Boris Johnson unter Druck: „Sexist des Jahres“ in der Downing Street gekürt?
Neben dem Partygate steht Boris Johnson nun auch wegen der Arbeitskultur in der Downing Street Nr. 10 unter Druck. Es geht um Sexismus.
London – Während das Partygate noch längst nicht abgeschlossen ist, gerät Großbritanniens Premierminister Boris Johnson jetzt noch aus anderen Gründen unter Druck: Er soll laut Opposition eine Kultur in der Downing Street Nr. 10 verantworten, die geprägt ist von tiefgreifendem Sexismus. Beispielhaft hierfür soll eine Wahl zum „Sexisten des Jahres“ gewesen sein, doch es gibt noch unzählige weitere Berichte über sexuelles Fehlverhalten in der Politik.
Boris Johnson unter Druck: Sexuelles Fehlverhalten in der Downing Street und der „Sexist des Jahres“
Boris Johnson, dessen Rücktritt immer noch über die Hälfte der britischen Wähler will, muss sich erklären. Die Arbeitskultur in der Downing Street Nummer 10 und im Parlament scheint hochproblematisch zu sein. Das Problem betrifft die gesamte Politik: Derzeit liegen bei der internen Beschwerdestelle im Parlament Vorwürfe gegen mindestens 56 Abgeordnete vor, die sich auf sexuelles Fehlverhalten beziehen. Die britische Politik hat ihren nächsten Skandal. Ein Fall soll dabei sinnbildlich sein: Die Sunday Times hatte erst kürzlich von einer Wahl zum „Sexisten des Jahres“ auf einer Weihnachtsfeier in der Downing Street berichtet.

Die Opposition sieht den britischen Premierminister Boris Johnson in der Verantwortung für die politische Kultur in der Downing Street, das umfasst auch den vorherrschenden Sexismus. Die Vize-Oppositionschefin und Labour-Politikerin Angela Rayner sagte an den Premier gerichtet: „Sie sind letztlich verantwortlich für die Kultur und die Aktivitäten, die unter Ihrer Führung in der Downing Street stattfinden.“
Boris Johnson und Sexismus in Parlament und Downing Street Nr. 10: Forderungen nach Schulungen für Abgeordnete
Erst kürzlich hatte Boris Johnson, den Oppositionschef Keir Starmer für einen „Mann ohne Scham“ hält, selbst erklärt, es gebe keinen Raum für Sexismus in der Politik. Die Opposition wirft ihm hingegen vor, nicht genug gegen eben diesen zu tun. Konkrete Forderungen, wie man die Kultur ändern könnte, kamen unter anderem vom Labour Abgeordneten Chris Bryant. Bryant erklärte laut britischem Guardian, das Parlament sei „nicht anders, als jeder andere Arbeitsplatz“ und müsse mehr gegen Sexismus tun. Konkret schlug er vor, regelmäßige Schulungen anzuberaumen.
Bryant hierzu laut Guardian: „Es ist an der Zeit, dass wir für alle Abgeordneten regelmäßige Schulungen zu bewährten Praktiken als Arbeitgeber und zum Verständnis des Verhaltenskodexes und der Regeln des Hauses einrichten.“ Der Handlungsbedarf dabei ist groß: Erst kürzlich war der konservative Abgeordneter Neil Parish zurückgetreten – er hatte sich im Unterhaus pornografische Videos angesehen.
Boris Johnson unter Druck und „Resilienztraining“ in der Labour Partei
Wie schlimm die Lage im britischen Parlament tatsächlich ist, zeigen Schilderungen der Vorsitzenden des Labour Frauen Netzwerks, Abena Oppong-Asare. Die Labour-Politikerin erklärte, ebenfalls laut Guardian, es gäbe in ihrem Netzwerk „Resilienztraining“, damit Frauen, die für öffentliche Ämter kandidieren „auf die unglückliche Tatsache vorbereitet sind, dass sie mit Frauenfeindlichkeit und Sexismus konfrontiert werden“.
Sie ergänzte: „Leider müssen wir im Jahr 2022 Dinge wie diese tun, um sicherzustellen, dass Frauen, die in die Politik kommen, ermutigt werden, in der Politik zu bleiben.“ Die Probleme mit Sexismus in der britischen Politik gehen weit über Boris Johnson persönlich hinaus. Sie sind ein gesellschaftliches Problem, das das gesamte Parlament betrifft, parteiübergreifend. Nichtsdestotrotz muss sich Boris Johnson, der es mit der Wahrheit sonst flexibel hält, ernsthaft die Frage stellen, welche Rolle er als Regierungschef dabei spielt. Tut er genug gegen Sexismus in Regierungskreisen? Duldet oder befördert er ihn sogar? Gibt es Teilhabe an Verfehlungen? Fragt man bei der Labour-Partei nach, dürften die Antworten auf diese Fragen für Boris Johnson zumindest teilweise unangenehm ausfallen.