Blockade vom Bürgergeld: Scholz spricht ein Machtwörtchen
Streit um das Bürgergeld: Nach der Blockade-Drohung der CDU signalisiert SPD-Chefin die Bereitschaft zum Kompromiss. Für Kanzler Scholz ist noch nichts verloren.
Update vom 31.10.2022, 15:55 Uhr: Berlin – Angesichts des Streits zwischen der SPD und der CDU um das geplante Bürgergeld, das zum 1. Januar 2023 kommen soll, hat sich Bundeskanzler Olaf Scholz (SPD) nun zuversichtlich gezeigt. Laut der Deutschen Presseagentur (dpa) ist der Kanzler trotz der weiterhin andauernden Querelen überzeugt, dass das dazugehörige Gesetzgebungsverfahren noch vor dem Jahreswechsel zum Abschluss gebracht werde. Auf die Frage, ob er tatsächlich damit rechne, dass die Union die geplante Reform des Sozialgesetzes wie angekündigt im Bundesrat blockieren werde, entgegnete Scholz: „Die Zuversicht ist groß.“
Bürgergeld statt Hartz IV: Kanzler Olaf Scholz (SPD) bleibt trotz angedrohter Blockade zuversichtlich
Der Kanzler demonstriert hinsichtlich der Blockadehaltung der Opposition also Gelassenheit. Dabei ist die Ampelkoalition im Bundesrat auf die Stimmen der unionsgeführten Länder angewiesen. Sollten CDU und CSU sie sich in dieser Angelegenheit nicht bald bewegen, könnte es doch noch knapp werden mit einer Entscheidung vor Jahresende. Am Ende muss sich dann vielleicht doch die SPD bewegen und läuft es womöglich doch noch auf einen Kompromiss hinaus. SPD-Vorsitzende Saskia Esken hatte bereits ihre Bereitschaft dazu signalisiert.

Das Bürgergeld soll nach bisherigen Planungen zum 1. Januar die bisherige Grundsicherung Hartz IV ablösen. Ziel der Bundesregierung ist es, Betroffene in die Lage zu versetzen, sich stärker auf Weiterbildung und die Arbeitssuche konzentrieren zu können. Sie sollen dafür vom Jobcenter weniger unter Druck gesetzt werden. Die Regelsätze der Grundsicherung sollen zudem um rund 50 Euro pro Monat steigen. Es hatte aus verschiedenen Richtungen Kritik an der Neuregelung des Arbeitslosengelds 2 gegeben. So hatten Sozialverbände bemängelt, dass die Regelsätze des Bürgergelds zu niedrig seien. Andere hingegen, wie zum Beispiel die Handwerksverbände, hatten die Befürchtung geäußert, dass sich durch die erhöhten Sätze für viele das Arbeiten nicht mehr lohnen könnte.
Bürgergeld: Esken signalisiert Kompromissbereitschaft – und rügt die CDU
Erstmeldung vom 31.10.2022, 12:14 Uhr: Berlin – Die CDU stört sich in verschiedenen Punkten an den Plänen der Ampel unter Olaf Scholz (SPD) zum Bürgergeld in Deutschland. CDU-Generalsekretär Mario Czaja hatte dem Tagesspiegel erst kürzlich erklärt, man würde dem zustimmungspflichtigen Gesetz in seiner jetzigen Form im Bundesrat nicht zustimmen. SPD-Generalsekretärin Saskia Esken signalisiert Gesprächsbereitschaft, doch hat ein klares Urteil zur angedrohten Blockade der Christdemokraten. Auch Parteikollege Kevin Kühnert zeigt sich verärgert.
SPD-Vorsitzende Saskia Esken signalisierte in Detailfragen zum Bürgergeld 2023 die Bereitschaft zum Kompromiss. Die Parteichefin sagte den Zeitungen der Funke-Mediengruppe: „Wenn die unionsgeführten Bundesländer beim Bürgergeld Detailfragen klären wollen, sind wir dazu bereit“. Esken betonte, bei der Reform ginge es um Respekt. „Es geht nicht nur um einen Ausgleich der Inflation, sondern es geht vor allem um den Respekt, den die Menschen in Not verdient haben, und um nachhaltige Wege zur Überwindung dieser Not“, so die Politikerin. Auch Arbeitsminister Hubertus Heil (SPD) hatte kürzlich hinsichtlich des geplanten Schonvermögens beim Bürgergeld betont, man wolle den „Respekt vor Lebensleistung“ wahren.

Bürgergeld 2323 statt Hartz IV: CDU droht Blockade der Reform im Bundesrat an
Zur angedrohten Blockade der CDU im Bundesrat fand Esken klare Worte. Sie erklärte: „Blockade ist keine Haltung für eine verantwortungsvolle Opposition.“ SPD-Generalsekretär Kevin Kühnert wiederum nannte die Unions-Kritik am Bürgergeld 2023, das ab Januar des kommenden Jahres Hartz IV ersetzen soll, im Tagesspiegel ein „durchsichtiges und populistisches Manöver“.
Im Tagesspiegel hatte CDU-Generalsekretär Czaja zuvor gesagt: „Ich gehe davon aus, dass wir darüber im Vermittlungsausschuss werden sprechen müssen.“ Er stößt sich unter anderem am geplanten Schonvermögen im Zuge der Bürgergeldreform: „Eine vierköpfige Familie soll mit einem Schonvermögen von 150.000 Euro trotzdem Anspruch auf das Bürgergeld haben, während eine andere junge Familie hart arbeitet und Steuern zahlt, um das Bürgergeld zu finanzieren“, so der CDU-Politiker.
Kevin Kühnert äußerte im Tagesspiegel, die von Czaja kritisierten neuen Regeln beim Schonvermögen seien „keine neue Erfindung“ – im Gegenteil: Sie seien von Union und SPD gemeinsam zu Beginn der Corona-Pandemie beschlossen worden. Kühnert kommt zu dem Schluss: „Die Partei von Friedrich Merz ist also mal wieder bereit, für eine schnelle Schlagzeile jegliche Ernsthaftigkeit über Bord zu werfen, und dabei auch die von Kanzlerin Merkel geprägte Politik in den Dreck zu ziehen“.
Bürgergeld: Markus Söder (CSU) fordert eine komplette Überarbeitung der Reform
Zumindest in der Union herrscht Einigkeit. So kamen auch aus der CSU harsche Töne. So forderte Bayerns Ministerpräsident Markus Söder (CSU) ebenfalls Änderungen an dem bisherigen Plan. Dieser gehe in die „grundfalsche Richtung“ und hätte eine „absolut sozial ungerechte Auswirkung“, wetterte er im ARD-Morgenmagazin. „Deswegen braucht es auch mehr als nur ein bisschen Kosmetik. Es braucht schon eine grundlegende Überarbeitung.“