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Boris Johnson, Brexit und Partygate: Wer mehrmals lügt, dem glaubt man nicht

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Von: Alexander Eser-Ruperti

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Boris Johnson denkt nicht an Rücktritt. Seine Gegner kritisieren derweil nicht nur das „Partygate“ an sich, sondern auch den Umgang des Premierministers damit.

London – In Großbritannien steck die Regierung um Boris Johnson in einer tiefen Krise. Die Polizei ermittelt wegen unerlaubter Feiern britischer Regierungskreise während des Lockdowns. Der britische Premierminister selbst gibt sich im Partygate mal entschuldigend, mal unwissend, doch vor allem eines: kämpferisch. Auch in Anbetracht der Vorwürfe gegen seine Regierung und ihn selbst denkt Johnson gar nicht an Rücktritt. Zum Verhängnis werden könnten ihm indes nicht nur die Feiern während des Lockdowns, sondern vor allem seine ganz eigene Vorstellung von Wahrheit.

Boris Johnson: Rücktritt ausgeschlossen – Großbritanniens Premierminister macht trotz Partygate weiter

Die Vorwürfe gegenüber britischer Regierungskreise im Partygate wiegen schwer, immer wieder soll während des Lockdowns in der Downing Street Nummer 10 gefeiert worden sein. Dabei gerät auch der britische Premierminister ins Zentrum der Kritik. Boris Johnson selbst zeigt sich trotzdem weiter kämpferisch und schließt seinen Rücktritt aus. Diesen fordert vor allem die Opposition in Großbritannien mit klaren Worten. Der Labour-Abgeordnete Richard Burgon wurde besonders deutlich und brachte wohl die Meinung vieler Briten auf den Punkt: Bei einer Befragung im Parlament richtete er sich mit den Worten „For God‘s sake resign“ an Boris Johnson.

Johnson selbst sagt, „Ich leugne nicht, dass viele Leute mich aus allen möglichen Gründen aus dem Weg haben wollen.“ Trotzdem möchte er in Regierungsverantwortung bleiben. Bei der Sitzung im Unterhaus erklärte er „Wir – und insbesondere ich – machen mit der Arbeit weiter“. Den Befreiungsschlag versuchte der britische Regierungschef indes, indem er nahezu alle Corona-Maßnahmen in England abschafft.

Scotland Yard ermittelt gegen britische Regierung um Premierminister Boris Johnson

Offensichtliche Verstöße gegen die Corona-Regeln in britischen Regierungskreisen beschäftigen jetzt auch Scotland Yard. Die Chefin der Metropolitan Police, Cressida Dick, hatte am Dienstag erklärt, es würden Ermittlungen wegen der unerlaubten Zusammenkünfte während des Lockdowns aufgenommen. Für den britischen Premierminister Boris Johnson wächst der ohnehin hohe Druck dadurch zusätzlich. Partygate könnte für den Regierungschef zum Verhängnis werden. Zuletzt hatten sich die Berichte über Corona-Partys im Umfeld des Premierministers immer mehr gehäuft.

Partygate: „Mit einer Torte überfallen“ – Vertrauter versteift sich bei Verteidigung des britischen Premierministers Boris Johnson in Absurditäten

Einige Parteikollegen der Tories versteifen sich im Versuch den britischen Premierminister im Partygate zu verteidigen in Absurditäten. Conor Burns, nordirischer Minister und alter Johnson-Vertrauter, sticht dabei besonders hervor. Zuletzt hatten Berichte über eine Feier mit dreißig Gästen anlässlich seines eigenen Geburtstags Boris Johnson in Bedrängnis gebracht. Dabei soll er einen Union-Jack Kuchen erhalten haben. In der Verteidigung durch Burns spielt dieser eine wichtige Rolle: „Ambushed with a cake“ lautet die Formulierung – frei übersetzt sagt er, der Premierminister sei „mit einem Kuchen überfallen“ worden.

Doch nicht alle Parteikolleginnen und Parteikollegen stehen noch hinter dem Regierungschef, ihm droht das Misstrauensvotum aus den eigenen Reihen. In Großbritannien hatte zuletzt auch Fehlverhalten Johnsons in einem Fall von Islamophobie bei den Tories Furore gemacht, kurz darauf ordnete der Premierminister Untersuchungen an. Es scheint, Johnson gibt aktuell in allem, was er tut, ein unglückliches Bild ab.

Boris Johnson: Partys und der Hang des Premierministers zu einer eigenen Vorstellung von Wahrheit

Das Partygate ist ein beispielloser Skandal der britischen Regierung, dabei gelten die Vorwürfe gegen Boris Johnson vor allem auch seinem Umgang mit den Vorwürfen. Die renommierte britische Tageszeitung The Guardian analysiert, sollten Johnsons Tage im Amt bald gezählt sein, läge das nicht nur an seiner wissentlichen Duldung der Corona-Partys in Downing Street Nummer 10, sondern auch an seinen Lügen darüber.

Boris Johnson mit einem Aktenordner. Johnson lehnt seinen Rücktritt trotz sich zuspitzendem Partygate ab. Berichte legen nahe, dass der britische Premierminister in diesem Rahmen wiederholt die Unwahrheit gesagt hat.
Boris Johnson lehnt seinen Rücktritt trotz sich zuspitzendem Partygate ab. Berichte legen nahe, dass der britische Premierminister in diesem Rahmen wiederholt die Unwahrheit gesagt hat. © Victoria Jones/dpa

Tatsächlich nimmt es Boris Johnson mit der Wahrheit nicht immer ganz so genau. Nachdem es erste Berichte über Corona-Partys gegeben hatte, erklärte der britische Premierminister, die Corona-Regeln seien „in Nummer 10 vollständig befolgt“ worden. An anderer Stelle betonte er mit Nachdruck, man habe ihm „wiederholt versichert“, dass es keine Partys gab. Vor dem Hintergrund der Berichte über Johnsons Mitwissen und sogar Beteiligung an einigen der Veranstaltungen, ist das kaum glaubhaft.

Boris Johnsons Brexit-Kampagne zeigte bereits ähnliche Muster im Wahrheitsverständnis des britischen Premierministers

Schon im Vorlauf des Brexits offenbarte der britische Premierminister, wie er es mit der Wahrheit hält. Im Jahr 2016 mobilisierte seine Partei mit dem Argument, Großbritannien müsse jede Woche 350 Millionen Pfund an die EU zahlen. Johnson nutzte diese Bühne gerne und musste später zugeben, es seien nur 160 Millionen. Auch im Partygate will er von vielem nichts gewusst haben, dagegen spricht einiges an Indizien.

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Boris Johnson ist angezählt, das Vertrauen vieler ehemaliger Unterstützer gebrochen. Schon 1988 war der Regierungschef bei The Times entlassen worden, nachdem er sich Zitate ausgedacht hatte. Ein Sprichwort besagt „wer einmal lügt, dem glaubt man nicht“. Johnson hat wohl mehr als nur einmal gelogen. Der britische Premierminister ist lange damit durchgekommen, jetzt hat er den Bogen möglicherweise überspannt. * kreiszeitung.de ist ein Angebot von IPPEN.MEDIA.

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