de sagt er: „Von der Bundesregierung erwarte ich, dass innerhalb der nächsten zwei Monate der Satz beim ALG-II erhöht wird. Wenn sie das wollen, ist das möglich.“
Zum Ziel von 650 Euro ergänzt er: „Selbst die Grünen haben vor zwei Jahren eine Expertise in Auftrag gegeben, welcher Hartz-IV-Satz für eine alleinstehende Person mindestens ausgezahlt werden müsste, damit sie am gesellschaftlichen Leben teilhaben kann – das waren 650. Das ist etwas, was alle, die sich mit dem Thema Einkommensarmut beschäftigen, schon immer sagen.“ Auf kurze Sicht hält er eine Erhöhung um mindestens hundert Euro für zwingend. Der Sozialverband VdK hatte zuletzt ebenfalls eine umgehende Erhöhung der Regelsätze verlangt, neben ihm drängt auch der DGB auf höhere Sätze.
17,14 Euro für Gesundheitspflege – Hartz-IV-Regelsätze 2022 reichen laut Trabert zum Gesundheitsschutz in der Corona-Pandemie nicht aus
Der Mainzer Sozialmediziner hält es für ausgeschlossen, den ausreichenden Gesundheitsschutz auf Grundlage der Hartz-IV-Regelsätze 2022 zu gewährleisten. Trabert wird deutlich: „Wir haben jetzt, in diesem Hartz-IV-Satz, 17,14 Euro für Gesundheitspflege zur Verfügung. Von diesem Betrag kann ich mir noch nicht einmal FFP2-Masken für einen Monat kaufen. Da sehe ich, dass die Politik viel zu weit entfernt ist von der Lebensrealität der von Einkommensarmut betroffenen Menschen.“ Hartz IV und ausreichende Gesundheitspflege lassen sich offenbar kaum vereinbaren.

Der Sozialmediziner betont, die Zeit dränge, „es muss jetzt gehandelt werden, da können wir nicht noch warten“, so Trabert zu kreiszeitung.de. Er sagt „die Infektionsrate mit Covid-19 ist bei Empfängern des ALG-II um 80 Prozent erhöht, gegenüber dem Rest der Bevölkerung. Es gibt deutlich mehr schwere Verläufe – das weiß auch Herr Lauterbach und hoffentlich auch die Expertengruppe“.
Dazu, wie dem Expertenrat die Lebensrealität der Betroffenen nähergebracht werden sollte, hat der ehemalige Linken-Kandidat klare Vorstellungen: „Meine Forderung ist, in dieser Expertengruppe muss jemand teilhaben, der von der Gesundheitsversorgungssituation sozial benachteiligter Menschen etwas weiß. Soziale Ungleichheit muss wie der Klimawandel ein Querschnittsthema bei allen politischen Entscheidungen werden.“ Auch Frank-Walter Steinmeier sieht Trabert in Fragen der Armut trotz dessen Zuspruch kritisch, Grund dafür ist die Rolle des amtierenden Bundespräsidenten bei der Agenda 2010.
Hartz IV 2022: Gerhard Trabert erneuert seine Forderung nach höheren Regelsätzen des ALG-II
Gerhard Trabert geißelt die Ampel nicht zum ersten Mal für die niedrigen Hartz-IV-Regelsätze 2022 – die Erhöhung der Sätze beim ALG-II um drei Euro steht von verschiedenen Seiten in der Kritik. Im Rahmen seiner Kandidatur für das Amt des Bundespräsidenten hatte Trabert dem Deutschlandfunk erklärt, „Ich bin enttäuscht, wirklich sehr enttäuscht, dass man in so einer Zeit den Hartz-IV-Satz um drei Euro erhöht. Das ist de facto eine Kaufkraft-Erniedrigung.“ Im kreiszeitung.de-Interview erneuert der Sozialmediziner diese Einschätzung zu Hartz IV.
Geht es nach Trabert, muss es jetzt schnell gehen. Doch es ist unwahrscheinlich, dass die Ampel-Koalition der weit verbreiteten Forderung nach Erhöhung der Regelsätze bei Hartz IV zeitnah nachkommt. Bisher gibt es keine Pläne für eine Anhebung, die Ampel-Koalition hält noch immer am Narrativ des Bürgergeldes als „großem Wurf“ fest – eine Einschätzung, die Trabert, ähnlich wie der Armutsforscher Christoph Butterwegge, nicht teilt. Auch unter dem Bürgergeld gibt es für Empfänger der Arbeitslosenhilfe keine höheren Sätze.* kreiszeitung.de ist ein Angebot von IPPEN.MEDIA.